(trs)

"Die Informationspolitik der Kasig ist eine Katastrophe", sagt der Leser im ka-news-Gespräch. Er hat seit 2010 eine Baustelle direkt vor der Nase, die eigentlich bereits abgeschlossen sein sollte. "18 Monate waren angekündigt, bis das Gröbste vorbei ist", erzählt er.

Bauen zwischen 7 und 20 Uhr oberirdisch erlaubt

Erst Mitte Dezember hatte die Stadt Karlsruhe den Gemeinderat jedoch mit einem Sachstandsbericht zur Kombilösung darüber unterrichtet, dass die Baufelder an den Haltestellen Europaplatz, Kronenplatz und Lammstraße dem Zeitplan zwischen 15 und 18 Monaten hinterher hinken. Zunächst ist also kein Ende in Sicht.

Anfangs gab es für den ka-news-Leser keinen Grund umzuziehen - 1,5 Jahre bringt man rum, vor allem, wenn die Wohnung sehr schön ist, das Mietverhältnis einwandfrei und zudem noch ein Büro im Haus unterhalten wird. "Ich wohne seit 1997 hier, die Einschränkungen schienen mir den Aufwand - besonders bei der derzeitigen Wohnungsmarktlage - nicht wert." Inzwischen ärgert er sich allerdings fast täglich darüber, wenn die Korrespondenz mit der Kasig über Mietentschädigungen schleppend läuft.

Angefangen hat der Ärger, als eines Nachts ohne Vorankündigung vor der Haustür gearbeitet wurde. Im Planfeststellungsbeschluss für die Kombilösung steht jedoch, dass nur von 7 bis 20 Uhr gearbeitet werden darf: "Baumaßnahmen im oberirdischen Bereich dürfen [...] werktäglich grundsätzlich höchstens in der Zeit zwischen 7 und 20 Uhr durchgeführt werden, wobei die maximale Betriebszeit für die Durchführung von Bohrungen neun Stunden grundsätzlich nicht übersteigen darf", heißt es dort. Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn die Unterbrechung einen negativen Einfluss auf den Baufortschritt haben würde.

Nachdem sich der Leser daraufhin mit der Kasig in Verbindung gesetzt hat, diskutiert er seither monatlich über Entschädigungszahlungen. "Das ist irgendwie albern, jeden Monat wird das neu verhandelt", erzählt er. Im Jahr 2012 wurden bislang vier Monate anerkannt und ein Anteil der Miete entschädigt. "Dabei liegen die Lärm- und Erschütterungsmessungen hier grundsätzlich über den Grenzwerten." Im Planfeststellungsbeschluss heißt es jedoch auch: "Soweit trotz aktiver Schutz- bzw. Minimierungsmaßnahmen die Richtwerte der AVV Baulärm Nr. 3.1.1 für einen Zeitraum von mindestens sechs Wochen um mindestens 5 dB(A) überschritten werden, ist den Nutzern von schutzwürdigen Räumen (z.B. Wohnräumen, Praxen) auf Verlangen eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Die Höhe der Entschädigung ist nach Dauer und Intensität der Beeinträchtigungen zu bemessen."

"Jazz-Konzerte statt Infoabende?"

Heißt im Klartext: Wer etwas will, muss die Hand aufhalten. Und wenn die Baumaßnahme keine sechs Wochen am Stück dauert, gibt es nichts. Solche Bescheide hat der Anwohner ebenfalls schon von der Kasig erhalten: Selbst wenn die Bauarbeiten acht Wochen am Stück den Lärmpegel überschreiten, kann es sich beispielsweise um zwei verschiedene Baumaßnahmen handeln - die dann eben - jede für sich - nicht sechs Wochen dauern und offensichtlich getrennt bewertet werden.

"Alle wichtigen Infos muss man sich selbst zusammensuchen als Anwohner, für alles muss man kämpfen", klagt der Leser. Zwar sei der Kontakt mit der Bauherrin nie unfreundlich oder abweisend - man verspüre jedoch auch kein Entgegenkommen. Ihn stört auch, dass zum Beispiel im Infopavillon "K." am Ettlinger Tor regelmäßig Jazz-Konzerte stattfinden, die wichtiger zu sein scheinen als vernünftige Infoabende für Anlieger.

Dennoch will er weiterhin um seine Mietminderung und die aller Mietparteien im Haus kämpfen. Vor allem, weil er es durchaus für entschädigenswert hält, wenn er seine Wohnung nicht mehr mit dem Auto erreichen kann, nicht lüften kann ohne von Lärm, Dieselgeruch und Staub eingehüllt zu werden oder nachts ohne Vorwarnung gearbeitet wird. Dafür fügt er seinen Briefen und Emails gelegentlich auch Bilder oder Videos von der Situation vor seinem Haus an.

Versprochen wird auf den Webseiten der Kombilösung übrigens Folgendes: "Die Kasig wird mit den vier Bausteinen Anliegerbetreuung, Baustellenlogistik, Kooperationsmarketing und Entschädigungsmanagement die Beeinträchtigungen durch die Baumaßnehmen für die Kombilösung minimieren. Die Kasig benennt einen Anliegerbeauftragten, der als Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung steht." Und weiter: "Die Kasig wird zur Minimierung baustellenbedingter Beeinträchtigungen Eigentümer und Mieter bei der Durchführung der notwendigen Maßnahmen angemessen einbeziehen. Die Entschädigung dient als Ausgleich für den 'Substanzverlust', den das Grundstück infolge der Baumaßnahme erleidet."

ka-news-wollte über das Entschädigungsmanagement bei Mietern und Anliegern mit der Kasig sprechen. Nach einer Presseanfrage verwies man dort aber lediglich auf die hier zitierten Internetseiten.

Den Planfeststellungsbeschluss für den Stadtbahntunnelgibt es auf den Seiten des Regierungspräsidiums Karlsruhe. Informationen für Anlieger findet man auf der Webseite der Kombilösung.

Mehr Infos rund um die Karlsruher Kombilösung gibt es auch in unserem Dossier.

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