1/11Nach der Montagsdemo waren mehr als 3.000 Demonstranten nach Angaben von Polizei und Veranstalter in Richtung
Baustelle gekommen. Am frühen Abend wurden einige Knallbomben in der Nähe der
Polizeikette gezündet, ein Beamter soll einen Gehörsturz erlitten haben, acht weitere zur Behandlung in Krankenhäusern sein.
Es wurden die Bauzäune am Zentralen Omnibusbahnhof zerstört, so dass die
Demonstranten freien Zugang zum abgesperrten Gelände hatten.
Die Polizei teilte mit, dass ein Zivilbeamter enttarnt wurde. Er
soll daraufhin von Demonstranten mit Schlägen auf den Kopf verletzt worden sein.
Die Polizei setzt bei den Demonstrationen in Stuttgart verstärkt auf zivile Ermittler,
was immer wieder zu Auseinandersetzungen führt. Die Rolle der Zivilbeamten am Schwarzen
Donnerstag im September letzten Jahres ist bis heute ungeklärt.
Widersprüchliche Angaben gibt es auch darüber, ob der Beamte in der Menge entdeckt wurde oder ob er bei einer Personenkontrolle angegriffen wurde.
Die Polizei spricht von einer feindseligen Grundstimmung gegenüber den Beamten, die Eindrücke
vor Ort zeigen aber entspannte Beamte in den Fast-Food-Geschäften im Bahnhof und auf Seiten
der Demonstranten entwickelte sich der Abend mehr und mehr zu einem gemütlichen Beisammensein. Eine Rave-Veranstaltung ist geplant.
Die Protestrufe der Demonstranten sind der aktuellen politischen Situation angepasst, nach
"Mappus weg!" wird nun der Rücktritt das Bahnchefs gefordert: "Grube weg!"
Einigen Demonstranten war es gelungen Tanks und das Hallengebäude zu besetzen, am späten Abend verließen
die Demonstranten freiwillig die besetzten Objekte, die jetzt von Polizisten gesichert werden.
Gegen 23 Uhr befinden sich noch gut 1.000 Demonstranten auf dem Baugelände, das zum größten Teil nun frei zugängig ist.
"Das ist
schlicht und einfach kriminell", jedenfalls aus Sicht des Bahn-Projektsprechers Wolfgang Dietrich. Dagegen sprechen die "Parkschützer" davon, dass
die Bahn überhaupt kein Baurecht habe, weil sie bewusst falsche Angaben zur Grundwasserentnahme gemacht habe.
Diese Aussage wird vom Eisenbahnbundesamt unterstützt, das von der Bahn ein neues
Planfeststellungsverfahren fordert. Diese Ansicht vertritt ebenfalls das Umweltministerium.
Rechtsgutachter bestätigten, dass vor einer Änderungsplanfeststellung auch Baumaßnahmen,
die davon nicht betroffen sind ebenfalls nicht realisiert werden dürfen. Darunter
fallen aktuell der geplante Abriss des Südflügels oder der geplante Bau des Technikgebäudes.
Für Matthias von Herrmann, Sprecher der "Parkschützer" ist der heutige Protest ein Zeichen dafür, dass der Widerstand immer noch da ist.Foto: ErS