Vor zwei Jahren hatte Racing Straßburg keine Zukunft. Der elsässische Traditionsverein stand vor der Insolvenz, vor der Auflösung. Vergessen waren die gewonnenen Titel, die Meisterschaft und auch die sechs Pokalsiege.
"Familien-Unternehmen Keller"
Aufgrund massiver Finanzprobleme waren die "Blauen" von der Meinau per Zwangsabstieg in die fünfte Liga katapultiert worden. Sprich: Strafversetzung in die Oberliga. Doch dann wurde die Wiedergeburt "eingeleitet." Racing kehrte auf den Erfolgsweg zurück, schaffte zwei Aufstiege in Folge. Die Väter des Erfolges sind - Brüder. Marc und Francois Keller. Marc ist Präsident, Francois Cheftrainer. Seit das "Familien-Unternehmen Keller" die Geschicke bestimmt, geht es aufwärts. Nach den zwei Aufstiegen ist Racing in Liga drei - einer Zwischenstation.
Doch das Wort "Familienunternehmen-Keller" hört Marc nicht gerne. "Wir sind hier, um Racing wieder nach oben zu führen. Alles andere ist Quatsch." Keller ist seit etwas mehr als einem Jahr im Amt, möchte den nächsten Aufstieg spätestens in drei Jahren in trockenen Tüchern haben. "Wenn's früher klappt, dann ist das auch okay", sagt er schmunzelnd. Schon einmal war er Manager und Anteilseigner bei Racing Straßburg. Dann leitete er fünf Jahre die Geschicke von AS Monaco, ehe er als Privatmann ins Elsass zurückkehrte. "Als Ex-Präsident Frederic Sitterle Geldprobleme hatte, da rief mich der Bürgermeister an und sagte: Marc, wenn du es nicht machst - ist Racing kaputt." Er hat’s gemacht.
Der 45 Jahre alte Ex-Bundesligaspieler, der sechs Länderspiele absolvierte und für den KSC in 61 Partien 13 Tore erzielte ("Die Zeit beim KSC war wunderbar!"), arbeitet ehrenamtlich. "In Frankreich werden die Vereinspräsidenten bezahlt. Aber für meinen Verein, für den Racing mache ich das umsonst", sagt er und zuckt dabei mit den Schultern. Rund eine halbe Million Euro soll Keller aus seiner Privatschatulle investiert haben. Marc ist der Boss - Bruder Francois, der als Cheftrainer von Aufstieg zu Aufstieg eilt, sein Angestellter.
"In der Kabine ist Francois der Chef"
Der nimmt diese Situation gelassen hin. "Marc war der bessere Fußballer, er ist sechs Jahre älter - da ist das normal", sagt Francois, der 36 Erstligaspiele für Racing Straßburg absolvierte, ehe er ergänzt: "Ernsthaft: Vieles kann man immer mit dem Bruder leichter besprechen als mit einem Fremden." Bruder Marc würde ihm nie reinreden. "Ich bin der Chef der Geschäftsstelle - sportlich trägt Francois die Verantwortung. In der Kabine ist Francois der Chef", klärt der auf. Francois erwirbt im Moment die Fußballlehrerlizenz. Dazu muss er ein Praktikum machen. "Das kann ich beim SC Freiburg. Darauf freue ich mich und darüber bin ich sehr stolz."
Die Fans lieben "ihren Racing". In der vergangenen Saison kamen im Schnitt mehr als 9.000 Zuschauer ins Stadion. Auch daher ist die momentane Finanzsituation "ganz in Ordnung. Wir haben in der vierten Liga eine halbe Million Defizit gemacht. In der dritten Liga werden wir plus minus null abschließen, bei einem Etat von 4,8 Millionen Euro", so Marc Keller, der wie Bruder Francois großen Wert auf das eigene Internat legt. "Beim KSC hat mich Winni Schäfer immer nach der Akademie gefragt."
Gaetan Krebs über Mamadou Bah: "Klasse Spieler"
Apropos Karlsruher SC. Die Kontakte in den Wildpark will Keller wieder intensivieren. "Ich habe schon mit Teammanager und Ex-Teamkollege Burkhard Reich telefoniert. Als ich 1996 zum KSC kam, da haben mich die Fans super empfangen - als ehemaligen Racing Spieler", erinnert sich Marc. Zurück zum Racing. Fast ein Dutzend Spieler im Kader der Elsässer wurden in der berühmten Racing-Fußballschule ausgebildet wurden. Da Racing im Abstiegskampf steckt, wurde einer zurückgeholt, der auf der Meinau ausgebildet wurde, ehe er zwei Jahre beim VfB Stuttgart spielte: Mamadou Bah, ein defensiver Mittelfeldspieler.
"Ich kenne ihn, ein klasse Spieler", sagt Gaetan Krebs, der KSC-Profi, der auch im Elsass ausgebildet wurde. In Sachen Saisonziel gibt sich Francois Keller zurückhaltend. "Ein Aufsteiger hat normal den Klassenerhalt zum Ziel." Bruder Marc sieht's ähnlich. "Wir wissen wo wir herkommen, Aber wir wissen auch: Wir sind Racing. Also sind die Ansprüche hoch." Beide hoffen auf "den herrschenden Enthusiasmus und die positive Spirale. Das wird uns helfen."