(mda)

"Es ist nicht in Ordnung, dass jetzt so getan wird, als habe es keine Absprachen mit dem KSC gegeben", bemängelte Professor Rainer Stiefelhagen, Projektleiter am KIT, gegenüber ka-news. "Wir haben kein Interesse daran, etwas heimlich zu tun", so der Wissenschaftler. Die Tests seien in Absprache mit dem KSC geplant worden. Die aktuellen Reaktionen des Vereins seien daher "befremdlich".

War der KSC informiert?

KSC-Präsident Ingo Wellenreuther erklärte indes gegenüber ka-news, dass das KIT den Verein vor etlichen Wochen über die Überwachungs-Pläne sporadisch informiert habe. Allerdings habe er eindeutig klar gestellt, dass erst wenn alle kritischen Fragen zu dem Projekt im Vorfeld geklärt seien, er darüber entscheiden werde, ob er das Projekt genehmige. Die Projektverantwortlichen des KIT hätten zwischenzeitlich wohl mit einem anderen Präsidiumsmitglied Rücksprache gehalten und daraus gefolgert, dass das Projekt genehmigt sei. Dies sei aber zu keinem Zeitpunkt der Fall gewesen, betonte Wellenreuther.

Die Forscher hätten daher ohne Genehmigung in der vergangenen Woche damit begonnen, die Kameras im Stadion zu installieren. Als die Arbeiten bemerkt wurden,  war der Verein überrascht. "Für uns war klar, dass machen wir nicht. Ich habe den Test umgehend stoppen lassen", so Wellenreuther im ka-news-Gespräch. Der Verein werde nach Auffassung Wellenreuthers wohl auch künftig keine Genehmigung für das Projekt erteilen.

Was ist das Ziel der Tests?

Der Datenschutzbeauftragte für Baden-Württemberg, Jörg Klingbeil, sagte gegenüber ka-news: "Ich sehe für einen Einsatz dieser Technik in Deutschland auf den ersten Blick keine Rechtsgrundlage." Klingbeil warte derzeit auf eine Stellungnahme des KIT, um sich ein umfassendes Bild von der Sachlage zu machen. Erst dann könne er ein abschließendes Urteil bilden.

"Zum jetzigen Zeitpunkt sind noch sehr viele Fragen offen", so Klingbeil. Klar sei, dass Fans nicht für Testzwecke gefilmt werden dürften, ohne im Vorfeld ausreichend darüber informiert zu werden. Auch sei wichtig zu wissen, wer später auf die erhobenen Daten zurückgreife. Und woher stammen künftig die biometrischen Daten mit denen die Gesichter der gefilmten Fans abgeglichen werden, fragt der Datenschützer. Des Weiteren müsse geklärt werden, welches Ziel mit der Technik verfolgt und wo genau sie später angewendet werden soll. Zudem hätte im Vorfeld eine Überprüfung des Projekts durch den Datenschutzbeauftragten stattfinden müssen.

Sicherheitsdienst stellt Technik und Testpersonen

Der Test sei im Vorfeld von einer Anwaltskanzlei aus datenschutzrechtlicher Sicht überprüft worden, erklärte KIT-Forscher Stiefelhagen. Das von Anwälten erstellte Rechtsgutachten habe keine Bedenken offen gelegt, sagte er. Allerdings habe eine notwendige Vorab-Prüfung durch den Landesdatenschutzbeauftragten nicht stattgefunden. Das Gutachten habe darauf aber nicht hingewiesen. "Das ist ein Mangel das Gutachtens", so Stiefelhagen. Derzeit stehe er in enger Absprache mit dem Datenschutzbeauftragen des Landes. Warum wurden die Tests nicht am KIT durchgeführt? "Wir wollten die Technik unter realistischen Bedingungen testen", so Stiefelhagen. Ein Test mit 200 Studenten in der Mensa sei nicht das Gleiche und würde die Ergebnisse verfälschen.

Die Daten hätten nur im Eingangsbereich und im Aufgang des Gästeblocks erhoben werden sollen, erklärte der Professor. Das Filmmaterial sollte gespeichert und ausschließlich für Forschungszwecke verwendet und von Forschern des KIT ausgewertet werden, betonte er. Nach Ende der Forschungsarbeit wären die Daten umgehend gelöscht worden. Beim Praxistest sollten Mitarbeiter von der b.i.g. Gebäude Service GmbH, die im Wildpark als Dienstleister für die Sicherheit zuständig sind, als Testpersonen dienen und von der Software in der Menschenmasse erkannt werden. Der Sicherheitsdienst habe nur die Kamera-Technik und die Testpersonen zur Verfügung gestellt. Das private Sicherheitsunternehmen hätte keinen Zugriff auf die erhobenen Daten gehabt, versicherte Stiefelhagen.

Auch b.i.g.-Geschäftsführer Achim Wolf bestätigte auf ka-news-Anfrage, dass der Sicherheitsdienst weder an der Datenerhebung noch an der Datensammlung beteiligt gewesen wäre. Die Beteiligung der b.i.g.Gruppe als Projektpartner hätte einzig darin bestanden, Technik und Testpersonen zur Verfügung zu stellen. Die Polizei Karlsruhe erklärte zudem auf ka-news-Anfrage, dass sie in die Planungen der Test nicht mit einbezogen war.

Vermutlich auch künftig keine Tests im Wildpark

Beim DFB-Pokal-Spiel am Sonntag wollten Wissenschaftler des KIT eine neue Überwachungs-Technik  zur automatischen Gesichtserkennung testen. Durch die neue Software könnten nach Auffassung des KIT als gewaltbereit bekannte Fußballfans schon am Stadioneingang abgefangen werden. Das würde die Stadionsicherheit deutlich erhöhen, so die Meinung der Forscher. Bei der so genannten "Parallelen Gesichtserkennung in Videoströmen", kurz: PaGeVi, sollen Videobilder binnen sehr kurzer Zeit von einem Computer analysiert und auf bekannte Muster hin durchsucht werden. Dies ist bei Bewegtbildern deutlich aufwendiger als bei einem Foto, da die Erkennung in Echtzeit ablaufen muss.

Für die Tests wollten die Wissenschaftler ab dem 31. Juli bei drei Heimspielen des KSC im Wildparkstadion Daten aufnehmen. Aufgrund heftiger Protesten von Fans, Politikern und Datenschützern wurde der Test kurzfristig abgesagt.Am Dienstag soll es ein Gespräch zwischen dem KIT, der Polizei, dem Verein, Fan-Vertretern und dem Sicherheitsdienst geben. Aufgrund des heftigen Widerstands, werde man nun möglicherweise darauf verzichten, die Tests im Wildparkstadion durchzuführen, sagte Stiefelhagen.

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