(dpa/lsw)

Baden-Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) hat als Alterspräsident den Landtag eröffnet und gleich der AfD ins Gewissen geredet. Er hoffe sehr, dass sich die "Beschimpfungen und Diffamierungen" aus der vergangenen Wahlperiode nicht wiederholen. "Sie schaden nämlich dem Geist der Demokratie", mahnte der 72-jährige Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart unter dem Applaus aller Fraktionen außer der AfD.

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Doch die AfD-Fraktion, die bei der Landtagswahl deutlich verloren hatte, ging kurze Zeit später zum Gegenangriff über. Sie wollte den Plan von Grünen, CDU, SPD und FDP durchkreuzen, wieder einen zweiten Vizepräsidenten im Landtag zu installieren. Der AfD-Antrag wurde abgelehnt.

Das Parlament ist "keine Quatschbude"

Kretschmann mahnte in seiner etwa 15 Minuten langen Eröffnungsrede: "Wir sollten stets so streiten, dass man sich auch danach noch in die Augen sehen kann." Das Parlament sei "keine Quatschbude", wie die Feinde der Demokratie in der Weimarer Republik (1918-1933) behauptet hätten. Der "demokratische Geist" sei darauf angewiesen, dass alle Abgeordneten ihn verkörpern. Der Beginn der Legislaturperiode sei der Moment, "wo sich alt und neu verbinden."

Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg.
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg. | Bild: Christoph Schmidt/dpa/Archivbild

Der Grüne schwärmte vom "Zauber des Neuanfangs", wenn der Souverän bei der Landtagswahl gesprochen habe. "Dann ist das eine Stunde der Erneuerung und passend zur Jahreszeit eine Frühlingsstunde der Demokratie."

Kretschmann will sich an diesem Mittwoch zum dritten Mal zum Regierungschef wählen lassen. Am Dienstagnachmittag wollte er gemeinsam mit CDU-Landeschef Thomas Strobl den neuen grün-schwarzen Koalitionsvertrag unterzeichnen und das designierte Kabinett vorstellen.

AFD verliert Plätze

Der AfD-Abgeordnete Anton Baron hielt der künftigen grün-schwarzen Koalition vor, in der Regierung und auch im Landtag neue Posten schaffen zu wollen. "Das ist ein ordentlicher Schluck aus der Pulle", sagte er. Baron erinnerte daran, dass 2016 der zweite Vizeposten im Landtag gestrichen worden sei - offensichtlich um zu verhindern, dass die AfD als damals größte Oppositionsfraktion den Posten erhält.

Es gehe nicht an, das jetzt rückgängig zu machen. Die AfD war bei der Landtagswahl Mitte März von 15,1 Prozent auf 9,7 Prozent gefallen. Sie hat nur noch 17 Abgeordnete, zum Beginn der vergangenen Wahlperiode waren es noch 23 gewesen.

Der parlamentarische Geschäftsführer Anton Baron.
Anton Baron. | Bild: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz argumentierte, der Landtag sei größer geworden, nun säßen 154 statt 143 Abgeordnete im Parlament. Und: Die Belastung des Präsidiums bei der Sitzungsleitung sei vor allem wegen der AfD gestiegen, weil viele Abgeordnete sich nicht an die Ordnung im Parlament hielten.

"Wir haben es leider erleben müssen, dass die Sitzungskultur in der vergangenen Legislaturperiode sich erheblich zum Negativen verändert hat." Er hoffe, dass die AfD künftig vom "Verspotten des Parlaments" Abstand nehme.

Die Fraktionen von Grünen, CDU, SPD und FDP hatten sich darauf verständigt, dass es wieder zwei Vizepräsidenten geben soll. Den Zuschlag für den zweiten Posten soll die SPD als größte Oppositionsfraktion bekommen. Für die CDU soll Ex-Fraktionschef Wolfgang Reinhart (65) den Posten übernehmen. Zweiter Vizepräsident soll der SPD-Abgeordnete Daniel Born (45) werden.

 

 
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