Die Babyboomer gehen nach und nach in Rente und setzen das deutsche Rentensystem dadurch massiv unter Druck. Gemeint sind die besonders geburtenstarken Jahrgänge der 1950er und 1960er Jahre. Durch ihren Renteneintritt werden die Rentenkassen zukünftig stark strapaziert. Davor warnen Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW): „Die Rentenpolitik hat es in den vergangenen Jahren versäumt, ausreichend finanzielle Rücklagen aufzubauen. Wenn alle Babyboomer im Ruhestand sind, wird das Rentensystem noch deutlich stärker unter Druck kommen als bisher“, meint Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat im DIW Berlin.
Aus diesem Grund haben die Experten des Berliner Instituts ein neues Konzept erarbeitet. Der sogenannte „Boomer-Soli“ soll nicht nur die deutschen Rentenkassen entlasten, sondern Menschen mit einem niedrigen Alterseinkommen vor der Armut bewahren. Die Idee dahinter: Rentner mit einem hohen Einkommen geben einen kleinen Teil davon an einkommensschwächere Rentner ab. Eine aktuelle Studie des DIW zeigt, dass die Renten auf diese Weise stabilisiert werden könnten, ohne dabei die jüngeren Generationen weiter zu belasten.
Wie funktioniert der Boomer-Soli?
Bei dem Boomer-Soli handelt es sich um eine Sonderabgabe von zehn Prozent auf alle Alterseinkünfte, abzüglich eines Freibetrags von rund 1000 Euro im Monat. Ziel sei es, ärmere Rentner mit der Hilfe einkommensstarker Rentner zu unterstützen und so das Risiko einer Altersarmut zu minimieren.
Ein großer Vorteil vom Boomer-Soli sei laut DIW-Experten die breite Bemessungsgrundlage, wodurch alle Alterseinkünfte belastet würden. Das bedeutet: Nicht nur die gesetzlichen Renten, sondern auch private und betriebliche Renten, Pensionen von Beamten sowie andere Versorgungsbezüge würden dafür herangezogen. Dadurch würde der Steuersatz insgesamt gesenkt.
Laut der DIW-Studie würde dies für das oberste Einkommensfünftel lediglich eine moderate Belastung bedeuten. Konkret hieße das für die oberen 20 Prozent der Einkommensverteilung ein geringeres Nettoäquivalenzeinkommen von etwa drei bis vier Prozent, abhängig davon, ob auch Kapitaleinkünfte in den Boomer-Soli einbezogen werden.
Das untere Einkommensfünftel hingegen würde in Form einer höheren Rente deutlich profitieren. Der Studie zufolge würde ihr Einkommen durch die Solidaritätsabgabe um zehn bis elf Prozent steigen. Das hätte wiederum einen positiven Effekt auf die Armutsrisikoquote: Laut DIW-Angaben würde sie von rund 18 Prozent auf knapp 14 Prozent sinken.
Rentensystem: Wer profitiert noch vom Boomer-Soli?
Laut dem DIW fände die Umverteilung demnach ausschließlich innerhalb der älteren Generationen statt. Jüngere Menschen blieben weitestgehend außen vor. Damit stünde die Idee des Boomer-Solis im Gegensatz zu den bisherigen Plänen der Koalition, welche steigende Rentenbeiträge und Steuerzuschüsse zur Stabilisierung der Rentenkassen vorsieht. „Es wäre nicht fair, die anstehenden Lasten des demografischen Wandels vor allem den jüngeren Generationen aufzubürden“, findet DIW-Steuerexperte Stefan Bach.
Immer weniger Erwerbstätige müssen für die wachsende Zahl an Rentnern aufkommen. Mit dem Boomer-Soli erhoffen sich die DIW-Experten, das umlagefinanzierte Rentensystem zu stabilisieren und gleichzeitig einen besseren Ausgleich zwischen den Generationen zu schaffen. Ein weiterer Vorteil sei laut den Fachleuten, dass der Boomer-Soli direkt umgesetzt werden könnte.
Was sind mögliche Nebenwirkungen vom Boomer-Soli?
Letztlich hängt das Ergebnis von der politischen Zielsetzung ab: Also davon, wie die finanzielle Belastung zwischen der jungen und der alten Generation verteilt werden soll. Das betonen die Autoren der Studie. Allerdings birgt auch die Idee hinter dem Boomer-Soli gewisse Risiken. Zwar würden Erwerbseinkommen durch die Solidaritätsabgabe nicht direkt belastet, dennoch warnen Experten vor möglichen langfristigen Nebenwirkungen.
Demnach bestünde langfristig ein Risiko für sogenannte „intertemporale Effekte“. Bedeutet: Wer heute erwerbstätig ist und mit seinem Einkommen für später vorsorgen möchte, muss mit einer zusätzlichen Belastung im Alter rechnen. Das wiederum könnte sich negativ auf die auf eigene Motivation auswirken. Sowohl in Bezug auf die Erwerbstätigkeit als auch auf die Bereitschaft, für das Alter zu sparen.
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