Im Zuge des Turnskandals geht eine Trainerin gerichtlich gegen ihre Kündigung beim Schwäbischen Turnerbund (STB) vor - ein Urteil kann sich aber noch längere Zeit hinziehen. Hintergrund sind die von aktiven und ehemaligen Turnerinnen angeprangerten Missstände am Kunst-Turn-Forum in Stuttgart. Der Verband hatte daraufhin personelle Konsequenzen gezogen, die Trainerin klagte auf Wiedereinstellung.
Der STB hatte darauf gehofft, das Verfahren auszusetzen, bis die Ermittlungen der Staatsanwalt abgeschlossen sind. Diesen Antrag lehnte der Richter jedoch ab, wie das Arbeitsgericht Stuttgart am Freitag mitteilte.
Dagegen kann der Verband nun Beschwerde einlegen - mit einer Frist von zwei Wochen, nachdem die Begründung schriftlich zugestellt wurde. Erst wenn diese Entscheidung dann rechtskräftig sei, könne ein Urteil zur Klage der Trainerin fallen. Bis dahin könnten laut Gericht zwei, drei Monate vergehen.
Verband kann keine Namen und Daten nennen
Bei einem öffentlichen Termin am Arbeitsgericht am Donnerstag hatte der Richter festgestellt, dass keine gütliche Einigung zwischen beiden Parteien möglich sei. Der Verband, der neben dem Anwalt mit Geschäftsführer Matthias Ranke vertreten war, sprach von «massenweise Vorwürfen». Es gehe um eine «zweistellige» Zahl.
Der Anwalt sagte, es habe Training mit Verletzungen gegeben, Turnerinnen seien zum Weinen gebracht worden. Die Verbandsseite konnte aber keine Namen oder Daten nennen. Die Zeugen seien nicht bereit, die Vorwürfe öffentlich zu machen. Darum hofft der STB auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und dabei getroffene Aussagen.
Gegenseite weist Anschuldigungen zurück
Die Gegenseite wies die Vorwürfe als «diffuse» und «pauschale» Behauptungen zurück. Es gebe Stellungnahmen von Jugendlichen, die die Vorwürfe widerlegten.
Sollte die Entscheidung pro Trainerin ausgehen, kündigte der STB bereits an, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Berufung einzulegen. Als eine mögliche Entschädigung war von einer Summe im sechsstelligen Bereich «mit einer Drei vorn» die Rede, die die Trainerin fordere.
Seit Ende des vergangenen Jahres waren heftige Missstände im Stuttgarter Kunst-Turn-Forum angeprangert worden. Mehrere ehemalige und aktive Turnerinnen hatten unter anderem «systematischen körperlichen und mentalen Missbrauch» sowie katastrophale Umstände kritisiert. Zwei Übungsleiter wurden in der Folge freigestellt.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Am 6. Februar hatte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. Auch der Bundesstützpunkt in Mannheim war nach Vorwürfen in den Fokus gerückt. Dort wünschten sich erst in den vergangenen Tagen die beiden EM-Silbermedaillengewinnerinnen Silja Stöhr und Janoah Müller, die stellvertretend für die Kaderathletinnen aus Mannheim sprechen, ihre weiterhin freigestellten Trainerinnen Claudia Schunk und Alina Korrmann zurück.
«Wir haben sie ganz anders erlebt, als sie öffentlich dargestellt werden. Wir vermissen sie», sagte Müller der Deutschen Presse-Agentur. «Ich habe keine problematischen Situationen oder psychischen Missbrauch erfahren.»
Der Deutsche Turner-Bund hat zur Aufarbeitung an beiden Standorten eine Kanzlei eingesetzt. Auch der Schwäbische Turnerbund ist mit der Aufarbeitung weiter beschäftigt.

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