(mw)

Donnerstag, 17 Uhr: Gibt es einen Plan? Quatsch, wer braucht den schon. Deo, Gaskocher, einmal Wechselunterwäsche - alles rein damit, bis der nicht schöne, aber robuste Rucksack platzt. Dreibein-Hocker auf die eine Seite, Wasserflasche auf die andere, Schlafsack unten, Zelt oben drangehängt - starke Extra-Gurte und ein superstarker Wille machen es möglich. Auf in den Zug, nein die Bahn, äh die S-Bahn - im Ticketpreis inklusive sind, dem Festival-Gott sei Dank, Hin- und Rückfahrt, IC und ICE ausgeschlossen.

20 Uhr: Die Berg-und-Tal-Fahrt durch den wunderschönen Schwarzwald geht zu Ende. Mit dem Bus geht's weiter in Richtung Festivalgelände, vorbei an grasenden Kühen, nistenden Vögeln und saufenden Schweinen. Beim Schritt aus dem, nach Schweiß stinkenden, Bus findet man sich in der Menschenmenge wieder, mit der man die nächsten Tage Zeltluke an Zeltluke wohnen wird. Warten um ins Paradies, wo Matsch und Sangria fließt, gelassen zu werden.

22 Uhr: Wenn das Bändchen ans Handgelenk gekettet ist und man bereits nichts mehr von der morgendlichen Dusche spürt, geht der Spaß auch schon los - das zweistündige Warten und die dreistündige Anfahrt hat sich gelohnt - nur dumm, dass die Dämmerung bereits in vollem Gange ist und sich das altbewährte Zelt nicht von alleine aufbaut. Wie jedes Jahr wünscht man sich eines dieser modernen Wurfzelte herbei - naja, auch diesen Luxus kann man sich beim zweiten Gedanken sparen.

23.15 Uhr: Zeit für die erste von etwa sieben Runden Ravioli. Wie ein gemütliches Feuer brodelt der Gaskocher in der Mitte des Volkes - Topf und Löffel werden reihum gereicht, schließlich ist Wasser im Allgemeinen für Reinigungen aller Art für die nächsten Tage verpönt.

Freitag, 2 Uhr: Die erste relaxte Runde über Matsch und Platz wurde unternommen - Gummistiefel mit Geländewagenmerkmalen müssten mal erfunden werden! Zur Linken die Duschen, zur Rechten die Dixie-Klos - keine der beiden Sehenswürdigkeiten möchte man eigentlich genauer kennenlernen. Ravioli-Time.

10 Uhr: Guten Morgen, liebe Sorgen seid ihr auch schon alle - huch, "ich glaube hier ist was ausgelaufen" - der Klassiker! Egal ob Duschgel, Bier, Platzregen oder eine andere mysteriöse Flüssigkeit - die erste Zeltpanne ließ natürlich nicht lange auf sich warten. Ravioli-Time. Auf dem Festivalgelände herrscht quasi noch die Ruhe vor dem Sturm. Wüstengetreu wehen nicht-identifizierbare Kleidungsstücke und Müll am Zeltdorf vorbei - das Lied vom Festival.

11.30 Uhr: Mal in Richtung Bühne? Der Zeitplan ist sportlich: Auf fünf Bands auf drei verschiedenen Bühnen hatte man sich geeinigt. Was noch keiner weiß: Dazwischen kommen Trinkspiele mit den Nachbarn, Matsch-Plantschen im mitgebrachten Kinderpool und andere wahnwitzige Aktivitäten, die nur an Rock'n'Roll erinnern. Der Tag nimmt seinen Lauf.

1 Uhr: Resumée des Tages: "Also die X und Y waren richtig gut, aber so interessant war der Rest dann doch nicht - die kommen ja eh dauernd im Radio." Ravioli-Time. Eine Dusche vielleicht? Klar, der angesäuselte Festival-Freund hält schon die Sektflasche bereit. Ein bisschen Schlaf vielleicht? Nein - zur Überschwemmung hat sich scheinbar eh jemand gesellt, der sein Heim verwechselt haben dürfte.

Samstag, 8 Uhr: Zum Frühstück Schokocreme aus der Tube, musikalisch begleitet von motivierenden, selbstgesungenen Wanderliedern, die aus den Weiten des Zeltplatzes dröhnen. Ein Schuh fehlt - naja Gott sei Dank ist es nur der Schuh. Achsel-Test: Vielleicht doch mal eine Dusche... Watschelnd geht es zu den Waschräumen, die längst in ein beige-braunes Gewand verfallen sind. So richtig traut man sich nicht, die Hüllen fallen zu lassen - es ist zwar nicht wie in "Psycho", jedoch muss man doch mit diversen unangenehmen Zwischenfällen und -blicken rechnen.

13.30 Uhr: Ravioli-Time. Bald kündigt sich einer der Headliner an - ein guter Platz in der Menge will frühzeitig gesichert sein - also auf zur Mainstage, vorbei an "Würstlebuden", Flammkuchenöfen und Pommes-Imbissen - Neid, aber zu teuer! Headbangen, "Moshen" und Mitgrölen - Festival-Stimmung pur!

5 Uhr: Der Aschenbecher ist voll und stinkt, aber alles und jeder andere drumherum auch. Ravioli-Time.

Sonntag, 12 Uhr: Der Rücken schmerzt - als 22-Jähriger weiß man nun, wie die Großeltern leiden. Friedlich hockt die Runde in ihrem Kreis, die Dreibein-Hocker sacken mit der Zeit immer tiefer in den Schlamm. Ravioli-Time. Es gilt schließlich eines der letzten Dosenbiere im Beisein aller zu genießen - dieser Blech-Geschmack im Abgang und die warme Kohlensäure, die den Gaumen kitzelt - köstlich! Ein letzter Bühnenbesuch steht noch an.

16 Uhr: Bereit zur Abfahrt, wenn nicht dieser blöde Schlafsack wäre, der sich jedes Mal aufs Neue quer stellt. Traditionsgemäß lässt sich auch nur ein Bruchteil der Heringe wiederfinden. Das Zelt trieft mysteriös vor sich hin - immer noch. Ein letztes Mal: Ravioli-Time - bevor die Rucksäcke wieder beladen werden. Und wenn man dann endlich wieder im Zug, nein in der S-Bahn, sitzt, kommt die Vorfreude auf Federkernmatratze, Pizzabringdienst und Badewanne, naja, auf alles eben, außer Musikfernsehen. Schön war's!

Mit der ka-news-Serie "Wie feiert Karlsruhe?" decken wir die Klischees der einzelnen Feiertypen in der Fächerstadt auf: immer samstags servieren wir in den kommenden Wochen eine neue Glosse über die Verhaltensmuster sowie den Abendablauf der verschiedenen Charaktere innerhalb des Karlsruher Partyvolks. Was macht zum Beispiel den typischen WG-Partygänger und was das Cocktailbar-Chick aus? Immer donnerstags gibt es außerdem den "ka-Clubtester" und natürlich noch weitere Artikel rund ums Feiern in Karlsruhe.

Siehe auch:

Wie feiert Karlsruhe? Teil II: Das Cockailchick - zwischen Hugo, Mojito und Caipi

Wie feiert Karlsruhe? Teil I: Der Discogänger - "Saturday Night Fever"

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