Nochmals herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl und zu Ihrem Amtsantritt als Sozialbürgermeisterin. Wie fühlt es sich an, nun Bürgermeisterin zu sein?
Ja, vielen Dank. Ich habe mich ganz schnell dran gewöhnt. Ich habe schon über drei Wochen, die ich dieses wunderbare Amt ausfüllen darf, das viele Herausforderungen birgt momentan. Aber ich bin froh hier an dieser Stelle sein zu dürfen und fühle mich auch sehr unterstützt.
Hat Sie die Berufung in dieses Amt überrascht, oder war das etwas, worauf Sie schon länger hingearbeitet haben?
Ich wurde von vielen Seiten angesprochen – nicht nur innerhalb meiner Partei, sondern auch fraktionsübergreifend – und dazu ermutigt, zu kandidieren. Ich bin sehr froh, dass ich diese Entscheidung getroffen habe. Im Karlsruher Gemeinderat habe ich dann auch einen breiten Rückhalt für meine Wahl erfahren.
Sie waren, bevor Sie in die Politik gegangen sind, Lehrerin. Wird das Thema Bildung auch weiterhin Ihr Schwerpunkt als Bürgermeisterin bleiben?
Bildungspolitik war schon immer ein zentrales Thema für mich – besonders die frühkindliche Bildung. Bildung beginnt sehr früh, und gerade in den ersten Jahren werden entscheidende Grundlagen gelegt. Als Lehrerin liegt mir aber auch der gesamte Bildungsweg am Herzen. Ich kenne die Karlsruher Schulen gut, habe an einer großen beruflichen Schule gearbeitet und dadurch die Sorgen und Belastungen von Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern hautnah erlebt.
Bis 2026 sollte für jedes Grundschulkind ein Nachmittags-Betreuungsplatz bereitstehen. Karlsruhe wird dieses Ziel voraussichtlich nicht erreichen. Ist das ein Thema, dem Sie sich besonders annehmen möchten?
Definitiv. Es ist ein zentraler Anspruch, die formulierten Rechtsansprüche auch tatsächlich erfüllen zu können – auch wenn sie nicht auf kommunaler Ebene entstanden sind. Allein wird uns das jedoch nicht gelingen. Wir brauchen dafür massive Unterstützung von der Landesebene, auf die ich sehr hoffe. Ohne diese Hilfe wird es schwierig, den Ausbau wie geplant umzusetzen.
Wo liegen für Karlsruhe die größten Schwierigkeiten, um das Ziel zu erreichen?
Die größten Herausforderungen liegen einerseits im Finanziellen – die Umsetzung des Rechtsanspruchs ist sehr kostspielig –, andererseits in den baulichen Voraussetzungen. Uns fehlen Räume, Flächen und Personal. Diese Faktoren machen es besonders schwer, den steigenden Platzbedarf zu decken. Ich hoffe sehr, dass das Land uns hier bald mit klaren Zusagen unterstützt.
Ein weiteres Bildungsthema, das derzeit viel diskutiert wird, ist der Kita-Geschwisterzuschuss. Der Oberbürgermeister hat angekündigt, die Pauschale müsse neu bewertet werden. Sehen Sie das ähnlich?
Der Geschwisterzuschuss ist ein wichtiger Bestandteil des Unterstützungssystems, das wir in Karlsruhe über viele Jahre aufgebaut haben – und an dem ich als Gemeinderätin selbst mitgewirkt habe. Ziel war immer, Familien und Kinder gezielt zu stärken. Doch aktuell fehlen uns die finanziellen Mittel, um all diese Standards aufrechtzuerhalten. Wir müssen uns nun ehrlich fragen, was wir uns noch leisten können. Im nächsten Jugendausschuss müssen Verwaltung und Politik gemeinsam entscheiden, wie ein tragfähiger Weg aussehen kann – einer, der Eltern entlastet, aber keine abrupten Einschnitte verursacht.
Haben Sie selbst bereits Projekte oder Ideen, die Sie in Ihrer neuen Position besonders voranbringen möchten?
Es gibt viele Herausforderungen, aber auch Chancen. Ein Lichtblick ist für mich der geplante Bildungscampus im Karlsruher Westen. Außerdem möchte ich die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern noch transparenter gestalten, gerade in Zeiten knapper Finanzen. Offenheit schafft Verständnis. Ein Beispiel ist Rappenwört. Dort muss der Betrieb zwei Jahre pausieren. Ich bin bereits mit dem Bürgerverein und dem neu gegründeten Förderverein im Gespräch, um über die nächsten Schritte zu informieren. Am Ende entscheidet die Politik, aber ich möchte Gerüchten vorbeugen und Vertrauen schaffen.
Wurde beim Thema Kommunikation bisher zu wenig in den Kontakt mit den Bürgern gegangen?
Ich glaube, die Kommunikationswege haben sich verändert. Es wurde immer viel informiert, aber oft erreichten die Informationen die Öffentlichkeit erst dann, wenn Entscheidungen schon weit fortgeschritten waren. Dadurch kam es im Nachgang zu Diskussionen, die man besser früher geführt hätte. Jetzt ist die Situation so ernst und so sichtbar, dass das Interesse an direkter Beteiligung groß ist – und das ist eine Chance, die ich jetzt nutzen möchte.
Haben Sie das Gefühl, dass insbesondere das Dezernat 3 stärker betroffen sei bei den Sparmaßnahmen?
Unser Dezernat muss rund 27 Millionen Euro einsparen – das ist massiv. Ich sehe aber nicht, dass wir überproportional stärker betroffen sind als andere. Doch in unserem Dezernat tut jeder Schritt weh. Noch schlimmer wäre es aber, wenn wir keinen genehmigten Haushalt bekommen. Deshalb mussten wir Prioritäten setzen. Ganz oben steht für mich die Armutsbekämpfung. Es darf nicht sein, dass Kinder in unserer reichen Stadt in Armut aufwachsen. Ebenso wichtig ist mir die Unterstützung des Ehrenamts. Wir können hier noch besser werden, etwa durch stärkere Kooperationen mit Wirtschaft und Förderern.
Abschließend: Wo sehen Sie Ihre persönlichen Stärken – und was möchten Sie anders machen als Ihr Vorgänger?
Mein Motto lautet Empathie, Ehrlichkeit und Mut. Ich sehe, welche Hürden, Schwierigkeiten es gibt, insbesondere sobald bestimmte Leistungen nicht mehr erbracht werden. Darum brauchen wir Empathie, um bessere Lösungen zu finden. Ehrlichkeit bedeutet für mich, völlig transparent zu kommunizieren – auch über unbequeme Wahrheiten. Und Mut braucht es, um neue Wege zu gehen, kreative Ideen einzubringen und den Dialog offen zu führen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Mir fällt da sofort ein, dass kein Mensch in Karlsruhe auf der Straße leben muss. Ein Dach über dem Kopf mit einem einem eigenen Schlüssel muss das mindeste sein.
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