"Wir wollen das schaffen, was auch der KSC gerade vor sich hat - den Wiederaufstieg", mit diesen Worten eröffnete Michael Theurer die Wahlkampfveranstaltung der FDP am Mittwochnachmittag auf dem Karlsruher Friedrichsplatz. Die AfD bezeichnete der Karlsruher Direktkandidat als "unsinnige Schmutzkampagne" und zu den zentralen Schwerpunkten des FDP-Wahlprogramms, Bildung und Digitalisierung, forderte Theurer: "Es ist Zeit, dass sich die Bundesregierung diesen Themen annimmt."

Comeback nach unfreiwilligem Bildungsurlaub

Die FDP zeigt sich in diesem Wahlkampf moderner, smarter und offener als in der Vergangenheit und die Freien Liberalen möchten dieses Image auch mit in den Bundestag bringen. Unumstrittener Mittelpunkt ist dabei FDP-Bundesvorsitzender Christian Lindner, der das Comeback der Partei, nach deren "unfreiwilligem Bildungsurlaub", ermöglichen möchte.

Mit viel Humor und starkem Publikumsbezug sprach der FDP-Partei-Chef über einige Hauptthemen des FDP-Wahlprogramms: Bildung, Digitalisierung, innere Sicherheit und die Flüchtlingspolitik. "Jede nicht abgegebene Wählerstimme ist ein Schlag ins Gesicht aller derer, die in einer Demokratie leben möchten", so Lindner zu Beginn seines Auftritts. "Wählen gehen!", forderte der Spitzenkandidat der Liberalen für die Bundestagswahl.

Das Interesse an Christian Lindner war auch in Karlsruhe groß. | Bild: Reiff

TV-Duell war Tatort-Alternative

Deutliche Worte fand Lindner zum TV-Duell zwischen Merkel und Schulz: "Sie erinnern sich daran, dass sich Schulz und Merkel getroffen haben - ich wollte jetzt nicht Duell sagen zu dieser Tatort-Alternative." Merkel habe Schulz mehrmals gedankt und Schulz fände vieles toll, was Merkel sage, so der FDP-Chef. "So stelle ich mir ein Therapiegespräch vor, aber kein TV-Duell!" Und Linder ging noch einen Schritt weiter: "Streckenweise glich dieses TV-Duell einem Bewerbungsgespräch, in dem sich Schulz als neuer Sachbearbeiter für Merkel bewirbt."

Auch kreidet Lindner den beiden Kanzlerkandidaten an, das "wichtigste Thema überhaupt", nämlich die Bildung und die Digitalisierung, außen vor gelassen zu haben. "Diese Themen werden nicht nur nicht im TV-Duell weggelassen, sondern stehen auch im Bundestag nicht im Vordergrund. Wir möchten diese Themen vom Schluss, an den Anfang der Tagesordnung setzen", so Lindner.

"Röhrenfernseher? Gehen Sie in die Schulen"

Die FDP möchte die Bildung stärker fördern und modernisieren, dazu gehört auch die Digitalisierung, denn diese findet, laut Lindner, an den deutschen Schulen nur in den Pausen statt. "Sie möchten einen alten Röhrenfernseher sehen - dann gehen Sie in die Schulen. Hier wird selbst ein Lichtprojektor noch unter 'neuen Medien' gelistet. Es ist unsere Pflicht, den Menschen eine bessere Bildung zu ermöglichen", fordert Lindner. "Gute Bildung ist teuer, doch schlechte Bildung ist unbezahlbar - denn das können wir uns nicht leisten!", erklärt der FDP-Frontmann.

Die Digitalisierung aller Lebensbereiche und dem dazugehörigen schnelleren Netzausbau hat die FDP ebenfalls im Wahlprogramm aufgegriffen und fordert einen flächendeckenden Glasfaserausbau. "In Deutschland ist alles immer langwierig und demokratisch - wir müssen digitaler werden", sagte Lindner mit Hinblick auf die bekanntlich langen Wartezeiten auf deutschen Ämtern. Deutschland habe den Glasfaserausbau verpasst und sei aktuell bestenfalls Mittelmaß.

"Der Staat muss besser organisiert sein als das Verbrechen"

Beim Thema innere Sicherheit ist die FDP gegen eine Vorratsdatenspeicherung und fordert stattdessen eine bessere Zusammenarbeit der Behörden sowie eine höhere Anzahl an Polizeibeamten. "Es gehört zu den Kernaufgaben, dass die Polizei und Justiz handlungsfähig ist", so Lindner. Vier Jahre Große Koalition haben laut dem FDP-Bundesvorsitzenden nicht zu mehr Sicherheit, sondern zu mehr Verwirrung geführt. "Der Staat muss besser organisiert sein als das Verbrechen", erklärte Lindner.

Für das Thema Flüchtlingspolitik sieht die FDP ein modernes Einwanderungsgesetz vor. Lindner äußerte hierzu seine Meinung an einem Beispiel: "Wenn ein junger Mann als Flüchtling nach Deutschland kommt, hier fünf bis sechs Jahre lebt, in dieser Zeit kein Deutsch lernt, Diebstähle begeht und in seinem Land inzwischen wieder Frieden herrscht - dann hat er seine Chance eben nicht genutzt, dann muss er gehen."

Lindner: AfD wäre blamabel für unser Land

Allerdings weist Lindner darauf hin, dass bei einem umgekehrten Fall ("Der junge Mann verhält sich vorbildlich, lernt Deutsch, arbeitet - hat sich hier ein Leben aufgebaut") die Chance bestehen muss, dass er in Deutschland bleiben kann: "Wir müssen dann sagen, "Ja du bist willkommen" - egal ob derjenige gerne die Bibel, den Koran oder einen Krimi liest. Das ist eine kanadisch inspirierte Einwanderungspolitik!"

Die FDP möchte die dritte Kraft im Parlament sein, daran lässt Lindner keinen Zweifel: "Die AfD mit ihren Provokationen darf nicht in die Opposition anführen - wir möchten die Spitze sein. Eine Partei, die eine Abschottung fordert, wäre blamabel für unser Land", so Lindner.

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