Karlsruhe Propaganda in der Zeitung und Kinder bei der Ernte: Karlsruhe zu Zeiten des Frankreichfeldzugs
Am 10. Mai 1940 marschieren die Nationalsozialisten in den Weststaaten Frankreich, Belgien, Niederlande und Luxemburg ein. In nur knapp vier Wochen, am 14. Juni 1940, triumphiert das Deutsche Reich beim sogenannten Frankreichfeldzug. Und während die Männer auf den Schlachtfeldern kämpfen, geht in der Heimat der Alltag weiter - auch in Karlsruhe. In Teil 2: Der "Fall Rot" - die zweite Angriffswelle, an deren Ende nach nur zehn Tagen die Hakenkreuzfahne über Paris weht.
Mit dem Fall Dünkirchens am 4. Juni 1940 gilt der erste Teil des Frankreichfeldzuges, der "Fall Gelb", als beendet. "Der große Kampf in Flandern und im Artois ist zu Ende", berichtet Karlsruhes Zeitung "Der Führer". "Es war die größte Vernichtungsschlacht aller Zeiten."
Das Ziel: Paris erobern
Schon am kommenden Tag, am 5. Juni 1940, beginnt der "Fall Rot" - die zweite Phase der großen Militäroperation. Diese Phase hat zwei Ziele: Zum einen die französischen Truppen bis zur Schweiz einzuschließen, zum anderen nach Frankreich hinein zu stoßen und die Hauptstadt Paris zu nehmen.

Die große Schlacht an der Aisne findet vom 9. bis 11. Juni statt. Am 8. Juni wird die Weygand-Linie, die französische Verteidigungslinie an der Somme und der Aisne, auf der ganzen Front durchbrochen. Der Feind sei zum Rückzug gezwungen - nicht nur auf dem Boden, sondern auch im Meer werden mehrere feindliche Schiffe von deutschen Seestreitkräften vernichtet.
Mädchen und Frauen schuften zusammen für die Ernte
Es sei die "schlimmste Stunde für England" - in London haben die Nachrichten vom französischen Kriegsschauplatz "besorgte Stimmung ausgelöst". Dort hat man gedacht, die Schlacht in Frankreich würde England eine Atempause gewähren. Jetzt aber sind die Engländer nicht in der Lage, den Franzosen zu helfen.
Während der "Fall Rot" anläuft, wird es zudem Zeit, sich nicht nur um die Soldaten an der Front, sondern verstärkt auch um die Probleme in der Heimat zu kümmern: Die Ernte muss bald eingeholt werden und die Männer sind noch im Felde. Die Jugendgruppe der NS-Frauenschaft in Karlsruhe hilft daher bei der Ernte mit.

In Baden wurden bereits vier Erntelager geöffnet, in denen Mädchen und Frauen wohnen und einen Teil ihres Urlaubs für den Ernteeinsatz opfern werden. Hier arbeiten die verschiedensten Frauen zusammen: Lehrerin, Beamtin, Arbeiterin und Verkäuferin.
"Die kräftige Bauernkost wird den Jungen und Mädeln aus den Städten gut tun"
Ab Juli muss die Schuljugend in Baden Ehrendienst in der Landwirtschaft leisten, um an der "Sicherstellung der Volksernährung mitzuarbeiten". Hierzu wurde eine Anordnung vom Reichsminister erlassen, die für die Schulen verbindlich ist.

Auch hierfür werden überall Lager für die jungen Leute eingerichtet und die Zeitung gibt Anweisungen für die mitzubringende Kleidung: "Alte, derbe Schuhe, leicht waschbare Dirndl, derbe Hosen und kurzärmelige Hemden", heißt es. "Die kräftige Bauernkost wird den Jungen und Mädeln aus den Städten unseres Gaues gut tun."
Karlsruher Zeitung veröffentlicht Propagandaartikel
Unterdessen rückt die Front näher an Paris heran. Alle Kinder unter 14 Jahren wurden dort bereits evakuiert und die Bevölkerung flieht jetzt Hals über Kopf, jede Eisenbahn ist gefüllt - die Leute sitzen sogar auf den Dächern. Paris gerät in Panik und Verzweiflung und die Regierung "flieht" nach Süden.
Als Ablenkung veröffentlicht Karlsruhes Zeitung "Der Führer" während dieser Zeit mehrere Propaganda-Artikel, um die Moral zu stärken. Am 9. Juni erzählt so beispielsweise eine Mathilde ihrer Freundin Dora in einem offenen Brief über die Lesestube für Wehrmachtsangehörige in Karlsruhe.

Der Raum diene Soldaten auf der Durchreise - hier kann man lesen, Karten spielen, sich gemütlich unterhalten. Die NS-Frauenschaft betreue die Männer im geschmackvoll eingerichteten Zimmer, wo die Soldaten sich für eine Weile ausruhen können.
Wohlbefinden der Frau steht im Vordergrund
Auch auf das Wohlbefinden der Frauen wird laut des "Führers" sehr geachtet: Fabrikarbeiterinnen brauchen ebenfalls Erholung und haben es auch verdient. Studentinnen können die Arbeiterinnen in den Ferien ersetzen - damit können die Arbeiterinnen Erholung mit Geld genießen und die Studentinnen sich etwas dazuverdienen.
Dieser Arbeitsplan-Austausch wird von der NS-Volkswohlfahrt organisiert und aus dem Kreis Karlsruhe stellen sich bereits Frauen zur Verfügung. Diese "gegenseitige Hilfe festigt in der Kriegszeit besonders das Band der Volksgemeinschaft" - ein zentrales Konzept der NS-Ideologie.

Das soziale Angebot in Karlsruhe ist generell nicht klein: Verwandte von gefallenen Soldaten werden von der NSKDV - der Kriegsopferversorgung - betreut. Am 9. Juni bekommen in einer Veranstaltung in Karlsruhe die Mitarbeiterinnen das "Abzeichen der Hinterbliebenenbetreuerinnen".
Ein weiteres Beispiel für die behütete Rolle der Frau in dieser Zeit: Die Geschichte einer Karlsruher "Kameradin" im Rüstungsbetrieb, die im "Führer" erzählt wird: Früher war die junge, blonde Frau, mit welligem Haar und gepflegten Händen Verkäuferin, aber nachdem ihr Mann eingezogen wurde gab sie die Stelle auf und meldete sich für die Arbeit in einer Munitionsfabrik.
Die Dame hat keine Angst vor Schwerarbeit - eigentlich hat sie es sich viel unangenehmer, schmutziger und lärmender vorgestellt, als es eigentlich ist. An ihrem Geburtstag bekam sie sogar einen Blumenstrauß von den Kollegen.
Am 15. Juni weht das Hakenkreuz über Paris
In Frankreich haben die Soldaten unterdessen die Oise überschritten. Der Gegner flüchtet in "planloser Flucht zurück". Dabei hat er alles auf den Straßen stehen lassen, eine "unübersehbare Beute", sogar die Pferde und die Artillerie bleiben zurück - sie war offensichtlich zu schwer, um sie mitzunehmen. Langsam überblickt man das Ausmaß der Katastrophe und das Pariser Oberkommando sichert alle Hauptstraßen durch Barrikaden. Man hofft auf langwierige Straßenkämpfe.

Doch dann geht es ganz schnell: Schon am 15. Juni - nur zehn Tage nach Beginn des "Falls Rot" - "weht über Paris das Banner des Reichs - das Hakenkreuz", berichtet "Der Führer". "Die Schlacht ist geschlagen und für Frankreich verloren." Am Morgen des 14. Juni sind die deutschen Truppen in die Stadt eingezogen.
Frankreichfeldzug endet offiziell am 25. Juni
Paris wird zu einer offenen Stadt erklärt - eine Stadt, die im Kriegsfall nicht verteidigt wird und daher nicht angegriffen werden darf. "Im ganzen Lande flackern die drohenden Zeichen des völligen Zerfalls der französischen Macht", schreibt Karlsruhes Zeitung.

Die Bilanz für Frankreich ist vernichtend: 360.000 Soldaten sind tot, vermisst oder in Gefangenschaft. Auf der Seite der Wehrmacht liegen die Verluste bei 140.000 Mann. Am 21. Juni wird der Waffenstillstandsvertrag von Compiègne unterschrieben, der am 25. Juni in Kraft tritt. Der Blitzkrieg des Frankreichfeldzugs geht damit - nach nur etwas mehr als vier Wochen - zu Ende.
Lesen Sie in Teil 1:

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13.06.2020 18:03 Uhr
Gerade angesichts dieser dunklen Zeiten müsste man doch erkennen, wohin Propaganda,Ideologie, Hetze und Fanatismus führen kann.
Man sollte von vernunftbegabten Mitmenschen doch wenigstens ein Minimum an Selbstreflexion erwarten können.
13.06.2020 14:00 Uhr
13.06.2020 18:10 Uhr
Wer will solche Typen schon als Vordenker.
13.06.2020 19:22 Uhr
13.06.2020 19:35 Uhr
Nur lasse ich mir nicht vom Verfassungsschutz beobachtete Antifaheinis die Geschichte erklären. Fragen Sie doch mal nach dem Parteibuch.
13.06.2020 20:02 Uhr
13.06.2020 20:17 Uhr
Oder sind Sie tatsächlich ein Parteifunktionär?
Dann sage ich es ihnen in aller Klarheit, rutschen Sie mit mit Ihrer Propaganda den Buckel runter
13.06.2020 14:21 Uhr
13.06.2020 15:10 Uhr
13.06.2020 17:05 Uhr