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Carsten, wann geht's wieder los mit Programm?

Das Programm startet wieder am Freitag, den 10. Juli, mit der Premiere von "Mehr high als frei", einer Komödie von Alexandra Maxeiner. Die Regie hat Carsten Dittrich inne, der beim marotte Figurentheater auch Schauspieler ist.

Bei uns sind die Regisseure immer Profis, und Dittrich hat das ganz kurzfristig übernommen, als klar wurde, dass der Spielbetrieb wieder starten kann. Wir haben uns überlegt, was können wir machen: Es war ja schnell klar, dass wir "Meine  Braut, sein Vater und ich" erstmal nicht weiter spielen können, weil zu dem Zeitpunkt nicht klar war, ob wir auf der Bühne Abstände halten müssen oder nicht und einer unserer Darsteller rein alterstechnisch zur Risikogruppe gehört - da muss man halt aufpassen.

Szenenbild "Mehr high als frei"
Szenenbild "Mehr high als frei" | Bild: Jakobus

Und da haben wir gesagt, okay, wir müssen was anderes machen. Und dann haben wir nach einem Stück gesucht, dass, wenn die Abstandsregeln geblieben wären, auch mit Abständen gegangen wäre.

Du bist Lehrer von Beruf?!

Ich bin Lehrer, genau. Die Darsteller machen das alles mit sehr großem Aufwand, es ist irgendwie so, als ob man bei einem Fußball-Landesligisten spielen würde, man auch vier Mal die Woche Training plus die Spiele am Wochenende hat, betreibt also den gleichen Aufwand wie die Profis, ist es aber letztendlich nicht.

Auf der Bühne bemerkt man aber nichts von Laienschauspielerei!

Professionalität ist ganz klar unser Ziel, deswegen auch die Profi-Regisseure, Diese können auch dementsprechend die Leute coachen, zum Beispiel was Aussprache angeht, was Haltung auf der Bühne angeht, was die innere Haltung angeht, dass man einfach auch realistisch rüberkommt - Ziel ist es, Professionalität zu erreichen!

Bei uns kommen immer wieder neue Leute rein, wir schauen aber auch, dass wir Leute bekommen, die beispielsweise in der Schule schon mal Theater gespielt haben. Weil, wenn du komplett bei Null anfängst, da, wo wir hinwollen, wird's ehrlich gesagt schwierig.

Wie lange machst du das Ganze schon?

Ich bin 2005 nach Karlsruhe gekommen und seitdem hier dabei,  Meine Fächer in der Schule sind ursprünglich Mathe und Physik, mittlerweile kann man aber auch Theater machen und in Baden-Württemberg als Oberstufenschulfach belegen, sogar Abi-Prüfung darin machen.

Ursprünglich war das Theater nur Hobby, jetzt ist es Teil (m)eines Berufs, ich habe doch einiges an Erfahrung sammeln können. Ich hab' auch sehr viel mitgenommen, beispielsweise von den professionellen Regisseuren ...

... wie kommt ihr an die ran?

Es gab Zeiten, da war es schwer, jemanden zu finden, jetzt haben wir ein paar feste - der erwähnte Dittrich ist einer davon. Dann haben wir den Stuttgarter Jürgen von Bülow (Drehbuchautor unter anderem für "Marienhof" und "Tigerentenclub") . Einer, den ich quasi aus Heilbronn mitgebracht habe, ist zudem Andreas Rüdenauer.

Ich persönlich mache das ja schon länger: Bevor ich nach Karlsruhe kam, hab' ich in Heilbronn an einem kleinen Theater  gespielt, alles off, und dann auch in der ganzen Schulzeit. Für mich war das früher lange Zeit ein Ausgleich, Theater war immer was ganz anderes, im Gegensatz zu Mathe und Physik. Gerade während der Hochphase des Studiums, wo man den ganzen Tag  an der Uni gesessen ist, dann bist du abends hingegangen und hast Theater gemacht.

Szenenbild "Mehr high als frei"
Szenenbild "Mehr high als frei" | Bild: Jakobus

Das Schöne am Jakobus ist:  Unser Ensemble ist komplett altersgemischt! Die jüngsten Akteure sind gerade mal 18,  und wir haben Spieler, die bis Mitte 70 gehen. Das heißt  du triffst hier abends, wenn du zur Probe gehst, auf eine ganz große Menge an Leuten verschiedener Altersstrukturen, verschiedener Berufsgruppen, vom Lehrer über Erzieher, Firmenchef, Krankenschwester, Arzthelferin, Informatiker. Diese treffen alle aufeinander, du hast hier den kompletten Querschnitt einmal quer durch die Gesellschaft.

Das sorgt dafür, dass du nicht wie in vielen anderen Bereichen in deiner eigenen Suppe kochst, sondern dass du ganz viele andere Eindrücke gewinnst, Verständnis für andere Lebenssituationen, für andere Lebensabschnitte. Ich selbst werde 35 und genieße die Vielfalt unseres Ensembles, gehöre als ehemaliger Jungspund mittlerweile zur mittleren Schiene der Jakobus-Crew.

Was habt ihr in der Corona-Pause gemacht?

(Lacht!) Gute Frage:  Als Lehrer ging es krass ab, das Home Schooling war viel anstrengender als der gewöhnliche Unterricht.  Ich war so froh, als ich wieder vor 'ner Klasse stehen durfte,  weil dieses Online-Schooling bedeutet hat, teilweise zwölf Stunden am Tag am Rechner zu sitzen.

Bringt dir der Theater-Job was für die Schule?

Bedingt sich gegenseitig! Viele Kollegen hatten nach dem Studium große Probleme, vor Leuten zu stehen und 'ne Show zu machen, weil: Unterricht machen ist, wenn er gut gemacht ist, auch immer eine Show. Hier im Theater lernt man unter anderem längere Zeit laut zu sprechen, ohne dass die Stimme heiser wird. Generell ein Standing zu haben, nicht nervös auf- und abzulaufen - du lernst halt diese Bühnenpräsenz zu haben.

Lustigerweise hat man das während Corona am stärksten gemerkt:  Von heute auf morgen nicht mehr gespielt und geprobt und unterrichtet, aber als die Schule und die Proben wieder begannen, war ich nach einer halben Stunde heiser. weil die Stimme nicht mehr trainiert war. So geht's grad vielen Künstlern, die lange Zeit nichts gemacht haben ...

... gerade ihr müsst ja sehr deutlich und laut sprechen ...

... wir  haben ja keine Mikro-Verstärkung! Nachdem wir gemerkt haben, wir können erstmal nicht weiter proben, haben wir sehr viel Renovierungsarbeiten im Theater gemacht und das ganze Theater gestrichen. Dann haben wir die Verkabelung in unserer Technik neu gemacht, die war teilweise 20,30 Jahre alt. Das war alles für die nächsten ein, zwei Jahre mal angestanden.

Es kam halt diese Anweisung, es galten ja auch die Kontaktbeschränkungen, und da war von heute auf morgen klar, jetzt geht nix mehr, und dann haben wir die Proben eingestellt, das Stück nicht mehr gespielt. Was Blöde ist: Wir haben für "Meine Braut, sein Vater und ich" mehrere Wochen geprobt, und dann haben wir drei von 14 Vorstellungen gespielt und dann war Schicht im Schacht. Es hat somit auch seine Kosten nicht eingespielt ...

Seid ihr eigentlich zufrieden mit der Auslastung über die Jahre?

Also vor Corona ja! Wir haben uns in den letzten zwei, drei Jahren unglaublich gesteigert, wir hatten 2019 6.500 Zuschauer. Auf einmal passen 70 Leute ins Theater rein. Das ist kontinuierlich gestiegen die letzten Jahre: Letztes Jahr war ein echter Rekord! Einige Stücke liefen echt wahnsinnig erfolgreich.

Jetzt passen noch 30 Leute (von den 70) rein, was uns aktuell ganz schön ausbremst. Das alles wegen den Abständen im Publikum.  Das heißt, die Stühle stehen jetzt auf Abstand, wir haben jetzt Tischchen reingestellt, um ein bisschen Kaffeehaus-Atmosphäre zu erzeugen und dass man sich nicht ganz so verloren fühlt. Aber: Mit dreißig Leuten kannst du nicht wirtschaftlich spielen. Sprich: Jede Vorstellung, die wir jetzt spielen, ist ein finanzieller Verlust!

Szenenbild "Mehr high als frei"
Szenenbild "Mehr high als frei" | Bild: Jakobus

Aber wir haben uns gesagt: Es ist für uns keine Option, nicht zu spielen, bis die Abstände weg sind, weil keiner von uns weiß, wie lange die bleiben. Das  kann bis Dezember sein, das kann bis Sommer nächsten Jahres sein, das kann sein, bis ein Impfstoff kommt,

Und wir haben gesagt, wir müssen weitermachen. Ich selbst saß in der Zeit ohne Proben und Spielen daheim und hab' eine Netflix-Serie nach der anderen geschaut. Du musst die Leute jetzt vom gemütlichen Sofa hochkriegen und sagen: Geh irgendwo hin! Schau dir was an! Was man von Kollegen mitkriegt, die schon seit ein paar Wochen spielen: Es ist halt vieles nicht voll! Das ist heftig!

Wie sieht's bei euch aus?

Was uns angeht: Wir kommen - finanziell gesehen - einigermaßen über die Runden. Deswegen machen wir jetzt auch 'ne Premiere ("Mehr high als frei"), nehmen Geld in die Hand und gehen das Risiko ein. Das Stück war ja gar nicht geplant, wir hatten das seit längerem mal rausgesucht und es lag so auf dem Schreibtisch nach dem Motto: "Wir machen das irgendwann mal, wenn wir ne kleine Besetzung brauchen!

Zur finanziellen Lage: Wir haben einen Sponsor, zudem einige Fördermitglieder und wir bekommen von der Stadt Zuschüsse, die allerdings grade die Miete decken. Heißt: Zu 70,  80 Prozent finanzieren wir unsere Kosten über Eintrittsgelder! Wenn wir also nicht spielen, kommt nix rein. Wenn wir nur für 30 Leute spielen, kommt nicht annähernd das rein, was wir normalerweise bräuchten.

Termine ("Mehr high als frei") : Freitag, 10. Juli, 20 Uhr (ausverkauft!) / Samstag, 11. Juli, 20 Uhr (ausverkauft!) / Mittwoch, 15. Juli, 20 Uhr (ausverkauft!) / Freitag, 17. Juli, 20 Uhr / Samstag, 18. Juli, 20 Uhr / Mittwoch, 22. Juli, 20 Uhr / Freitag, 24. Juli, 20 Uhr / Samstag, 25. Juli, 20 Uhr

 

Jakobus-Theater e. V. Kaiserallee 11, 76133 Karlsruhe, Telefon: 0721 854245, kontakt@jakobus-theater.de
Jakobus-Theater e. V. Kaiserallee 11, 76133 Karlsruhe, Telefon: 0721 854245, kontakt@jakobus-theater.de | Bild: Jakobus-Theater e. V.