(Peter Putzing)
Der Bann ist gebrochen: Endlich schaffte es die deutsche Nationalelf, den Angstgegner Italien bei einem Turnier zu besiegen. Mit Glück im Elfmeterschießen - aber insgesamt hoch verdient. Doch: Der Erfolg könnte zum Pyrrhussieg werden. Mats Hummels ist gesperrt. Unberechtigt, denn seine erste Verwarnung im Spiel gegen die Slowakei durch den polnischen Schiedsrichter Szymon Marciniak war eine Fehlentscheidung.

Für Mario Gomez ist das Turnier nach einem Muskelfaserriss leider vorzeitig zu Ende. Das wird ein Problem, denn einen anderen Zielspieler, der in die Tiefe geht, hat Bundestrainer Joachim Löw für das Angriffszentrum nicht im Kader. Also heißt es erneut: Mit einer "falschen Neun" agieren.

"Angeschlagene Spieler lasse ich definitiv nicht spielen"

Dass wohl auch noch Sami Khedira und eventuell Kapitän Bastian Schweinsteiger ausfallen ist schwer zu kompensieren. "Wir haben zu allen Akteuren im Kader absolutes Vertrauen", sagt Löw zwar, bekennt dann aber doch: "Es ist schwierig, in solch einer Phase gleich derart viele Stammkräfte ersetzen zu müssen."

Eines stellt Löw klar: "Angeschlagene Spieler lasse ich definitiv nicht spielen." Den Gegner hält er für "richtig stark. Die Mannschaft Frankreichs hat Dynamik, unheimlich viel Kraft und Wucht", sagt der aus Baden stammende Bundestrainer. Fügt aber selbstbewusst hinzu: "Wir wissen, wie wir gegen so eine Mannschaft agieren müssen."

"Das wird ein knapper Sieg für uns"

Trotz der Personalprobleme ist KSC-Sportdirektor Jens Todt zuversichtlich, dass Deutschland das Finale erreicht. "Das wird ein knapper Sieg für uns. Ein 2:1", sagt Todt, der 1996 bei der EM in England nachnominiert wurde und ohne Einsatz den Europameistertitel gewann.

"Leider haben wir viele Ausfälle zu verkraften. Das macht die Sache etwas schwerer. Aber: der Sieg gegen Italien war etwas Großes! Das puscht, das wird dem Team helfen, dieser Erfolg beflügelt alle", sagt Todt voraus. Zudem habe Frankreich hat den größeren Druck. "Im eigenen Land müssen die gewinnen, das ist eine Bürde."

Krebs drückt Frankreich die Daumen

KSC Mittelfeldmann Gaetan Krebs sieht das anders. Logisch, denn Krebs ist Franzose. Er glaubt an sein Heimatland und drückt Frankreich die Daumen. "Wir kommen ins Finale, besiegen Deutschland mit 2:0", prophezeit der kleine, quirlige Elsässer.

"Das zweite Tor fällt in der 90. Minute. Nach einem Konter Frankreichs, als die deutsche Elf mit allen Mann auf den Ausgleich gedrängt hat", wird er konkret. "Aber: das wird schwer für beide Teams. Das wird richtig eng", so der Mittelfeldwirbler, der einen Akteur aus dem Kader Frankreichs gut kennt. "Mit Morgan Schneiderlin war ich im Fußballinternat bei Racing Straßburg. Ein toller Fußballer und netter Bursche."

Das Halbfinale ist bei den KSC-Profis ein großes Thema. In der Kabine "geht's schon hin und her. Jeder verteidigt seine Seite", sagt Krebs. Das Team des KSC hat geplant, die Begegnung gemeinsam am Donnerstag zu verfolgen. Doch Krebs hat abgesagt. "Nein, das geht nicht. Einer gegen alle - das mache ich nicht mit", verrät er lachend. Krebs schiebt Deutschland die Favoritenrolle zu, glaubt die Elf stünde mehr unter Druck als das Team seines Heimatlandes. "Alle Deutschen erwarten die Finalteilnahme, Deutschland hat mehr zu verlieren als wir."

Frankreichs Trainer Didier Deschamps, der es als Spieler mit Kampfgeist und starkem Willen bis in die Weltklasse gebracht hatte (Weltmeister 1998, Europameister 2000), schaffte es, dass die Akteure der "Équipe Tricolore" ihre Skandale beendeten, warf Torjäger Benzema raus.

Frankreich ist der dritte EM-Titel nach 1984 und 2000 allemal zuzutrauen. Denn die Qualitäten von Pogba (Juventus), Coman (Bayern), Griezmann (Atletico Madrid) und Co. sind unbestritten.

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