Karlsruhe Corona-Folgen für Hoepfner, Vogelbräu und Co: Müssen Karlsruher Brauer ihr Bier in den Gully kippen?
Das Corona-Virus macht auch vor dem liebsten Gut vieler Deutscher nicht halt: dem Bier. Aufgrund der ausfallenden Feste und Veranstaltungen sorgt vor allem das Fassbier für Sorgenfalten in den Brauereien. Teilweise mussten deutschlandweit schon tausende Liter des "flüssigen Goldes" vernichtet werden. ka-news.de will wissen: Ist die Situation in den Karlsruher Brauereien ähnlich dramatisch?
"Die für uns relevanten Geschäfte sind von der Krise natürlich extrem betroffen", sagt Hoepfner-Geschäftsführer Willy Schmidt im Gespräch mit ka-news.de. Der Chef der Bierburg in der Karlsruher Haid-und-Neu-Straße zeigt viel Mitleid für die besonders Betroffenen wie Gastronomie oder Schausteller.

"Das ist natürlich hart - und wir reden hier jetzt nicht über Geld. Über die Jahre der Zusammenarbeit hat sich aus vielen Partnerschaften eine Freundschaft entwickelt", sagt Schmidt.
Durch die geschlossene Gastronomie und ausfallende Feste - wie aktuell Fastnacht - seien auch die Corona-Auswirkungen in der Bierburg deutlich zu spüren. So sei die Fassbier-Abfüllung und der Absatz von Fässern seit Beginn des zweiten Lockdowns im November komplett heruntergefahren worden.
Hoepfner: "Beim Fassbier herrscht kompletter Stillstand"
"Beim Fassbier herrscht kompletter Stillstand. Alle Mitarbeiter aus dem Fass-Bereich sind zu 100 Prozent in Kurzarbeit", so Schmidt. Deshalb rechnet der Hoepfner-Chef mit den "in der Braubranche veranschlagten 20 Prozent Umsatzeinbruch. In diesem Bereich liegen wir ungefähr auch."

Trotz des Stillstands: Bier musste aufgrund von Haltbarkeitsproblemen noch nicht vernichtet werden. "Das ist bei uns nicht nötig und rechne auch nicht damit, dass das bei uns auch in Zukunft passiert, weil wir durch unsere neue Anlage eine sehr hohe Haltbarkeit erreichen. Die letzte Fassabfüllung war im Oktober und das Bier ist neun Monate haltbar, es sollte sich also ausgehen", erklärt der Hoepfner-Chef.

Eine Einnahmequelle, auf die man sich in der Bierburg verlassen könne, sei das Flaschenbier. "Der Flaschenabsatz ist, wie schon die gesamte Zeit, auf stabilem Niveau. Das hilft uns sehr und auch die Zugehörigkeit zur Paulaner Brauerei Gruppe hilft sehr weiter, alleine würden wir deutlich weniger gut dastehen", erklärt Schmidt.
"Jetzt wird es wieder Zeit für Lockerungen"
Mit Blick auf die Zukunft hofft und rechnet der Hoepfner-Geschäftsführer auf Besserungen ab Ostern und auf einen Sommer, der ähnlich verläuft wie der 2020. Änderungen in Sachen Lockdown seien bald notwendig, findet Schmidt. "Wir wurden bisher gut durch diese Krise geführt, aber es wird jetzt wieder Zeit für Lockerungen."

Würden diese nicht in absehbarer Zeit kommen, würden auch Bereitschaft und Akzeptanz für die Maßnahmen in der Bevölkerung sinken. "Es fehlt einfach die Perspektive, das sollte sich schnell ändern", so Schmidt.
Vogelbräu: "Viel versprochen, nichts angekommen"
Rudi Vogel, Geschäftsführer der Hausbrauerei Vogel in Karlsruhe, schätzt die Lage teilweise kritischer ein als sein Kollege aus der Hoepfner-Burg: "Die Gastronomie ist sehr angeschlagen, die Politik hat viele Hilfen versprochen, aber bei uns ist zum Beispiel noch keine Novemberhilfe angekommen", erklärt er gegenüber der Redaktion.

Vogel habe das Gefühl, dass "die Politik nach ihren Versprechen die zuständigen Beamten ins Home-Office geschickt hat, aber es wurde vergessen, ein Tablet oder einen PC mitzugeben, damit sie arbeiten können".
Wie so viele Händler oder Wirte setzt auch Rudi Vogel auf einen Außer-Haus-Verkauf, kostendeckend sei diese Art des Geschäftes aber nicht. "Genau verglichen habe ich es noch nicht, aber ich schätze, wir verkaufen 80 Prozent weniger Bier als normal. Wir wollen aber weiter präsent sein und ich denke, es ist wichtig, in dieser Zeit Kontinuität zu zeigen."
"Wir brauen deutlich weniger"
Immerhin: Bier weggeschüttet musste an den drei Vogel-Standorten in Karlsruhe, Durlach und Ettlingen bisher nicht werden. "Gott sei Dank", sagt Vogel und erklärt: "Wir brauen deutlich weniger und unser Bier lagert bei null Grad. Dadurch ist es über Monate haltbar."

Trotz der Probleme bezüglich fehlender Novemberhilfen und dem geringeren Umsatz auch Vogel blickt positiv in die Zukunft: "Ich denke, wir werden diese Pandemie überstehen und wir freuen uns, wenn wir irgendwann mal wieder gemeinsam das ein oder andere Bierchen in der Gaststätte trinken können. Prost!"
Hatz-Moninger: "50 Prozent Minus seit November"
Die Hatz-Moninger-Brauerei ist von der aktuellen Krise deutlich härter getroffen als die Brauerei-Kollegen von Hoepfner oder dem Vogelbräu. Geschäftsführerin Dorothee Scheidtweiler erklärt im Gespräch mit ka-news.de, vor allem die fehlenden Feste und Veranstaltungen würden der Traditions-Brauerei in der Durmersheimer Straße extrem zusetzten - und das, obwohl der Flaschenverkauf hier sogar leicht angestiegen sei.

"Unser Konzept ist auf Feste, Feiern und Veranstaltungen ausgelegt. Da aber nichts stattfinden darf, ist der Fassbetrieb bei uns seit November komplett runtergefahren." Ein Umsatz-Minus von 50 Prozent würde das in den Büchern seit Lockdown-Start im November ausmachen, so Scheidtweiler.
Die aktuell fehlenden Einnahmen würden sich noch die nächsten zehn bis 15 Jahre auf die Brauerei auswirken, erklärt die Geschäftsführerin und meint: "Ich glaube, niemand hat am Anfang damit gerechnet, dass uns das Virus so lange beschäftigt - und die neuen Mutationen sind nicht schön."
"In der Gastro- Kultur- und Eventbranche liegen die Nerven blank"
Trotz der misslichen Lage im Hause Hatz-Moninger: Es musste im zweiten Lockdown bisher noch kein Bier vernichtet werden, wie die Geschäftsführerin versichert. "Im Frühjahr mussten wir das leider in kleinen Mengen machen, aktuell nutzen wir das Fassbier aber für neuen Sud und brennen zum kleinen Teil einen Schnaps", so Scheidtweiler.

Zusätzlich versuche die Brauerei trotz Lockdown, "weiter nah am Kunden zu sein". "Wir haben eine Reihe neuer Konzepte entwickelt und haben für diese viel positives Feedback bekommen." So führe das Unternehmen aktuell viele Online-Tastings durch, hat ein Bier-Abo eingeführt und kürt jeden Monat das "Bier des Monats". "Das neue Programm ist ein guter Gegenpol zu den sonst schwachen Zahlen", so Scheidtweiler, die wie so viele Unternehmer auf baldige Corona-Lockerungen hofft.

"In der Gastro- Kultur- und Eventbranche liegen die Nerven blank und trotz Hilfen können Unternehmen sowas nicht lange mitmachen", sagt sie. "Ich hoffe einfach, dass es im Sommer ähnlich gut läuft wie 2020."
Fächerbräu: "Entgegen dem Branchentrend"
Bei der Karlsruher Start-Up-Brauerei Fächerbräu verhält sich die Lage dagegen ein wenig anders. "Klar, wir haben auch Einbußen und müssen auf Einnahmen verzichten, doch ich denke, insgesamt haben wir sogar ein wenig von der Pandemie profitiert", sagt Christopher Wertz, einer der drei Gründer der Karlsruher Bio-Brauerei. Woher kommt der Erfolg?

Wertz: "Wir waren im vergangenen Jahr mutig und haben mit dem Bio-Weizen, dem Bio-Apfelschorle und dem Bio-Cider aus Karlsruher Streuobst drei neue Sorten auf den Markt gebracht. Zusätzlich wird auch unser Lieferservice gerne genutzt. Dadurch konnten wir entgegen dem Branchentrend einen deutlichen Zuwachs verzeichnen", erklärt der Gründer.
Allerdings müsse man aber berücksichtigen, dass es sich bei Fächerbräu noch um Start-up handle, welches auf diesen Zuwachs angewiesen sei. "Leider ist die Marge in diesen Zeiten deutlich geringer. Wir vermissen die Feste und Veranstaltungen wie jetzt Fasching oder auch die Bierbörse im Schlossgarten", bedauert Wertz.
Not macht erfinderisch
Auch für das "Problem" Fassbier konnte das junge Unternehmen mit Sitz im Karlsruher Erbprinzenhof eine nach eigenen Angaben profitable Lösung finden. "Wir haben uns rechtzeitig dafür entschieden, das frische Fassbier zu einem Bio-Festbierbrand in Karlsruhe zu destillieren. Außerdem haben wir aus dem gebrannten Bio-Pils und Bio-Festbier einen Bio-Bierlikör in Bulach hergestellt", erklärt Wert. Heißt im Umkehrschluss: Bier musste auch bei Fächerbräu keines in den Abfluss gekippt werden.

Neben dem Vertrieb im Einzelhandel plant das 2017 gegründete Bier-Unternehmen ab dem 3. März auch einen Verkauf auf dem Karlsruher Abendmarkt auf dem Marktplatz, hinzu komme ein Pop-up-Store, der jeden Donnerstag im Erbprinzenhof geöffnet hat.

Und auch wenn es beim jungen Start-Up verhältnismäßig gut aussieht, auch hier ist die Hoffnung auf einen erfolgreichen Sommer groß. "Wir sind dieses Jahr unter unserer Planung gestartet und hoffen, dass der Sommer uns und andere entlastet."
Der Artikel wurde nachträglich bearbeitet.
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17.02.2021 16:17 Uhr
Also Herr Schmidt, nicht so weit ausholen wegen Haltbarkeitsproblemen !
17.02.2021 17:16 Uhr
17.02.2021 15:24 Uhr
Ich nehme auch größere Mengen dann.Der Durst in Coronazeiten kennt keine Grenzen.
17.02.2021 09:32 Uhr
Deshalb sollte er lieber sagen "alle unsere Mitarbeiter in der Abfüllung sind in Kurzarbeit"....
17.02.2021 08:10 Uhr
17.02.2021 17:19 Uhr
17.02.2021 17:19 Uhr
17.02.2021 12:33 Uhr
17.02.2021 12:22 Uhr
Bier wird nicht ein paar Tage vor dem Ausschenken gebraut sondern schon viele Wochen im voraus.
Ausserdem verkauft er 80% weniger, und das heisst, dass er nur noch 20% vom früheren Umsatz hat.
Wie viel von dem Verkaufspreis als Gewinn übrig bleibt, ist auch noch die Frage.
17.02.2021 10:08 Uhr