Michael Theurer ist Direkt-Kandidat bei der Bundestagswahl für den Wahlkreis Karlsruhe-Stadt. Am Donnerstagabend war er zu einem Gesprächsabend im Holiday-Inn-Express in Karlsruhe. Nachdem die FDP im Herbst 2013 ihren Tiefpunkt erreichte und erstmals in ihrer Geschichte nicht in den Bundestag kam, wollen die Freien Demokraten bei der Bundestagswahl am 24. September wieder zurückkehren. Der liberale Kandidat ist derzeit Mitglied des Europäischen Parlaments, Landesvorsitzender in Baden-Württemberg sowie Mitglied des FDP-Präsidiums.
"Denken wir neu", titelt die FDP ihr Wahlprogramm - neue Denkansätze will die FDP besonders in puncto Bildung und Digitalisierung umsetzen und macht die "weltbeste Bildung" zum Hauptthema des FDP-Wahlprogramms. "Wir stehen vor großen Herausforderungen in der Bildung und Digitalisierung, da diese Entwicklung so schnell voranschreitet. Wir müssen einen riesigen Sprung nach vorne machen", so Theurer.
"Brauchen einheitliche Bildungsabschlüsse"
"Doch wer soll die erhöhten Bildungsausgaben tragen?", fragt Heiner Bremen. Auf diese Frage verweist Theurer auf die zentrale FDP-Forderung zur Aufhebung des Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern. "Natürlich ist ein reiner Zentralismus auch keine Lösung, aber ein pragmatisches Vorgehen ist hier sinnvoll. Und wenn die Kommunen und die Länder etwas tun und der Bund verstärkend hinzukommt, können wir eine bessere Bildungspolitik erreichen", ist sich Theurer sicher.
Als weiteres Bildungsziel spricht Bremer die Forderung nach einheitlichen Bildungsabschlüssen in Deutschland an: "Sie fordern eine Vergleichbarkeit von Schulabschlüssen. Doch kann sich Bayern und Baden-Württemberg da tatsächlich mit Bremen einigen?" Geringere Leistungen zu fordern, um mehr gute Abschlüsse zu erreichen, wie es in Bremen der Fall sei, sei nicht förderlich, so Theurer. "Die Ziele müssen einheitlich sein. Denn diese Menschen kommen dann beispielsweise an das KIT und können hier einfach nicht mithalten."

Digitaler Tsunami kommt näher
Die Digitalisierung aller Lebensbereiche und dem dazugehörigen schnelleren Netzausbau hat die FDP ebenfalls im Wahlprogramm aufgegriffen und fordert einen flächendeckenden Glasfaserausbau. Ein "Digitalisierungsministerium" halten die Freien Demokraten ebenfalls für sinnvoll: "Digitalisierung umfasst alle Lebensbereiche. Einer muss hier die Führung übernehmen – deshalb fordern wir dieses neue Ministerium. Das Thema ist zentral wichtig, denn der digitale Tsunami kommt immer näher. Wenn wir dafür kein neues Ministerium brauchen, für was sonst?", so Theurer.
In Sachen innere Sicherheit ist die FDP gegen eine Videoüberwachung, da man nicht alle Bürger unter Generalverdacht stellen solle."Wir sind gegen die massive Speicherung von Daten, doch wissen wir auch, dass gewisse Daten zum Schutz beitragen, erklärt der Karlsruher FDP-Kandidat für die Bundestagswahl. Bei konkreten Verdachtsfällen seien diese Speicherung ok – aber alles solle nicht abgespeichert werden, so Theurer.
Flüchtlingspolitik: "Hier versagt der Rechtsstaat"
"Das Grundrecht auf Asyl für individuell politisch Verfolgte ist für uns unantastbar", sagt Theurer. Dennoch möchte die FDP eine klarere Unterscheidung zwischen Kriegsflüchtlingen und dauerhaften Einwanderern. Einwanderung soll durch ein Punktesystem, das Qualifikationen auflistet, geregelt werden. Zudem fordert die FDP ein gesamteuropäisches Asylrecht, das ein europäisches Quotensystem beinhaltet, welches die Asylbewerber auf die Mitgliedsstaaten verteilt.
"Es ist ein Skandal, dass es bislang kein zentrales Registrierungssystem gibt. Hier versagt der Rechtsstaat. Wir fordern ein Einwanderungsgesetz, um zu kontrollieren und zu steuern, wer zu uns kommt. Für die Gesellschaft ist es völlig legitim zu überlegen, wie viel Einwanderung unser Land verkraften kann", so Theurer weiter.
"Haben aus 2013 gelernt"
Gegen Ende der Veranstaltung greift Bremer das Thema Steuer- und Abgabenlast auf, das früher immer im Vordergrund der FDP stand: "Hält die FDP eine steuerliche Entlastung der Bürger von mindestens 30 Milliarden Euro für realistisch?" Darauf antwortet Theurer: "Wir haben aus der Lektion aus 2013 gelernt. Deshalb fordern wie dieses Mal diese milde Steuerforderung."
Warum fordere die FDP als einzige Partei die Abschaffung des Solidaritätszuschlages, will Bremer wissen. Worauf Theurer erwidert, dass der Soli demnächst auslaufen soll. "Wir möchten, dass dieses Versprechen auch eingehalten wird", so Theurer.
Änderungen will die FDP auch bei der Mehrwertsteuer: "Das Mehrwertsteuersystem muss geändert werden. Dass beispielsweise auf Tiernahrung nur sieben Prozent und auf Arzneimittel und Medikamente 19 Prozent Mehrwertsteuer sind, darf nicht sein. Der Normalbürger ist durch die Mehrwertsteuer stark belastet", erklärt Theurer.

"Zeit für europäische Armee"
Zur Terrorismusbekämpfung, besonders gegen den internationalen islamistischen Terrorismus, fordert die FDP mehr internationale Kooperation und Datenaustausch. "Europa muss die eigene Sicherheit in die Hand nehmen. Jetzt ist die Zeit einer europäischen Armee", so das Mitglied des Europäischen Parlaments.
Der Terrorismus habe laut Theurer gezeigt, dass der politische Bereich nicht gemeinschaftlich vereinigt sei. "Wir müssen bei der Bundestagswahl ein Signal geben und ich hoffe, dass die Wähler den rechten Tendenzen eine klare Absage erteilen, denn das wichtigste ist, dass solche Tendenzen nicht in den Bundestag kommen."
"Sind bereit eine Verantwortung zu übernehmen"
"Wie kann das FDP-Programm – nach dem vierjährigen Bundestags-Entzug - umgesetzt werden und mit wem", will Bremer zum Abschluss des Gesprächs wissen. Das entscheidende Ziel sei, wieder in den Bundestag einzuziehen und das sähe aktuell gut aus, so Theurer. "Wir haben das Rennen um Platz drei aufgenommen. Ein direkter Sprung in die Regierung wäre ein großer Sprung, der allerdings nicht passieren wird, wenn wesentliche Forderungen nicht umgesetzt werden können. Wir haben uns in Baden-Württemberg entschlossen, in die Opposition zu gehen. Wir sind bereit eine Verantwortung zu übernehmen – aber nicht um jeden Preis."
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