(ram/de)

Unter den Kunden der VBK herrscht nach dem schweren Unfall am Festplatz vor zwei Wochen sowie zwei leichteren auf der Linie 1 und der Linie 3am vergangenen Donnerstag Verunsicherung. Auch die ka-news-Leser haben sich in den beiden zurückliegenden Wochen in zahlreichen Nutzer-Kommentaren geäußert.

Dabei wurde immer auch wieder Kritik laut. So ist verschiedentlich beispielsweise von überforderten Fahrern die Rede. Offenbar haben sich auch Mitarbeiter der VBK zu Wort gemeldet und teilweise die Kritik bestätigt. ka-news hat VBK-Betriebsleiter Siegfried Lorenz um eine Stellungnahme zum Unfallgeschehen und zur Kritik gebeten.

ka-news: Wie ist der aktuelle Stand der Ermittlungen zum Unfallhergang beziehungsweise nach den Ursachen?
Siegfried Lorenz: Der Unfallhergang ist inzwischen, gestützt durch eine schriftliche Mitteilung der Fahrerin, wie folgt: Der Unfallzug fuhr auf einen in 80 Meter Entfernung vor der Haltestelle "LBS" stehenden Zug auf, welcher etwa 75 Meter vor dem Kollisionspunkt zu erkennen war. Die Aussagen der Fahrerin stimmen mit der Auswertung des KWR-Gerätes (Fahrtenschreiber) überein. Die Ursache ist mit hoher Wahrscheinlichkeit menschliches Versehen.

Strassenbahn Unfaelle

ka-news: Die Polizei hat am Donnerstag nicht ausgeschlossen, dass die tiefstehende Sonne den Fahrer geblendet hat. Hätte ein Abstandswarner den Auffahrunfall verhindern können?
Lorenz: Abstandswarner, wie sie bei Lkw derzeit in Erprobung sind, sind bei Schienenfahrzeugen nicht verfügbar. Nach der Rechtsverordnung BOStrab (Bau- und Betriebsordnung für Straßenbahnen) wird – wie auch im Straßenverkehr – auf Sicht gefahren. Nur wenn die Sicht nicht vorhanden ist, beispielsweise durch Bauwerke versperrt, werden Zugsicherungsanlagen eingebaut, welche ein Einfahren in den besetzten Abschnitt verhindern. Die Übersicht war aber an dieser Stelle vorhanden.

ka-news: Was halten Sie von der Forderung für eine Gurtpflicht in Bussen und Bahnen, wie sie für Reisebusse seit 2008 besteht?
Lorenz: Linienverkehre sind gesetzlich besonders geregelt. Die Gurte sind hierbei nicht praktikabel und daher nicht vorgesehen.

ka-news: Sehen Sie an anderer Stelle Möglichkeiten oder gar die Notwendigkeit für technische Nachbesserungen?
Lorenz: Die Untersuchungskommission wird demnächst erste Maßnahmen vorschlagen.

ka-news: Die Technik ist das eine, der Faktor Mensch das andere.

Sind Ihre Fahrer beispielsweise durch "ehrgeizige" Fahrpläne, dichte Taktungen und – fast unvermeidliche – Kundenanfragen während der Fahrt überfordert? ka-news-Nutzer, die offenbar Mitarbeiter der VBK sind, haben sich entsprechend geäußert.
Lorenz: Wir halten selbstverständlich alle gesetztlichen Bestimmungen bei der Gestaltung der Dienstpläne ein und versuchen auch mit technischen Hilfsmitteln unsere gut ausgebildeten Fahrer zu entlasten.

ka-news: Wie ist die Stimmung unter Ihren Mitarbeitern? Den Lesekommentaren von VBK-Mitarbeitern bei ka-news zufolge nicht allzu gut, oder?
Lorenz: Unsere Mitarbeiter haben die beiden Unfälle sehr betroffen gestimmt. Sie zeigen große Anteilnahme an dem Schicksal ihrer Kollegen und unserer Fahrgäste. Zu einem kürzlich durchgeführten Fahrerdialog mit der eingerichteten Untersuchungskommission kamen etwa 100 Fahrer und haben ihre Anregungen in einer konkreten, sachlichen Atmosphäre vorgetragen.

ka-news: Ein ka-news-Nutzer, offenbar selbst Fahrer, postete folgenden Kommentar: "Wer Verspätung hat, muss oft auch noch in seiner Freizeit schriftliche Stellungnahmen verfassen – z. B. weil er mal zwei Minuten in einer Vier-Stunden-Runde auf Toilette musste (wird hier nicht schon die Menschenwürde verletzt?)." Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?
Lorenz: Dieser Vorfall ist uns nicht bekannt. Selbstverständlich kann die Toilette aufgesucht werden ohne Rechtfertigungszwang.

ka-news: In den Tagen vor dem jüngsten Unfall häuften sich Berichte und Gerüchte über vermehrte Störungen und Zwischenfälle technischer Art. Uns gegenüber wurde gar über schadhafte Weichen spekuliert. Können Sie diese angebliche Häufung bestätigen?
Lorenz: Tatsächlich traten witterungsbedingt vermehrte Störungen an Weichen auf, beispielsweise auch durch Eintrag von Streumaterial in die Weichen.

Anmerkung der Redaktion: Das Interview wurde aus Termingründen per E-Mail geführt.

(Interview: Ramona Deeg und Denis Elbl)

 
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