Die Öffentlichkeit wurde lange Zeit nicht über Erdogans Pläne informiert: Seit einem Bericht der "Deutsch Türkischen Zeitung" am Dienstag ist klar, dass der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan am kommenden Sonntag zu Gast in der dm-Arena der Karlsruher Messe- und Kongress-GmbH sein wird. ka-news hatte als erstes Karlsruher Medium bereits am Mittwochmittag über den geplanten Besuch des türkischen Staatschefs berichtet.
Stadt Rheinstetten war nicht informiert
Der Grund für Erdogans Besuch ist ein "Karlsruher Jugendtreffen", zu dem neben Erdogan nach Angaben der "Deutsch Türkischen Zeitung" rund 10.000 Besucher erwartet werden. Dieses "Jugendtreffen" wird offenbar von der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) organisiert: Auf ihrer Facebook-Seite wirbt der Zusammenschluss für die Veranstaltung in der dm-Arena. Dort zählt die Veranstaltung bereits 608 Zusagen.
Die UETD wiederum gilt gemeinhin als Lobby-Organisation der türkischen Regierungspartei AKP, bis 2014 war Erdogan Vorsitzender der Partei. Die Opposition in der Türkei kritisiert immer wieder, dass Erdogan als Präsident weiter Wahlkampf für die AKP betreibe. Seit vergangenem Jahr können türkische Staatsbürger zudem in Deutschland bundesweit ihre Stimme für die Präsidentenwahl in einem unmittelbar erreichbaren Wahllokal abgeben - unter anderem auch in Karlsruhe.
Clemens Hauk, Bürgermeister der Stadt Rheinstetten, zeigt sich im Gespräch mit ka-news irritiert über den Besuch des türkischen Staatspräsidenten. "Es ist befremdlich, dass sein Auftritt im Voraus nicht diplomatisch angekündigt wurde", meint Hauk, "die Veranstaltung an sich war schon längere Zeit bekannt, dass Herr Erdogan daran teilnehmen wird, haben wir relativ kurzfristig erfahren."
Alevitische Gemeinde kündigt Protestaktion vor dm-Arena an
Der Besuch des türkischen Staatschefs in der dm-Arena ruft allerdings auch Gegner auf den Plan. Auftritte Erdogans in Deutschland - wie im Mai 2014 in Köln - waren von zehntausenden Gegendemonstranten begleitet worden. Und auch in der Fächerstadt regt sich Widerstand: So bestätigt das Ordnungsamt Rheinstetten im Gespräch mit ka-news, dass von der Alevitischen Gemeinde Karlsruhe am Donnerstag eine Gegenkundgebung mit rund 2.000 Demonstranten angemeldet wurde.
Der Protest richte sich gegen den Besuch des türkischen Staatspräsidenten, so eine Sprecherin der Alevitischen Gemeinde. Eine Zusage vonseiten des Ordnungsamtes in Rheinstetten stehe gegenwärtig noch aus. "Wir stehen auch mit anderen Gruppen in Kontakt", schildert die Sprecherin weiter. "Die Alevitische Gemeinde in Karlsruhe, sowie BaWu und die Dachorganisation (AABF) in Köln werden am Sonntag gegen den Besuch des türkischen Präsidenten Erdogan protestieren", so die Sprecherin gegenüber ka-news.
"Die Politik Erdogans und seiner AK Partei, welche schon seit 13 Jahren das politische Spektrum der Türkei bestimmt ist weder demokratisch noch rechtlich legitim. Die Ereignisse der vergangenen Jahre haben die Ausrichtung der Politik der AKP Regierung deutlich gezeigt: Ministerpräsident Erdogan steht für eine Politik der Gleichschaltung, für Rassismus, für Assimilation, für die Verfolgung der freien Presse und vieles mehr", kritisiert die Alevitische Gemeinde in Karlsruhe. Die AKP-Regierung unter Erdogan versuche "weiterhin die Aleviten und andere religiöse Minderheiten mit aller Gewalt zu assimilieren".
"Ein Polizeieinsatz wie jeder andere"
An diesem Wochenende ist mit 10.000 und 2.000 Demonstranten sehr viel los rund um die Messe Karlsruhe. Zeitgleich findet in der Messe Karlsruhe vom 8. bis einschließlich 10. Mai die internationale Messe für Angewandte Kunst und Design "Eunique" statt. Wie soll angesichts solcher Zahlen die Sicherheit für alle Beteiligten gewährleistet werden?
"Wie immer, wenn ein prominenter Redner in die Messe kommt, gibt es auch dieses Mal ein Sicherheitskonzept", schildert die Sprecherin des Ordnungsamtes Rheinstetten. Die Karlsruher Polizei sei hier miteingebunden. "Für uns ist dieser Polizeieinsatz nicht außergewöhnlich", teilt eine Sprecherin der Polizei mit, "wir sind für den Objekt-, Raumschutz und die Verkehrslenkung zuständig." Wie bei allen Veranstaltungen in der dm-Arena werde man die Kräfte an den Bedarf anpassen. Eine Stellungnahme des Veranstalters steht derzeit noch aus. Die Stadt Karlsruhe wollte sich zum umstrittenen Erdogan-Auftritt nicht äußern.