Der heutige Artikel zum Karlsruher Großmarkt bildet den Auftakt einer fünfteiligen Serie über das "Abenteuer Großmarkt". Fünf Wochen lang berichtet ka-news immer montags über das Leben auf dem Großmarkt, über Typen und Originale, über Bananen und Papayas, über Marktarbeiter und Händler, über die schönen und die rauen Seiten des Großmarkt-Alltags.
Eine stetige Kolonne ein- und ausfahrender LKW passiert Nacht für Nacht, Morgen für Morgen, die Pforte des Großmarkts am Weinweg. Sie kommen aus Belgien, Spanien, Italien oder Griechenland, aus Osteuropa, aus Cuxhaven oder Rotterdam. Gerade nachts und im Morgengrauen drängt sich dem Außenstehenden das eigentümliche Großmarkt-Flair am stärksten ins Bewusstsein.
5 Uhr morgens: An der Pforte des Großmarkts am Weinweg herrscht trügerische Ruhe (Foto: ka-news) |
Der Charme vergangener Jahrzehnte
Es ist die Umkehr der gewohnten Relationen, die den Eindrücken einen besonderen Reiz verleihen - hier das hektische Marktgeschäft, das Stimmengewirr, das Dröhnen der LKW-Motoren, dort die leergefegten Straßen und vereinsamten Plätze, die gedämpfte Stille der noch schlafenden Großstadt.
Eine Meer von Farben und eine Sinfonie der Düfte: der Karlsruher Blumengroßmarkt (Foto: ka-news) |
Mit seinen 110.000 Quadratmetern Fläche hat der Karlsruher Großmarkt nicht die gigantischen Ausmaße des Hamburger oder Berliner Großmarktes, die mit 280.000 beziehungsweise 330.000 Quadratmetern in der europäischen Superliga spielen. Vielleicht hat er aber gerade deshalb noch etwas vom Charme vergangener Jahrzehnte behalten, als es noch gemächlicher und familiärer zuging.
Babylonisches Sprachengewirr
Nichtsdestoweniger ist der Großmarkt am Weinweg ein riesiger, moderner Wirtschaftskomplex, das "größte Frischezentrum der Region", wie der Großmarkt selbst für sich wirbt. Mehrere hunderttausend Tonnen Waren werden von den ansässigen Großmarkt-Betrieben - Importeuren, Großhändlern und Erzeugern - Jahr für Jahr umgeschlagen: Obst und Gemüse, Fleisch und Geflügel, Fisch und Meeresfrüchte sowie Delikatessen aller Art, Blumen und Pflanzen. "Für die begrenzte Fläche, die wir haben, ist der Großmarkt mit seinen 650 Arbeitsplätzen ein großer Arbeitgeber", merkt Marktamt-Chef Armin Baumbusch an.
Hinter den nüchternen Zahlen und Fakten aber steht das hektische und bienenfleißige, scheinbare Durcheinander der Großmarkt-Akteure. Begleitmusik des geschäftigen Treibens ist ein babylonisches Sprachen-Wirrwarr fremder und einheimischer Zungen: Neben sämtlichen Dialekt-Spielarten der näheren und weiteren Umgebung - nord- und südbadisch, schwäbisch, kur- und südpfälzisch -, dringt ein europäisches Konzert aus türkischen, italienischen, polnischen und vielen anderen Idiomen ans Ohr, und dazwischen mischt sich das norddeutsche Platt eines Brummifahrers aus Hamburg.
"Speisekammer der Region" und noch viel mehr
In dem Gewimmel von Händlern und Kunden, Lagerarbeitern und Gabelstaplerfahrern, Spediteuren und Erzeugern bleibt die sprichwörtliche badische Gemütlichkeit, Karlsruhe hin oder her, zwangsläufig eine Randerscheinung; dafür ist das Arbeitspensum zu groß, die Zeit zu knapp - in einer Arbeitswelt, die von der Pünktlichkeit lebt und in der ein harter Wettbewerb auf die Margen drückt.
Nicht nur Blumen und Pflanzen, Obst und Gemüse, auch allerlei Meeresgetier wird auf dem Großmarkt ge- und verkauft: Octopus, Tintenfisch & Co (Foto: ka-news) |
Was hier angeliefert, gekauft und verkauft wird, gelangt meist noch am selben Tag auf die Auslagen der Discount- und Wochenmärkte, zu den Lebensmittelgeschäften und Blumenhändlern, und in die Küchen der Gastronomiebetriebe der Region, von der Pommes-Bude bis zum Sterne-Lokal. Dabei ist der Großmarkt nicht nur die "Speisekammer der Region"; das Auslieferungsgebiet der Fruchtimport-Gesellschaft Görger & Zorn beispielsweise reicht 400 Kilometer weit. Das Unternehmen mit Sitz auf dem Karlsruher Großmarkt versorgt unter anderem sämtliche Wal-Mart-Märkte in Süddeutschland mit dem kompletten Sortiment an Obst und Gemüse.
Klotzen, nicht kleckern
Hier wird nicht mit dem Einkaufswagen, sondern mit dem Gabelstapler eingekauft. Es geht um große Mengen, mit einer Plastiktüte geht hier niemand raus. Ohne Gewerbeschein heißt es "Ich muss draußen bleiben". Den privaten Verbraucher trifft man hier nicht. "Es würde nicht funktionieren", sagt Baumbusch, "die großen Chargen, die hier gehandelt werden, sind für denEndverbraucher uninteressant."
In dem Gewimmel von Händlern, Kunden, Lagerarbeitern und Gabelstaplerfahrern kann man schon mal den Durchblick verlieren (Foto: ka-news) |
Was soll Otto Normalverbraucher auch mit einer 12,5-Kilogramm-Packung argentinischen Rindfleischs, mit einer zentnerschweren Kiste Bananen oder mit zehn Paletten Tomaten anfangen. Und außerdem: "Es könnte ja niemand seine Arbeit schaffen, wenn hier jeder ein- und ausgehen würde, um über den Großmarkt zu flanieren." Hier muss man die Augen offen und die Sinne beieinander halten. Wer nicht aufpasst, kann allzu leicht mit einem Gabelstapler samt 400 Kilogramm Wassermelonen schmerzhafte Bekanntschaft machen.
Wie das "Abenteuer Großmarkt" weitergeht, gibt es am kommenden Montag, 11. Juli, exklusiv hier bei ka-news.