Brasilien ist das fünftgrößte Land der Erde und hat über 210 Millionen Einwohner. Es verfügt über vielfältige Ressourcen und ein großes Potential für die künftige Entwicklung. Brasilien ist Deutschlands wichtigster Partner in Südamerika und Deutschland ist Brasiliens wichtigster Partner in Europa.

Partnerschaft zwischen dem Landkreis Karlsruhe und  Brusque

Seit 2011 besteht inzwischen eine Partnerschaft zwischen dem Landkreis Karlsruhe und der südbrasilianischen Stadt Brusque im Bundesstaat Santa Catarina. Bereits ein Jahr zuvor wurde eine Städtepartnerschaft zwischen der von deutschen Einwanderern gegründeten Stadt Guabiruba und der Gemeinde Karlsdorf-Neuthard ins Leben gerufen. Hier befindet sich der Sitz der Badisch-Südbrasilianischen Gesellschaft (BSG) mit Präsident Sven Weigt.

Partnerschaft Karlsruhe-Südbrasilien
Bild: Hans-Joachim Of

Der Bürgermeister der Gemeinde fungiert gleichzeitig als Honorarvertreter des Bundesstaates Santa Catarina. Zusammen mit den weiteren Bundesstaaten Parana und Rio Grande do Sul haben sich gerade in Südbrasilien durch badische Einwanderer bis heute deutsche Sprache, Kultur und Traditionen sowie persönliche Kontakte erhalten.

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Hans-Joachim Of sprach mit dem Karlsruher Landrat Christoph Schnaudigel und mit Sven Weigt über die Anfänge der Partnerschaft, über Idee und Ziele dieser Verbindung.

Seit wann besteht eine Partnerschaft mit dem Landkreis Karlsruhe und der südbrasilianischen Stadt Brusque? Was war der Grundgedanke, wer gab den Anstoß?

Schnaudigel: Die Partnerschaft zwischen dem Landkreis Karlsruhe und der Stadt Brusque besteht seit Mai 2011, nachdem die Stadt Brusque eine offizielle Anfrage dazu stellte und der Kreistag diesem Vorhaben zustimmte. Die Partnerschaft wurde in einer gemeinsamen Erklärung zum Aufbau und zur Pflege freundschaftlicher Beziehungen durch den damaligen Bürgermeister von Brusque, Paulo Roberto Eccel und mir als Landrat, festgehalten.

Partnerschaft Karlsruhe-Südbrasilien
Bild: Hans-Joachim Of

Hintergrund dieser historisch wie kulturell besonderer kommunaler Freundschaftsbeziehung ist die Auswanderung vieler badischer Familien aus dem heutigen Gebiet des Landkreises Karlsruhe nach Südbrasilien Mitte des 19. Jahrhunderts. Die alten Traditionen und die Verbindung zu den deutschen Wurzeln werden von den dort ansässigen Familien bis zum heutigen Tag aufrechterhalten. Viele Auswandererfamilien halten Kontakte unter anderem nach Karlsdorf-Neuthard, Hambrücken, Graben-Neudorf und Waghäusel.

Was wurde in diesen Jahren in Sachen Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft, Politik erreicht? Was waren für Sie die Highlights bisher?

Schnaudigel: Wesentliche Säulen der bisherigen Kontakte zwischen dem Landkreis Karlsruhe und der Stadt Brusque sind der Erfahrungsaustausch der Verwaltungen und der seit 2012 regelmäßige Jugendaustausch mit Schülern der beruflichen Gymnasien in Bruchsal und Bretten. Die Intention der Austausche ist es, den Jugendlichen die gemeinsame Vergangenheit beider Länder bewusst zu machen sowie die deutsche Sprache in der brasilianischen Region zu fördern.

Partnerschaft Karlsruhe-Südbrasilien
Bild: Hans-Joachim Of

Die Schüler leben während ihres Austausches in den Familien der Austauschpartner und bekommen so durch eigene Anschauung einen Eindruck über die jeweiligen Lebensgewohnheiten, kulturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Später wurden aus dem Landkreis Karlsruhe und der Stadt Brusque im Jahr 2015 auch Klimapartner mit gemeinsamen Klimazielen.

Zuvor haben sich beide Partner darauf verständigt, eine Kooperationsurkunde zu unterzeichnen, in denen weitere Kooperationsfelder im Bereich Umwelt und Wirtschaft benannt werden - darunter auch die Teilnahme am internationalen, staatlich geförderten Klimaschutzprojekt des Bundesministeriums für Entwicklung und Zusammenarbeit 50 Klimapartnerschaften bis 2015. Ziel der Zusammenarbeit im Projekt Klimapartnerschaft ist die gemeinsame Erarbeitung klima- und umweltschutzrelevanter Projekte und deren mittelfristige und nachhaltige Umsetzung. Die gemeinsamen Anstrengungen führten schließlich zum Erfolg.

Partnerschaft Karlsruhe-Südbrasilien
Bild: Hans-Joachim Of

2020 wurden der Landkreis und die Stadt Brusque zu Sustainable Regions erklärt und mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. Außerdem fanden in Bad Schönborn und in Brusque 2019 und im Februar 2020 zwei SDG Konferenzen statt, bei denen die Themen der 17 Nachhaltigkeitsziele der UN bearbeitet und so Grundlagen für weitere Projekte geschaffen wurden. Corona hat weltweit vieles lahmgelegt. Geplante Aktivitäten konnten nicht wie gedacht durchgeführt werden.

Wie ist der Stand der Dinge, wie verlief der Austausch in den vergangenen zwei Jahren?

Schnaudigel: Der Austausch wurde in den vergangenen zwei Jahren in digitale Plattformen und Formate verlegt - zum Beispiel durch Videokonferenzen. Auch so konnten die politischen und persönlichen Beziehungen weiter aufrechterhalten, gepflegt und intensiviert werden. Stichwort Klimapartnerschaft.

Was wurde bislang erreicht? Wie sind die mittel- und langfristigen Ziele definiert?

Schnaudigel: Durch die Partnerschaft mit Brusque lernte der Landkreis die 17 Nachhaltigkeitsziele der UN in Brasilien frühzeitig intensiv kennen, bevor diese auch in Deutschland sichtbar wurden. Das sensibilisierte den Landkreis mit seiner EnergieAgentur früh für diese Ziele.

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Im Bereich der Energiewende wurden so bereits erfolgreiche Projekte auf beiden Seiten erarbeitet und umgesetzt - darunter unter anderem ein Solarkataster. Zudem ist der Landkreis im Austausch mit Studenten der UNIFEBE und der Hochschule KIT in Karlsruhe zu konkreten Projekten und Studentenarbeiten bezüglich der Mobilitätswende. Langfristig ist das gemeinsame Ziel, einen intensiven Austausch zwischen Schülerinnen und Schülern, Studentinnen und Studenten, Firmen, der Politik und der Bevölkerung weiter auszubauen, konkrete Projekte gemeinsam zu entwickeln und umzusetzen.

Vor wenigen Tagen ging im pfälzischen Ramstein ein Meeting der Brasilienfreunde Baden-Hunsrück-Pfalz-Saarland über die Bühne und hat nach Meinung aller Beteiligten gute Ergebnisse auf vielen Ebenen gebracht. Das nächste Treffen soll auf badischer Seite stattfinden. Was versprechen Sie sich von einem solchen Treffen?

Schnaudigel: Der Fokus bei einem solchen Treffen liegt auf dem gegenseitigen Austausch, der Verständigung und weiteren Schritten beim Umwelt- und Klimaschutz. Dabei soll neben bereits erzielten Erfolgen das Augenmerk auf die Zukunft gelegt werden: Der Klimaschutz als weltweites Problem, die Aufgaben der Energiewende und des Ressourcenschutzes. Der Landkreis sieht eine große Chance darin, von anderen Ideen und Projekten zu lernen und die positiven Ergebnisse weiter auszubauen.

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Bild: Hans-Joachim Of

Wie erlebten Sie Ihre Begegnungen mit den Südbrasilianern und speziell mit den Nachfahren deutscher Auswanderer?

Schnaudigel: Es ist erstaunlich, dass die ausgewanderten Familien einige Traditionen in der Ferne bewahrt haben. Bei den Begegnungen konnte man feststellen, dass zum Beispiel Namen oder Ausdrucksweisen, die in Baden schon aus dem Sprachgebrauch verschwunden sind, in Südbrasilien weiter benutzt werden. Zudem erleben die Vertreter des Landkreises immer wieder eine große Gastfreundschaft und Herzlichkeit.

Wie war der Ursprung der Partnerschaft zwischen der Gemeinde Karlsdorf-Neuthard und Guabiruba in Santa Catarina? Wer gab den Anstoß?

Weigt: Bereits 2007 wurde im Ort die Badisch-Südbrasilianische Gesellschaft BSG gegründet mit der Zielsetzung, die teilweise schon jahrzehntelangen direkten und fruchtbaren Beziehungen nordbadischer Heimatvereine mit Nachkommen badischer Einwanderer zu koordinieren.

Partnerschaft Karlsruhe-Südbrasilien
Bild: Hans-Joachim Of

Durch beiderseitige, besonders intensive, Kontakte wurde im November 2010 eine offizielle Gemeindepartnerschaft zwischen Karlsdorf-Neuthard und Guabiruba begründet. Durch die Verbindung der Kommunen ergeben sich völlig neue Handlungsoptionen.

Den Anstoß zur Partnerschaft hatte mein Amtsvorgänger und Honorarvertreter von Santa Catarina, Egon Klefenz, Gründungspräsident der Badisch-Südbrasilianischen Gesellschaft, gegeben. Er überführte die Freundschaft in eine formale Partnerschaft.

Was waren die Highlights in der seit nun 12 Jahre andauernden Partnerschaft?

Weigt: Ein großer Höhepunkt waren die Feierlichkeiten 150 Jahre Auswanderung nach Brasilien im Jahre 2010, als ich selbst erstmals im Land war und erleben durfte, wie herzlich die Menschen auf uns zukamen. Ein zweites, emotionales Erlebnis war der Besuch eines Friedhofs in der Stadt Brusque mit vielen Gräbern auf denen deutsche Namen stehen. Und dann treffe ich dort, über 10.000 Kilometer von der Heimat entfernt, einen Herrn Schlindwein, der mit mir Badisch spricht.

Auch die 200-Jahr-Feier von Karlsdorf im Jahre 2020, als 200 Brasilianer zwei Wochen lang bei uns zu Gast waren bleibt ein unvergessliches Erlebnis mit zahlreichen Gänsehautmomenten Durch die Pandemie waren in den vergangenen zwei Jahren sicher viele, fest geplante Dinge nicht möglich.

Wie ist der Stand, was wird als nächstes Ziel angegangen?

Weigt: Wir hatten das Glück, dass wir uns im Rahmen der internationalen Klimapartnerschaft mit unserer Partnergemeinde per Videokonferenz weiter intensiv austauschen konnten. Demnächst kommt eine Delegation mit dem früheren Bürgermeister Matias Kohler aus Guabiruba an der Spitze, wieder nach Karlsdorf-Neuthard.

Partnerschaft Karlsruhe-Südbrasilien
Bild: Hans-Joachim Of

Auch ACIC-Präsident Valdir Riffel wird uns in den nächsten Wochen besuchen. Wir haben eine Einladung für Juni nach Südbrasilien. Es geht jetzt langsam wieder los mit den gegenseitigen Besuchen.

Was versprechen Sie sich von dem in Ramstein abgehaltenen Treffen der Brasilienfreunde aus drei deutschen Bundesländern, bei dem Sie selbst, sowie Landtagsabgeordneter Ulli Hockenberger aus Bruchsal dabei waren und einen Arbeitskreis leiteten?

Weigt: Sehr viel, denn wir müssen in vielen Themenbereichen größer denken. Es geht um Dinge wie wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit sowie Auswanderungsforschung mit der weiteren Vernetzung des süddeutschen Raumes. Es bleibt spannend und sehr interessant.

Alle Bilder zum Brasilianischen-Deutschen Treffen: