1978 kam Volker Körenzig von Mönchengladbach in die Fächerstadt. Seit 22 Jahren leitet er das Fanprojekt Karlsruhe. Zuvor hat er selbst beim KSC in der C-Jugend die Fußballschuhe geschnürt. Nach der A-Jugend erhielt er allerdings keinen Profivertrag und widmete sich in späteren Jahren so der Arbeit des Fanprojekts - für ihn nach eigenen Aussagen ein Traumjob.
Herr Körenzig, wie sieht die wöchentliche Arbeit des Fanprojektes Karlsruhe aus?
Wir sind drei Personen und arbeiten in Vollzeit im Fanprojekt. Wir haben regelmäßige Öffnungszeiten unter der Woche für die Fans und an Spieltagen haben wir jeweils vier Stunden vor und nach dem Spiel geöffnet. Es gibt regelmäßige Besprechungszeiten für die Fans, außerdem begleiten wir sie zu allen Auswärtsspielen.
Unsere Aufgabe ist die Beratung der Fans in strafrechtlichen Fällen, bei privaten Problemen und Anträgen von Stadionverboten. Außerdem sehen wir uns als Anlaufpunkt für alle, die am Fußball beteiligt sind, wie Polizei, Verein, Ordnungsdienst, Ordnungsamt, DFB, DFL und den städtischen Einrichtungen.
Welche Projekte haben Sie gemeinsam mit den Fans gestartet?
Wir bieten einen regelmäßigen Fußballabend an. Ebenso nehmen wir an dem jährlichen Fanturnier anlässlich des Pokalendspiels in Berlin teil. Wir begleiten alle Choreografien, die die Fans für den KSC machen.
Außerdem gibt es im Fanprojekt Lesungen zu Fußball-, aber auch zu gesellschaftlichen Themen. Zudem gibt es jedes Jahr das Benefizkonzert "Moser rockt", dessen Einnahmen durch die Fans an soziale Einrichtungen gespendet werden, wie zum Beispiel an das Antoniusheim Kinderheim in Karlsruhe.
Wie sieht der interkulturelle Austausch mit anderen Fanszenen aus dem In- und Ausland aus?
Interkultureller Austausch hat es im Fanprojekt schon immer gegeben. Die größte und längste Freundschaft besteht zu den Fans von Hertha BSC. Ebenso gibt es regelmäßige Kontakte und Besuche zu Fangruppierungen aus Straßburg, Pisa und Graz. Auch dort gibt es immer wieder Fanturniere.
Hauptsächlich steht allerdings die Unterstützung bei Ligaspielen im Fokus, national und auch international bei Europapokalspielen. Uns ist wichtig, dass die Fans über diesen interkulturellen Kontakt auch andere Kulturen kennenlernen.

Gehen Sie auf junge Fans zu oder kommen diese mit ihren Sorgen und Anliegen von sich aus zu Ihnen?
Alle Angebote bei uns sind darauf ausgerichtet, dass die Fans zu uns kommen und dies freiwillig. Es wird niemand gezwungen das Fanprojekt zu besuchen. Die Anhänger kommen zu uns und nutzen die Angebote, die für sie interessant oder wichtig sind.
Warum ist die Fankultur Ihrer Meinung nach so wichtig?
Fankultur beeinflusst maßgeblich die Fußballstadien und die Stimmung, die dann dort zu spüren ist. Choreografien und gesangliche Unterstützung machen das Spiel zu einer unvergleichlichen Veranstaltung. Auch die Spieler und der Verein profitieren von dieser Unterstützung.
Desweiteren haben die jungen und heranwachsenden Fans eine positive Freizeitgestaltung, in der sie sich ausprobieren und kreativ agieren können. Die Räumlichkeiten des Fanprojektes bietet ihnen einen Schutz und sie finden dort Freundschaften und auch Aufgaben, die sie im Kollektiv machen können.

Immer wieder kommt es bei Fußballspielen zu Gewalt zwischen rivalisierenden Fans. Muss die Fankultur in die richtigen Bahnen gelenkt werden?
Wir sehen uns als Begleiter und nicht als Bahnlenker. Wir können Richtungen vorgeben, aber die Entscheidung, wo es hingeht, die treffen die Fans selbst. Wir glauben, dass es für alle Beteiligten ein Vorteil ist, dass die Möglichkeit besteht, das Fanprojekt Karlsruhe zu besuchen.
ka-news-Hintergrund
Die Entstehung des Fanprojekts geht in das Jahr 1986 zurück. Engagierte KSC-Fans gründeten den Dachverband Interessensgemeinschaft (IG) Karlsruher Fußballfans. Die IG forderte auf politischer Ebene ein sozialpädagogisches Fanprojekt, das sich seit 1989 in der Trägerschaft des Stadtjugendausschusses befindet. Aktuell wird das Fanprojekt vom Deutschen Fußball Bund, der Deutschen Fußball Liga und vom Land Baden-Württemberg gefördert.