Auf Festen und Veranstaltungen mit einem starken Bezug zur Geschichte, Tradition oder zum Militär, wie bei der 200-jährigen Verfassungsfeier in Karlsruhe oder dem Biwak in Neuf-Brisach ist die Historische Bürgerwehr Karlsruhe oft vertreten. Zusammen mit der Schützengesellschaft ist sie der älteste Verein der Stadt. Die Mitglieder wollen Geschichte erlebbar machen.
Gründung 1721 - 300 Jahre Geschichte
1721 wurde die Historische Bürgerwehr in Karlsruhe gegründet, also blickt die Gesellschaft auf fast 300 Jahre zurück. Und die Mitglieder der Bürgerwehr sind auch heute noch gern gesehene Gäste, etwa beim Peter und Paul-Fest in Bretten.
"Es gibt einige Veranstaltungen, wo es Tradition ist, dass wir erscheinen - und dazu werden wir immer eingeladen", sagt Karl Leis, Vereinskommandant und Ehrenleutnant gegenüber ka-news. Eigentlich führt Leis ein Antiquitätengeschäft in der Karlsruher Innenstadt, doch für die Bürgerwehr streift er auch gerne ein Kostüm über - wie in alten Zeiten.

"Traditionspflege ist für uns das oberste Gebot", erklärt der Antiquitätenhändler weiter, und gerade das macht für ihn die Faszination der Historischen Bürgerwehr aus. Die Kostüme aus der damaligen Zeit, das Ausüben der Gebräuche. Alles wird so präzise wie möglich gemacht, ob Dinge wie Schmuck, Koppelschlösser oder Sonnenschirme, alles wird weitestgehend dem Original nachgebildet. Auch die aufwändigen Kostüme werden genau den alten Formen und Mustern entsprechend gemacht, so dass sie möglichst authentisch erscheinen. Das fesselt den Karlsruher und zieht ihn in den Bann.

Die Wurzeln der Historischen Bürgerwehr liegen in der 1721 gegründeten Schützengesellschaft, die also nur wenige Jahre nach der Stadtgründung vom Markgrafen und Großherzog zum Schutz der Bürger genehmigt wurde. 1794 wurde eine zweite bürgerliche Gemeinschaft gegründet und diese beiden bildeten das bewaffnete Bürgerkorps. In einem Zeitalter vor Behörden wie Polizei oder Feuerwehr entstanden solche bürgerliche Organisationen, um die Städte vor Plünderungen, Feuer und anderem Unheil zu schützen.
Zu dieser Zeit durfte in Karlsruhe kein junger Bürger in das Bürgerbuch eingetragen werden wenn er sich nicht bei einer der "Bürgerkompanien" hatte einschreiben lassen - vorher wurden ihm auch kein Meisterbrief und keine Heiratserlaubnis erteilt. Glücklicherweise sind diese Zeiten vorbei - da muss auch der Ehrenkommandant schmunzeln.

Die öffentliche Unzufriedenheit mit den politischen Strukturen im Bund der deutschen Staaten drückte sich später in der deutschen Revolution von 1848 aus. Diese fing im Großherzogtum Baden an und griff innerhalb von wenigen Wochen auf die übrigen Staaten des Deutschen Bundes über.
Deswegen wurden in Baden Bürgerwehren verboten, jedoch nicht in Karlsruhe, wo die Bürgerwehr von 1848 bis 1849 die verschiedenen Einrichtungen der Stadt verteidigte, von Revolutionären verursachte Bränden löschte und somit die Stadt vor Anarchie und Plünderung bewahrte.

Freiwillige Wehren und die Polizei verdrängen Bürgerwehr
Bis etwa 1852 war die Bürgerwehr in der Fächerstadt dann noch aktiv, obwohl schon 1847 die erste Freiwillige Feuerwehr gegründet wurde. Das war in den restlichen Staaten des Deutschen Bundes erst in den 1850er Jahren der Fall. Zusätzlich formierte sich in den späten 1870er dann auch die Polizei im Kaiserreich. Das machte die Bürgerwehren vorerst überflüssig.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 wurde zum Schutz des öffentlichen Eigentums wieder eine freiwillige Bürgerwehr errichtet, mit einem Büro am Zirkel in Karlsruhe. 1930 wurde ein Landesverband der badischen Bürgerwehren als eingetragener Verein geschaffen - allerdings wurde mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs dieser wieder stillschweigend aufgelöst.

Neugründung im 20. Jahrhundert
Erst 1964 wurde wieder die Gründung einer Historischen Bürgerwehr Wirklichkeit, der heute über 100 Mitglieder zählt. Davon sind heute zirka 30 aktive Mitglieder, zusammen mit der Damengruppe, die 1978 dazu gekommen ist. Die Damen treten auf Veranstaltungen in authentisch gestalteten Kostümen aus der Biedermeierzeit auf.
"Alle Mitglieder sind sehr engagiert", erzählt Karl Leis. "Wir sind ein Verein, der auf alten Traditionen basiert, die für zukünftige Generationen bewahrt werden sollten. Unser Ziel ist es, die Leute zu bewegen, sich mit ihrer Geschichte zu befassen!"
Alle vier Wochen treffen sich die Mitglieder zum Stammtisch und im Sommer wird ein großes Fest veranstaltet. Das Durchschnittsalter des Vereins ist Mitte 50, "doch neue, junge Gesichter sind uns sehr willkommen", sagt Karl Leis lachend. 2021 wird die Historische Bürgerwehr 300 Jahre alt und wird mit der Schützengesellschaft 1721 gemeinsam dieses Jubiläum feiern.



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