Herr Lindner, warum ist Ihrer Meinung nach die geplante zweite Rheinbrücke ein Millionengrab?
Jüngst hat der Bundesrechnungshof unsere Grünen-Kritik bestätigt. Die Planung - so wie sie aktuell vorgesehen ist - kostet eine Menge Geld, aber löst keine der vorhandenen Probleme. Letzte Kostenschätzungen gehen von mindestens 120 Millionen Euro aus. Wenn ich eine neue Brücke baue und der Bundesrechnungshof feststellt, dass sich durch diese Brücke die Stausituation eher verschärft statt verbessert, dann frage ich mich schon, ob es sinnvoll ist, so viel Geld auszugeben.
Dass die Pendler fast jeden Morgen auf der Brücke im Stau stehen, ist doch unbestritten.
Ich kenne den morgendlichen Stau aus eigener Erfahrung. Ich will niemandem widersprechen, der sagt, auf diese Brücke herrsche viel Verkehr. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass die Prognosen aus der Vergangenheit bezüglich Verkehrssteigerungen so überhaupt nicht eingetroffen sind. Wenn man die letzten Verkehrszählungen anschaut, dann ist eher eine leichte Stagnation zu beobachten.
Wie können die Verkehrs-Probleme Ihrer Meinung nach gelöst werden?
Der Stau entsteht nicht dadurch, dass Autos über eine Brücke fahren. Sonst hätten wir ja auf jeder Brücke in Deutschland Stau. Der Stau entsteht vielmehr dadurch, dass in Knielingen die Fahrbahn auf zwei Spuren verengt wird. Auch der Bundesrechnungshof hat hier vorgeschlagen, diesen sogenannten "Knielinger Pförtner" zu öffnen.
Auch das Angebot für Alternativen zum Auto muss noch größer werden, die Stadtbahn Karlsruhe ist ja bereits ein Erfolgsmodell. Ich bin froh, dass die Linie bis Germersheim ausgebaut wurde. In Richtung Kandel, Landau und Neustadt kann man im ÖPNV-Ausbau aber sicher noch viel mehr tun.
Zudem geht ja das Schreckgespenst der "Brückensperrung" umher. Es gibt aber Sanierungsmethoden, mit denen man diese Brücke im laufenden Betrieb ertüchtigen kann - wenige Wochenend-Sperrungen ausgenommen. Diese Methoden werden derzeit noch genau geprüft. Wenn dadurch aber die Lebensdauer der Brücke deutlich verlängert werden kann und so gleichzeitig viel Geld gespart wird, dann wäre damit der gesamten Region gedient.
Was halten Sie von einer Ersatzbrücke? Diese wird ja auch gerade als Alternative geprüft.
Auch ich bekenne mich dazu, dass wir in dieser Region selbstverständlich eine zuverlässige Straßenbrücke über den Rhein brauchen. Nicht nur der Radfahrer muss sicher über den Rhein kommen, sondern natürlich auch der Autofahrer. Sollte die jetzige Brücke nicht zu sanieren sein oder für längere Zeit voll gesperrt werden müssen, dann ist eine Ersatzbrücke an gleicher Stelle durchaus eine Lösung. Vorteil für die Region wäre: man hätte nach wie vor eine sichere Rheinquerung, aber keine neue große Verkehrsachse.
Also einer zweiten Rheinbrücke mit Anschluss an die B36 und Nordtangente bis zur A5?
Ja, denn die zweite Rheinbrücke ergibt aus Sicht des Bundesrechnungshofs nur als überregionale Verkehrsachse Sinn. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Karlsruher Bürgerinnen und Bürger, um die Stausituation auf der Brücke zu beseitigen, die Nordtangente durch die Hintertür haben wollen.
Der Bundesrechnungshofs hat festgestellt, so wie die Brücke aktuell geplant ist, ist sie unwirtschaftlich und ineffizient. Es gibt aktuell keinen Bedarf in dieser Form für diese Brücke. Und es gibt keine Finanzierungszuständigkeit des Bundes, da der prognostizierte Fernverkehrsanteil nur bei 5 Prozent liegt. Die Frage, ob die Brücke Sinn ergibt, wenn man sie an die B36 anbindet, kann der Bundesrechnungshof aktuell nicht beantworten. Denn das ist noch völlig ungeklärt, es gibt dazu noch keine belastbaren Untersuchungen. Deswegen haben wir als Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages das Bundesverkehrsministerium aufgefordert, bis zum Herbst dieses Jahres uns weitere Untersuchungen vorzulegen. Denn ohne Verkehrsuntersuchung und -daten können wir darüber kein Urteil fällen.
Das ist in dem aktuell laufenden Planfeststellungsverfahren nicht die einzige unbeantwortete Frage.
Es gibt auf Pfälzer Seite unbeantwortet Fragen zum Thema Artenschutz und auf badische Seite müsste die Stadt Karlsruhe bei aktueller Planung enteignet werden. Es ist ein Schwarzer-Peter-Spiel, das da gespielt wird. Das Problem ist, dass jetzt ein Planfeststellungsverfahren betrieben wird, bei dem man sich auf eine Variante verengt hat. Meine Sorge ist, dass die CDU auf Teufel komm raus diese Planung durchdrücken will. Aber was macht man, wenn am Ende des Tages gegen die Planung geklagt wird? Wenn das Ganze scheitert, steht man ohne etwas in der Hand da! Daher rate ich jedem, sich über Alternativen Gedanken zu machen. Und eine Alternative kann eben die Ersatzbrücke sein, wenn sie denn überhaupt nötig ist.
Ein Planfeststellungsbeschluss war für Frühjahr 2015 angekündigt. Glauben Sie, dass mit einem Ende des Verfahrens überhaupt noch in diesem Jahr zu rechnen ist?
Es gibt noch sehr viele offene Fragen und zahlreiche Umweltverbände werden die Planung so nicht akzeptieren und überlegen daher dagegen zu klagen. Fest steht: Die Verzögerung kommt nicht durch die Gegner dieser Brücke, sondern die Behörden und Institutionen merken mittlerweile selbst, dass sich die bestehenden Probleme mit dieser Planung nicht so einfach lösen lassen. Deswegen würde es mich nicht überraschen, wenn es in diesem Jahr zu keinem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens kommt.
Das Gespräch führte Moritz Damm



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