(ps)
Als großen Erfolg einer "beharrlichen SPD-Politik der letzten Wochen und Monate" wertet Fraktionsvorsitzende Doris Baitinger den Abschied des Karlsruher Oberbürgermeisters Heinz Fenrich von der Nordtangente. Damit entspäche er sowohl einer gleichlautenden Forderung im SPD-Wahlprogramm für die Kommunalwahl am 7. Juni als auch jüngsten Vorstößen der SPD-Gemeinderatsfraktion, der SPD-Hagsfeld sowie des SPD-Landtagsabgeordneten Johannes Stober.

Mit seiner Kehrtwende, so die Fraktionsvorsitzende, mache der Oberbürgermeister auch den Weg für eine baldige Entlastung Hagsfelds frei, den die SPD in den vergangenen Wochen und zuletzt am Montag auf einer Veranstaltung in Hagsfeld aufgezeigt habe: Eine Umgehung Hagsfelds durch den Bau einer kommunalen Straße vom Elfmorgenbruch bis zur Haid- und Neu-Straße beziehungsweise bis zur Theodor-Heuss-Allee. Die SPD-Fraktion hoffe jetzt, so Baitinger, dass die CDU im Gemeinderat den Weg von SPD und OB mitgehe. Außerdem erwarte die SPD jetzt von der Stadt, schnell mit dem Land in Verhandlungen einzutreten, um entsprechende Förderzusagen zu erreichen.

CDU sieht nach wie vor gesamte Nordtangente als effektivere Maßnahme

Nach Ansicht der CDU-Fraktion bleibt die Nordtangente die einzige und beste Möglichkeit, um alle Entwicklungspotenziale für Karlsruhe auszuschöpfen, der Wirtschaft verbesserte Standortbedingungen zu bieten und die Bürger in den betroffenen Stadtteilen von starkem Verkehr zu entlasten. Dafür ist nach Meinung der CDU eine konkrete Beplanung des Mittelteils der Nordtangente durch die Stadt Karlsruhe unabdingbar. Um die Mittel für den planfestgestellten Teil freizusetzen, müsse die Stadtverwaltung daher aufgefordert werden, für die Trasse zwischen Theodor-Heuss-Allee und Linkenheimer Landstraße in der so genannten „Hängebauchvariante“ verbindliche Pläne vorzulegen. Vor diesem Hintergrund hält die CDU-Fraktion die aktuellen Bestrebungen der Fraktionen von SPD, Grünen und KAL, die auf einen Verzicht der Nordtangente zielen, für "kontraproduktiv und falsch".

Da für die Verwirklichung der Nordtangente zur Zeit offensichtlich keine Mehrheit im Gemeinderat zu finden sei, fordert die CDU-Fraktion die Stadtverwaltung in einem Ergänzungsantrag hilfsweise auf, entsprechend dem Vorschlag des Oberbürgermeisters mit den zuständigen Stellen bei Bund und Land in konkrete Verhandlungen einzutreten. Zudem sei hinsichtlich des Teilstücks Haid-und-Neu-Straße bis Theodor-Heuss-Allee ein Realisierungs- und Finanzierungskonzept vorzulegen. Gerade auch vor dem Hintergrund der gerade verabschiedeten Konjunkturprogramme, in deren Rahmen erhebliche Mittel für die Verwirklichung von Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen zu Verfügung gestellt würden, erschienen entsprechende Bemühungen erfolgversprechend. Auch wenn die CDU-Fraktion die Verwirklichung der gesamten Nordtangententrasse langfristig nach wie vor als effektivere Maßnahme ansieht, würde sie diese „kleinere Lösung“ mittragen, da mit den genannten Lückenschlüssen im Osten und Westen der Stadt zügig deutliche Entlastungseffekte für die verkehrlich besonders stark betroffenen Stadtteile (Hagsfeld und Knielingen) erreicht werden können.

Äußerungen von Fenrich stoßen bei Grünen auf offene Ohren

Die Grüne-Fraktion ist bei einem Abschied von der Nordtangente dabei, lehnt aber taktische Manöver ab. „Die aktuelle Initiative der SPD in Sachen Nordtangente muss man sich ganz genau anschauen“ meinen die Grünen Landtagsabgeordneten Gisela Splett und Renate Rastätter. So erinnern sie daran, dass Grüne und KAL sich schon vor Jahren für eine rasche Entlastung Hagsfelds durch eine zweistreifige und ebenerdig an der Haid-und-Neu-Straße angebundene „Südumfahrung“ zwischen Elfmorgenbruch und Haid-und-Neu-Straße eingesetzt hätten. Mehrheiten für diesen Vorschlag wären jedoch nicht zu gewinnen gewesen, weil gerade die SPD immer an der Verwirklichung der Nordtangente-Ost festgehalten habe.

Die Äußerungen von OB Fenrich in der gestrigen Gemeinderatssitzung würden bei der Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Bettina Lisbach, auf offene Ohren stoßen: „Mit der Forderung nach einer Herausnahme der Nordtangente aus dem Bundesverkehrswegeplan rennt der OB bei uns offene Türen ein.“ Erfreulich sei auch, so Stadträtin Lisbach, dass der OB sich im Osten auf den Abschnitt bis zur Haid-und-Neu-Straße beschränken will und damit der Grünen-Linie näher kommt, als dies die SPD bisher tut. Weiterhin auf Ablehnung stößt dagegen die ebenfalls von OB Fenrich geforderte Anbindung der zweiten Rheinbrücke an die B 36 in Form einer „Nordumfahrung Knielingen“.

FDP will Bebauungsplan nicht aufgeben

„Höchsten Respekt“ zolle die Fraktion FDP/Aufbruch den neuen Vorschlägen, die Oberbürgermeister Heinz Fenrich in seiner Haushaltsrede zur Lösung der „unendlichen Nordtangenten-Geschichte“ unterbreitet habe, erklärte die Fraktionsvorsitzende Rita Fromm. Das Mittelstück mit dem so genannten „Hängebauch“ sei ohnehin weder mehrheitsfähig noch sinnvoll. Nachdem sich nun auch die SPD „davon verabschiedet“ habe, stehe außer der CDU niemand mehr dafür und mit deren absoluter Mehrheit sei „wohl in absehbarer Zeit nicht zu rechnen“, so Fromm.

Die FDP wende sich aber auch gegen den SPD-Vorschlag, den Ostteil in kommunaler Trägerschaft zu bauen, vielmehr „muss das Land als Baulastträger ins Boot geholt werden“, so die Chefin der Liberalen. Auf keinen Fall dürfe der Bebauungsplan aufgegeben werden, wie es die Grünen fordern, „sonst geschieht in Hagsfeld die nächsten 30 Jahre nichts mehr!“ Dem Bundesstraßen-Lückenschluss bis zur B 36 – mit dem Bund als Baulastträger – stehe die FDP „offen gegenüber“, falls tatsächlich die von der FDP „an dieser Stelle nicht gewünschte“ zweite Rheinbrücke, wie bisher geplant, komme.

Das Karlsruher Aktionsbündnis „Flächen gewinnen“, „Aktionsbündnis für ein lebenswertes Karlsruhe - ohne Nordtangente“ und der Arbeitskreis Nordtangente begrüßen den Sinneswandel der SPD-Fraktion, welche die Südumfahrung Hagsfeld als „kleine Lösung“ fordert, also als nur noch zweistreifige Gemeindestraße. Die Bündnisse fordern, dass sich der Gemeinderat jetzt klar von einer durchgängigen Nordtangente von West nach Ost verabschiedet. Die neue Initiative der SPD ergebe nur dann Sinn, wenn die Südumfahrung an der Haid-und Neu-Straße ende. Dies sollte im Bebauungsplan dauerhaft festgeschrieben werden. Eine Weiterführung bis zur Theodor-Heuss-Allee sei nur Flächenverbrauch ohne verkehrlichen Nutzen. Der Anschluss der Südumfahrung müsse ebenerdig beispielsweise durch einen Kreisverkehr erfolgen.