"Vision Zero": keine Toten im Straßenverkehr. Dieses Ziel verfolgt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Derzeit werden in Deutschland Versuchskommunen für eine flächendeckende 30er-Zone gesucht.

Diskussion ist landesweit

Dahinter steckt eine Diskussion, sie sich über das gesamte Land erstreckt: Sollten die Vorgaben, die die Regelgeschwindigkeit auf Hauptverkehrsstraßen bestimmen, gelockert werden? In diesem Zuge sollen geeignete Städte als solche Versuchskommunen dienen, in denen folglich eine flächendeckende Tempo 30-Zone im Stadtgebiet eingeführt wird.

Hier darf man unter der Woche nur 30 fahren.
Hier darf man unter der Woche nur 30 fahren (Symbolbild). | Bild: Sophia Wagner

Dies spiegelt sich in den momentanen Vorhaben der Stadt Karlsruhe wider: Verkehrsentwicklung und -sicherheit, sowie Lärm- und Klimaschutz. Eine flächendeckende 30er-Zone im Bereich der Karlsruher Innenstadt? Oberbürgermeister Frank Mentrup sprach sich bereits positiv über dieses Vorhaben aus.

Konkrete Pläne bisher noch nicht genauer beleuchtet

Bevor dies in die Tat umgesetzt werden kann, muss im Bundesverkehrsministerium ein Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung der straßenverkehrsrechtlichen Rechtsnormen gestellt werden. Solch eine Anfrage sei im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) bislang noch nicht eingegangen.

Autos auf Karlsruher Straßen (Symbolbild)
Autos auf Karlsruher Straßen (Symbolbild) | Bild: Paul Needham

Auch der Straßenverkehrsbehörde, sowie dem Stadtplanungsamt seien keine aktuellen Bestrebungen der Stadt Karlsruhe bekannt. Laut Anfrage an die Stadt seien daher auch bisher keine Aussagen hinsichtlich einer Verfahrensdauer und der entstehenden Kosten dieses Projektes möglich.

Wie lange würde Umsetzung dauern?

Wie genau dieses Projekt schließlich in der Fächerstadt aussehe und wie lange es andauern würde, sei laut Stadt erst im Prozess der Planung zu definieren.

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Ein wesentlicher Schritt zur Änderung sei die Umkehrung der Beschilderung. Nicht die Tempo 30-Zonen seien dann ausgeschildert, sondern alle Straßen, in denen eine andere Geschwindigkeit gelten würde, wie zum Beispiel das Straßenvorbehaltsnetz mit Tempo 50.

Unrealistisches Vorhaben?

Allerdings wird von Seiten des Ministeriums an anderer Stelle betont, eine flächendeckende Absenkung der Regelgeschwindigkeit sei innerorts auf Tempo 30 nicht sinnvoll. Die Begründung hierfür: auf Hauptverkehrsstraßen werden zwei Drittel des innerörtlichen Verkehrs abgewickelt. Mit Tempo 30 ginge deren Geschwindigkeitsvorteil verloren und der Verkehr würde sich in Wohnnebenstraßen verlagern.

Ähnliche Bedenken gibt es auch innerhalb der Fächerstadt. Laut Anfrage hält die Stadt Karlsruhe den erforderlichen Aufwand dieses Projektes für unverhältnismäßig, da im gesamten Stadtgebiet die Beschilderung geändert werden müsse.

Ein Verkehrsschild begrenzt auf einer Straße den Verkehr auf 30 Kilometer pro Stunde.
Ein Verkehrsschild begrenzt auf einer Straße den Verkehr auf 30 Kilometer pro Stunde. | Bild: Frank Rumpenhorst/Archiv

Hierbei merkt die Stadt an, dass das Vorhaben einer flächendeckenden Versuchskommune für Tempo 30 insbesondere mit umfangreichen Kosten für die aufwändigen Umschilderungsmaßnahmen verbunden wäre.

Alle Möglichkeiten ausgeschöpft

Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Stadtverwaltung bereits alle rechtlichen Möglichkeiten zur Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ausschöpft.

So räumt die Straßenverkehrsordnung bereits aus bestimmten Gründen, zum Beispiel im Bereich von Kindergärten, Schulen, Alten- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern ein streckenbezogenes Tempolimit auf 30 km/h ein, sofern diese über einen direkten Zugang zur Straße verfügen.

Stadt findet Einzelfallprüfung sinnvoller

Im Einzelfall kann auch bei Vorliegen einer besonderen Gefahrenlage eine Temporeduzierung erforderlich werden. Hierzu wurde von der Verwaltung ein Kriterienkatalog entwickelt, anhand dessen Beurteilung erfolgt.

Die Einzelfallprüfung dieser Maßnahmen hat in den vergangenen Jahren bereits zu mehreren Änderungen der Regelgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h im Stadtraum geführt. Die Stadt empfindet dieses Verfahren für sinnvoller.

Auch ohne Versuchskommune: An vielen Stellen wäre Tempo 30 möglich

Auch wenn die Fächerstadt keine Versuchskommune wird, kann sie dennoch die Geschwindigkeit in vielen Bereichen auf 30 drosseln. Laut Sachinformationen des Verkehrsministeriums ist der Nachweis eines Gefahrenschwerpunktes nicht mehr erforderlich, um die Geschwindigkeit dort absenken zu können. 

Erst seit kurzer Zeit ist die Killisfeldstraße in Durlach auch eine Tempo 30-Zone
Erst seit kurzer Zeit ist die Killisfeldstraße in Durlach auch eine Tempo 30-Zone | Bild: Schwitalla

Daher dürften ohne erhöhten bürokratischen Aufwand abseits der Hauptverkehrsstraßen bereits heute 30er Zonen eingerichtet werden, insbesondere in Wohngebieten und dort, wo mit einer hohen Fußgänger- und Radverkehrsdichte sowie vielen Überquerungen zu rechnen ist. 

Tempo 30 auch an Hauptverkehrsstraßen, wenn...

Auch auf Hauptverkehrsstraßen kann Tempo 30 angeordnet werden, nämlich seit der Neuordnung der Straßenverkehrsordnung (StVo) 2016, im unmittelbaren Bereich vor bestimmten sozialen Einrichtungen, wie Kindergärten, Altenheimen oder Krankenhäusern. Diese Regeln hat Karlsruhe schon zahlreich angewandt. Wie schnell man bisher  wo in Karlsruhe genau unterwegs sein darf, ist in dieser Grafik gut sichtbar:

Tempo-Zonen in Karlsruhe
Bild: Stadt Karlsruhe
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