Nachdem Löhr über 30 Jahre lang seine Patienten geheilt und betreut hat, will er nun in Stuttgart präventiv tätig werden, denn, so seine These, alle Parteien reagieren nur auf gerade anstehende Probleme. Statt später Krankheiten zu heilen, so lehre ihn seine medizinische Erfahrung, sei es billiger und weniger schmerzhaft, vorbeugend tätig zu werden. Das allerdings erfordere Voraussicht und Disziplin. Zur Illustration zitiert er ein bekanntes Beispiel: Würden in Deutschland alle Stand-by Geräte richtig abgeschaltet statt im Schlummerbetrieb zu verharren, würden zwei Atomkraftwerke weniger zur Diskussion stehen.
Der Umwelt- und Tierschutz ist für Löhr sowieso eines der wichtigsten Anliegen. Als Teilzeit-Forstwirt und Jäger hat 61-Jährige eine enge Beziehung zur Natur. Der im Schwarzwald aufgewachsene Löhr äußert sich deshalb auch nur kopfschüttelnd über die Massentierhaltung, die wegen der Vogelgrippe im Moment wieder in der Diskussion ist. Die Gefahren der Massentierhaltung seien bekannt, genauso wie der Fakt, dass die Qualität darunter leide. Hier mahnt Löhr einen Bewusstseinswechsel der Konsumenten an, denn sie hätten es mit ihrem Verhalten in der Hand, wie welche Lebensmittel produziert werden.
In einer kleinen Partei etwas bewegen
Der Mittelstand schafft die Wertschöpfung im Land (Archivfoto: pr) |
Löhr ist ein begeisterter Anhänger des Mittelstandes. Nur hier würden die Unternehmen noch wirklich unternehmerisch geführt. Im Mittelstand würde Leistung noch belohnt, was nicht nur dem Unternehmer diene, sondern auch den Angestellten gegenüber sozial sei, da sie für ihre Arbeit mehr Geld bekämen. Auch im Land sieht er die Tendenz zur Förderung des Mittelstandes als richtigen Schritt an. Dreiviertel der Wertschöpfung im Lande würden schließlich in kleinen und mittleren Unternehmen erarbeitet.
Um diese Tendenz zu fördern, schlägt Löhr eine Starthilfe für Existenzgründer vor, denn Baden-Württemberg sei ein Land voller "Cleverle". Problematisch sei aber die Gründungsphase eines Unternehmens, in dem Kredite bedient werden müssen, das Geschäft aber gerade erst in Gang komme und nur wenig Geld abwerfe. Hier kann seiner Meinung nach das Land mit sicheren und günstigen Krediten viel dazu beitragen, Jungunternehmern das Leben zu erleichtern, damit diese später potente Arbeitgeber werden. Motto: Mittelstand fördern, aber nicht verhätscheln.
In der FDP sieht er sich richtig aufgehoben, denn eine kleine Partei sei einfacher zu steuern, so Löhr. Außerdem will er "lieber kleine Gruppen überzeugen" als große Massen zu beschallen und nur auf Gehör zu hoffen. In der FDP hofft er, Dinge bewegen zu können, die seiner Auffassung nach in großen Parteien allein aufgrund der Masse nicht möglich wären. Außerdem verfolgte Löhr seine Familie zurück bis zu einem liberalen Revolutionär von 1848, womit er schon aus Traditionsliebe zur FDP gehört.
Integration ist eine Aufgabe für die ganze Gesellschaft
Onaran setzt sich für bessere Integration ein (Archivfoto: ka-news) |
Die 20-jährige Studentin der Volkswirtschaften Onaran will in Stuttgart vor allem den jungen Menschen Gehör verschaffen. "Alte und Junge können viel voneinander lernen", ist sie überzeugt. Ihre Schwerpunkte sieht die "Deutsche mit türkischen Wurzeln" vor allem in der Bildungs- und Familienpolitik sowie bei der Integration von Ausländern. Für die FDP hat Onaran sich entschieden, weil sie ein weltoffenes, tolerantes Karlsruhe will. Dementsprechend will sie sich auch dafür einsetzen, dass der umstrittene Fragebogen für Immigranten in Karlsruhe nicht zur Anwendung kommt.
Diesen sieht sie als kontraproduktiv an, da damit gerade integrationswilligen Ausländern der letzte Schritt, nämlich die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft, unnötig erschwert werde. Zwar sei die Intention, Terroristen herauszufiltern, verständlich, doch in der geplanten Form sei der Fragebogen schlichtweg ungeeignet, dies zu leisten. Nur in individuellen Gesprächen mit den einbürgerungswilligen Ausländern hätten man Chancen, ihre Motivation in Erfahrung zu bringen.
In der Bildungspolitik will Onaran sich vor allem für die Chancengleichheit einsetzen. Die Bildung und Ausbildung, gerade der in Deutschland geborenen Immigrantenkinder, sei ein wichtiger Schlüssel zur Integration in die Gesellschaft, so Onaran. Dabei müsse bereits in den Kindergärten begonnen werden, wie etwa gezielte Förderung und Nachhilfe in kleinen Gruppen. Allerdings gibt Onaran zu: "Die Politik kann nur die Rahmenbedingungen schaffen. Integration ist eine Querschnittsaufgabe, zu deren Gelingen die gesamte Gesellschaft, also auch die betroffenen Immigranten beitragen müssen." So müsse den Eltern verdeutlicht werden, wie wichtig es für die Kinder sei, zu Hause und nicht nur in der Schule deutsch zu reden. Denn nur mit der beiderseitigen Bereitschaft, einerseits Hilfe zur Integration zu leisten, andererseits diese Hilfe anzunehmen, könne es gelingen mehr, Chancengleichheit bei der Bildung und damit auch auf dem Arbeitsmarkt herzustellen.
Mehr Ganztagesbetreuung für das Land
Die FDP will mehr Ganztagesbetreuung an den Schulen (Foto: ka-news) |
Aber besonders, was die Vorbereitung auf die Zeit nach der Schule angeht erinnert sich Onaran sei in der Schule wenig geleistet worden. Das unterscheide sich sicherlich von Schule zu Schule, doch habe sie den Eindruck, als würden Schüler generell zu wenig darüber informiert, was sie mit ihrem Schulabschluss anfangen könne. Sie habe, erzählt Onaran, in der Schule wenig darüber erfahren, welche Studiengänge oder Berufe ihr offen stehen und wie sie sich darauf bewerben müsse. Hier täte Aufklärung not.
Sowohl Onaran als auch Löhr wollen sich für eine bessere Kinderbetreuung gerade bei Kleinkindern einsetzen. Beide stimmen darin überein, dass gerade dieser Mangel an Ganztagesbetreuung für die geringen Geburtenraten verantwortlich sei. Allerdings könne damit die Entwicklung nur abgemildert, aber nicht aufgehalten werden. "Für eine Trendwende müsste man die Anti-Baby-Pille verbieten", scherzt Löhr.