Unter dem Versailler Vertrag von 1919 wurde es dem Deutschen Reich verboten, seine Luftstreitkräfte weiter aufzubauen – mit anderen Worten darf Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg keine Luftwaffe mehr haben. Das ist ein starker Rückschlag für ein Land, das vor und während des Ersten Weltkriegs Vorreiter in der Luftfahrttechnologie gewesen ist und Spitzenpiloten hatte.
Karlsruhe bekommt einen Flughafen
In Baden gab es bereits vor dem Ersten Weltkrieg Pioniere des Flugwesens: beispielsweise den Karlsruher Paul Senge, Badens ersten Flieger. Darüber hinaus hatten Eugen Lamprecht und Heinrich Gerstel aus Pforzheim und Hugo Hübner aus Mosbach maßgeblich zur Entwicklung des Flugzeugs beigetragen.

Unternehmer, Ingenieure und Piloten bauen und fliegen weiterhin Flugzeuge und wollen den Flugverkehr für Passagiertransporte und industrielle Zwecke einsetzen.
Mit dem Beschluss des Stadtrats im Januar 1925, einen Flughafen in Karlsruhe zu errichten, wird der große Exerzierplatz im Norden von Karlsruhe als Flughafengelände gewählt.
Exerzierplatz wird Flugplatz
Der Platz entsteht im 19. Jahrhundert als Exerzierplatz für die badische Armee. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1871 werden große Kasernen südlich des Platzes eingerichtet. Im August 1909 entscheidet der Karlsruher Stadtrat, auf dem Platz eine Luftschiff-Ankerstelle zu errichten, weil Graf Zeppelin beabsichtigt, Karlsruhe im Herbst mit seinem Luftschiff LZ23 zu besuchen.

Die Stadt bewilligt den Kredit für den Bau der nötigen Vorrichtungen nach den Vorschlägen des städtischen Maschinenbauamts und am 8. September wird die Ankerstelle eingerichtet. Jetzt soll der Exerzierplatz als Landungsstelle für Verkehrsflugzeuge ausgebaut werden – die Kosten dafür belaufen sich auf 140.000 Mark. Gleichzeitig wird die Stadt Karlsruhe als Gesellschafter der Badischen Luftverkehrsgesellschaft in Karlsruhe beitreten.
Es bestehen für den Flugzeugbau immer noch einengende Bestimmungen, aber der Bau zwecks Flugverkehrs ist freigegeben. Ein umfangreiches Flugnetz hat sich innerhalb kurzer Zeit über Deutschland ausgebreitet und fast alle größeren Städte wollen in dieses Flugnetz einbezogen werden.
Karlsruhe ist Knotenpunkt
Der große Durchgangsflugverkehr braucht geeignete Zwischenlandeplätze. Als Handels-, Industrie- und Landeshauptstadt eignet sich Karlsruhe dafür – und die Stadt liegt auch als Knotenpunkt geographisch optimal, auf halbem Weg zwischen Frankfurt und Basel und genau in der Linie Budapest – Wien – München – Stuttgart – Paris.

Es wird vorgesehen, einen Schnellflugdienst auf der Strecke Frankfurt – Basel mit Zwischenlandung in Karlsruhe einzurichten. Der Stadtrat und der Verkehrsverein sind jetzt bemüht, eine Gesellschaft zu gründen, die die erforderlichen Aufgaben übernimmt.
Im ersten Betriebsjahr soll die Gesellschaft mit fünf Verkehrsflugzeugen arbeiten. Die bevorzugten Bautypen werden von der AG Focke-Wulf-Flugzeugbau in Bremen hergestellt und haben Platz für drei Passagiere plus Pilot.
Ein Eindecker modernster Bauart verfügt über eine Kabine von 1 Meter Breite, 1,5 Meter Länge und 1,9 Meter Höhe und fliegt mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 135 bis 145 Kilometer pro Stunde. Der regelmäßige tägliche Flugbetrieb soll bereits im März anfangen und wird 15 bis 20 Pfennig pro Kilometer kosten. Außer Fluggästen soll Post und Fracht befördert werden.
Auch im Januar berichtet das Karlsruhe Tagblatt über das neue Dornier-Passagierflugzeug, das sogar sechs Fluggästen Platz bietet; hier ist auch Raum für Post und Gepäck vorhanden. Der Passagierraum ist mit Gepäcknetzen, elektrischer Beleuchtung und Warmluftheizung ausgestattet. Gäste haben durch zwei Reihen großer Spiegelfenster eine gute Aussicht und die Sessel sind für Schlaf- und Sitzgelegenheit eingerichtet.
Die erste Badische Luftfahrt-Ausstellung wird veranstaltet
Fast zeitgleich mit dem Beschluss des Karlsruher Stadtrats entscheidet sich der Karlsruher Luftfahrtverein (heute der Flugsportverein), eine Ausstellung über das Luftwesen in Karlsruhe und Umgebung zu veranstalten.

Unter dem Titel “I. Badische Luftfahrt-Ausstellung“ läuft die Veranstaltung vom 31. Januar bis 8. Februar 1925 in der Städtischen Ausstellungshalle. Bei der Eröffnung erklärt der Vorstand des Vereins, Architekt Eisenlohr, dass die Nachkriegszeit, mit den Beschränkungen für die Luftfahrt, die Arbeit des Vereins erschwert hat und dass die Behörden daran nicht mehr so interessiert sind wie vor dem Krieg
Er hofft, dass mit der Ausstellung wieder das Interesse an der Luftfahrt, auch von der Industrie und dem Handel, geweckt wird. Der Verein möchte auch die Jugend von Karlsruhe ansprechen – zu diesem Zweck sind Teile der Ausstellung mit Modellen und Versuchsapparaten gefüllt.
Hauptsächlich soll die Luftfahrt-Ausstellung der Bevölkerung von Karlsruhe und Umgebung den praktischen Zweck der Luftfahrt zeigen, das Verständnis für Luftfahrtfragen erleichtern und der Jugend demonstrieren, wie sie sich mit der Luftfahrt befassen können. Für Schulen und Vereine gibt es Führungen und die Ausstellung hat von morgens um 10 Uhr bis abends um 22 Uhr auf.
Zahlreiche Flugzeuge, Modelle und alles, was mit dem Fliegen zu tun hat
Hier wird alles Mögliche ausgestellt: es gibt Karten, Fotos, Werkzeuge, Propeller, Bordinstrumente, Modelle von Luftschiffen, Freiballons und Fesselballons. Farbige Aufnahmen von Luftbildern sind als Glasbilder ausgestellt – diese sollen vor allem die Bedeutung des Luftbilds für Heimat- und Städtebaukunde verdeutlichen.

Abends und bei Schulbesuchen werden deutsche Flugfilme vorgeführt. Zu sehen gibt es auch zahlreiche Flugzeuge. Ein Eindecker von der Firma Udet-Flugzeugbau München steht mitten in der Halle. Jagdflieger Ernst Udet erzielte neben dem Fliegerass Manfred von Richthofen die höchste Zahl von Abschüssen unter den deutschen Jagdpiloten im Ersten Weltkrieg.
Im Zweiten Weltkrieg erschoss er sich 1941 nach den Misserfolgen in der Luftschlacht um England. Weiter gibt es Flugzeugmodelle des Fokker-Kampflugzeugs, das von Leutnant Max Immelmann im Ersten Weltkrieg geflogen wurde, ein neues Verkehrsflugzeugmodell von Sablatnig, ein deutsches Albatros-Kampflugzeug aus dem Weltkrieg sowie einen französischen Spad-Kampfeinsitzer.
Pioniere des Segelfliegens
Zwei Flugzeuge der Segelflugzeug-Werke Baden-Baden nehmen den linken Teil der Halle ein. Die Firma ist die erste, die Segelflugzeuge in Serien herstellt. In der einen Maschine hat Wolfgang Hirth (der Bruder des berühmten Flugpioniers und Flugzeugkonstrukteurs Helmuth Hirth) in der Nähe von Pforzheim einige Flüge ausgeführt. Auf der anderen Seite der Halle stehen zwei Segelflugzeuge.
Das erste ist der Eindecker "Geheimrat", erbaut von der Bahnbedarfs AG in Darmstadt, das andere ein flügelgesteuertes Segelflugzeug, die "Goldkiste" von Segelflugpionier Friedrich Harth aus Bamberg, der 1921 mit diesem Flugzeug 22 Minuten motorlos segelte und damit einen Weltrekord aufgestellt hat.
Karlsruhe: Ein erfolgreicher Flughafen
Der Standort Karlsruhe entwickelt sich schnell zu einem wichtigen innerdeutschen zivilen Flughafen. Bereits im Jahr 1925 werden fast 2.000 Fluggäste befördert – und 39 Städte im In- und Ausland angeflogen.
Die Badische Luftfahrt-Ausstellung wiederholt sich jedoch nicht mehr. Im Jahr 1928 wird die Internationale Luftfahrtausstellung (ILA) in Berlin abgehalten, mit etwa 150 Flugzeugen aus 19 Ländern. Heute findet die ILA alle zwei Jahre in Brandenburg statt.
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