Vorweg eine Frage: Wie sollen wir Sie ansprechen - Herr Kruscht oder Herr Böhm?
Das ist mir gleich. Mir ist wichtig, dass auf den Wahlzetteln Herr Kruscht steht. Unter dem Namen bin ich in der Südstadt bekannt. Wenn da steht "Böhm, Entrümpler", dann denken viele: nanu, wer ist denn das? Wenn bei der letzten Kommunalwahl schon "Kruscht" auf dem Wahlzettel gestanden hätte, hätte ich mehr Stimmen bekommen.

Okay, Herr Kruscht. Sie kandidieren als Oberbürgermeister für Karlsruhe. Warum?
Ich habe im Internet nach einem Job gesucht und gesehen, dass die Verkehrsbetriebe Schaffner suchen. Schaffner will ich aber nicht werden, weil ich was gegen die U-Bahn habe, aber auf der selben Seite stand auch die Stellenausschreibung für den "Oberbürgermeister".

Weil Sie keine Lust hatten, Schaffner zu werden, wollen Sie nun Oberbürgermeister werden?
Nein, nicht deswegen. Ich lebe seit meinem 17. Lebensjahr eigenständig in der Südstadt. Aufgewachsen bin ich bei meinen Großeltern in Eggenstein, die mir trotz der wenigen Rente eine schöne Jugend ermöglicht haben. Sie sind inzwischen tot, aber ich denke noch sehr oft an sie. Ich bin authentisch. Wenn ich es schaffe, Oberbürgermeister zu werden, dann hat Karlsruhe einen authentischen Oberbürgermeister.

Herr Kruscht, sind Sie authentischer als die anderen Kandidaten?
Ja. Auch wenn es mir viele vielleicht nicht zugetraut haben, habe ich es geschafft, innerhalb von 14 Tagen alle erforderliche Unterlagen für die OB-Bewerbung und 253 Unterschriften zusammenzubekommen. Ich will damit den Leuten zeigen, jeder kann es schaffen, wenn er die Behörden schafft. Wenn man wirklich will, dann schafft man alles. Meine Vita  und meinen Weg zum OB-Kandidat werde ich auch in einem Buch aufschreiben. Es soll den Titel "Wahlkrampf" bekommen. Es soll aufzeigen, wie man es als einfacher Trödler schaffen kann, OB-Kandidat zu werden. Das ist doch authentisch.

Authentisch ist die eine Sache - die Wähler erwarten von einem Oberbürgermeister, dass er auch etwas für die Stadt tut. Was wäre Ihre erste Amtshandlung?
Als erstes baue ich das Rathaus auf den Werderplatz. Die Südstadt ist die Zentrale, ich möchte die Stadt von hier aus regieren, als Bezirksbürgermeiser der Südstadt. Das jetzige Rathaus könnte man zur Kindertagesstätte umbauen. Die Südstadt könnte eine unabhängige Stadt werden und sich von Karlsruhe freikaufen. Sagen wir für zehn Millionen Euro, die könnte man als Spenden einsammeln.

Ihre erste Amtshandlung als Oberbürgermeister von Karlsruhe wäre also Karlsruhe aufzulösen und dann Bürgermeister der Südstadt zu werden?
Fakt ist, dass die Innenstadt stirbt. Die Südstadt ist lebendig. Karlsruhe muss wie eine Firma geführt werden. Bei wichtigen Entscheidungen müssten die Bürger gefragt werden. Die Schweiz ist da ein gutes Vorbild. Trotzdem braucht eine Firma natürlich einen Chef, der sagt, wo es langgeht. Das wäre ich.

Als Oberbürgermeister würde ich zuerst die Kombilösung stoppen. Das Problem in Karlsruhe ist, dass man immer alles schneller, höher, weiter will, es aber nicht bezahlen kann. Als Oberbürgermeister würde ich darum Schulden abbauen. Ich würde den Handel stärken, vor allem die kleinen Läden. Die Neue Messe würde ich für einen symbolischen Euro verkaufen, weil sie viel mehr kostet als sie einbringt. Außerdem würde ich die Bürokratie abbauen und Hotlines abschaffen. Das Wahlalter sollte auf 16 Jahre gesenkt werden.

Wo würden Sie sparen?
Ich hätte beispielsweise die Majolika nicht gerettet, weil keiner mehr Majolika-Produkte will. Außerdem bin ich gegen den Bau eines neuen KSC-Stadions. Und ob ein Neubau für das Staatstheater Sinn macht, das weiß ich nicht. Ich würde aber in zeitgemäße Kultur investieren, in gescheite Bildung und bessere Schulen.

Noch mal zurück zu Ihren Südstadtplänen: Warum sollte denn jemand aus den anderen Stadtteilen Sie wählen, wenn Ihre erste Amtshandlung die Abspaltung der Südstadt vom restlichen Karlsruhe ist?
Die anderen Stadtteile könnten sich auch freikaufen. Da müsste man dann gucken: Wie viele Einnahmen hat der Stadtteil und wie viele Ausgaben, und dann könnten die anderen Stadtteile sich auch freikaufen.

Bei der Oberbürgermeisterwahl im Dezember gelten Sie eher als Außenseiter. Realistisch betrachtet: Wie beurteilen Sie Ihre Wahlchancen?
Viele in der Südstadt werden mich wählen. Ich glaube, meine Chancen sind gut.

Ein zweistelliges Ergebnis?
Auf jeden Fall zweistellig! Zehn Prozent sind drin.

Wenn am 2. Dezember keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht, wird es am 16. Dezember eine weitere Wahl geben. Werden Sie bei dieser wieder antreten?
Mir ist es ernst mit meiner Kandidatur, natürlich trete ich auch bei der zweiten Wahl weiter an.

Letzte Frage, Herr Kruscht: Öffentlich sieht man Sie vor allem mit Zylinder und mit diesem silber-schwarzen Koffer. Warum der Zylinder - und was ist in dem Koffer?
In dem Koffer trage ich alles mit mir rum, was ich für den Tag brauche. Kamera, meinen Ausweis, meinen Gesellenbrief. Wegen dem Zylinder: Ich wäre gerne 30 oder 40 Jahre früher auf die Welt gekommen, wo man noch ganz selbstverständlich eine Kopfbedeckung getragen hat. Daher der Zylinder. Er ist mein Markenzeichen.

Weitere Infos unter www.alles-kruscht.de

Fragen: Felix Neubüser und Moritz Damm

Immer noch unsicher, wen Sie am 2. Dezember wählen möchten? Hier geht es zu unserer Themenwoche zur OB-Wahl in Karlsruhe. Wie sich die Kandidaten beim ka-news Schlagabtausch in der Stadthalle geschlagen haben, können Sie hier nachlesen und im Video noch einmal nacherleben.

Die gesamte Berichterstattung zur Oberbürgermeisterwahl in Karlsruhe haben wir hier für Sie zusammengefasst.

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