Wer mit einer Schwerbehinderung lebt, fragt sich mitunter, ob er leichter ein Bankkonto eröffnen kann – oder ob ihm sogar Sonderkonditionen, wie ein Erlass bei den Kontoführungsgebühren, zustehen. Seit 2020 hat sich einiges verändert. Doch was gilt wirklich ab einem GdB von 50?
GdB 50: Bekommen schwerbehinderte Menschen leichter ein Bankkonto?
In Deutschland leben laut Statistischem Bundesamt rund 7,8 Millionen schwerbehinderte Menschen – das entspricht 9,4 Prozent der Bevölkerung. Wer einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 oder mehr hat, gilt laut Paragraf 2 Abs. 2 SGB IX offiziell als schwerbehindert. Doch bedeutet das auch, dass man leichter ein Bankkonto bekommt? Tatsächlich sind mit einem GdB ab 50 bestimmte Rechte und Nachteilsausgleiche verbunden, beispielsweise im Steuerrecht oder Arbeitsleben – allerdings nicht unmittelbar bei einer Kontoeröffnung.
Laut einem Fachbeitrag von Julia Findling von der Stabsstelle des Bundesteilhabegesetzes auf der Website der Caritas ist für die Verwaltung von Leistungen immer ein eigenes Girokonto erforderlich. Ein entscheidender Punkt, der hierbei oft missverstanden wird: Nicht die Höhe des GdB entscheidet darüber, ob jemand ein eigenes Bankkonto benötigt, sondern ob Leistungen im Sinne des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) bezogen werden.
Das BTHG, das 2020 in Kraft trat, setzt die UN-Behindertenrechtskonvention in deutsches Recht um und verfolgt das Ziel, Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung zu stärken. Ein zentrales Prinzip der Reform ist: Menschen mit Behinderung sollen finanzielle Leistungen nicht mehr indirekt über Heime oder Dritte erhalten, sondern selbstbestimmt direkt auf ihr eigenes Konto. Dazu gehören etwa Grundsicherung, Eingliederungshilfe oder Wohngeld. Diese werden laut Caritas ausschließlich auf ein Konto der leistungsberechtigten Person überwiesen – selbst dann, wenn diese unter Betreuung steht. Ein GdB von 50 oder mehr ist für diese Regelung irrelevant. Entscheidend ist allein, ob und welche Leistungen bezogen werden.
Was die nötigen Unterlagen angeht, unterscheidet sich die Kontoeröffnung für schwerbehinderte Menschen kaum von einer Standard-Kontoeröffnung. Grundsätzlich werden ein gültiger Lichtbildausweis (Personalausweis oder Reisepass) sowie die Steueridentifikationsnummer benötigt – das gilt für alle Bürgerinnen und Bürger. In besonderen Fällen, etwa wenn ein gesetzlicher Betreuer das Konto eröffnen soll, kommen zusätzliche Dokumente hinzu: Betreuerinnen und Betreuer müssen laut Caritas ihren Betreuerausweis vorlegen, um nachzuweisen, dass sie berechtigt sind, im Namen der betreuten Person zu handeln. Auch dann sollte die betroffene Person möglichst persönlich zur Bank mitkommen.
Gibt es gebührenfreie Konten für Menschen mit Behinderung?
Zwar gibt es nach der Beantragung des GdB 50 keine Sonderregelungen bei der Kontoeröffnung, dafür bieten viele Banken ein gebührenfreies Konto für Menschen mit Behinderung an. Allerdings ist dies nicht flächendeckend oder gesetzlich garantiert.
Ein konkretes Beispiel ist die Volksbank BraWo, die laut ihres Preisaushangs ein gebührenfreies Kontomodell für erwachsene Menschen mit Behinderung anbietet – aber nur dann, wenn diese kindergeldberechtigt sind. Voraussetzung für die Nutzung dieses Angebots ist der Nachweis durch einen gültigen Kindergeldbescheid.
Das bedeutet: Nicht jede Person mit einer Behinderung – auch nicht mit Schwerbehindertenausweis oder GdB 50 – hat automatisch Anspruch auf ein kostenloses Konto. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) und die Caritas betonen in ihren Informationen zur gesellschaftlichen Teilhabe, dass Menschen mit Behinderung ein eigenes Konto brauchen, um Leistungen wie Grundsicherung oder Eingliederungshilfe direkt zu empfangen.
Dennoch wird laut Caritas im Sinne der Gleichberechtigung kein gesetzlicher Anspruch auf gebührenfreie Kontoführung gewährt: „Mit dieser Gleichberechtigung gehen Rechte einher, aber auch Pflichten. So zahlt jeder Mensch mit Behinderung, wie jeder andere Mensch in unserer Gesellschaft, seine Kontogebühren selbst.“ Die Kontogebühren werden allerdings bei der Berechnung der Sozialleistungen pauschal berücksichtigt, sodass die Belastung durch Gebühren zumindest finanziell ausgeglichen werden soll.
Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass Banken vor Ort ein gebührenfreies Konto für Menschen mit Behinderung anbieten – auf freiwilliger Basis oder im Rahmen besonderer Konditionen. In jedem Fall lohnt sich hier das persönliche Gespräch mit der Bank, um auf die individuelle Situation aufmerksam zu machen. Gerade wenn bereits Sozialleistungen bezogen werden, ein gesetzlicher Betreuer involviert ist oder eine besondere Lebenslage vorliegt, zeigen sich manche Banken kulant und bieten individuelle Lösungen an.
Übrigens: Viele Menschen wissen nicht, welche Erkrankungen einen Grad der Behinderung nach sich ziehen können. Ebenso gehen einige Menschen davon aus, dass bestimmte Erkrankungen für eine hohe Einstufung sorgen. Insbesondere bei Typ-1-Diabetes ist das aber nicht der Fall: Die Erkrankung führt nicht automatisch zu einem hohen GdB.
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