"Die Fahrt ins Büro wird aktuell zum Glücksspiel." Jeden Morgen pendelt ein ka-Reporter von Waghäusel 35 Kilometer in die Fächerstadt. Eine Zeit lang ließ sich der Arbeitsweg gut planen. Rund 30 Minuten benötigte er für die Strecke, berichtet er in einer Mail an die ka-news-Redaktion. Das hat sich in den vergangenen Wochen aber geändert. Inzwischen braucht er für die Strecke nach eigener Aussage auch mal zwischen 90 und 120 Minuten.

"Jeden Morgen ist es das Gleiche"

Schuld daran ist vor allem die A5. Seit Mai wird hier zwischen Bruchsal und Karlsruhe-Nord auf einer Länge von rund 3,5 Kilometer gebaut. Bis Anfang Dezember stehen in jede Fahrrichtung nur noch zwei Fahrstreifen zur Verfügung - und diese auch nur verengt. "Seit Beginn der Baustelle auf der A5 hat sich die Lage deutlich verschärft", beobachtet der ka-Reporter, "der Zeitverlust beträgt auf dieser Strecke schon fast 30 Minuten."

Wer morgens nicht auf der A5 im Stau stehen möchte, hat nun zwei Möglichkeiten: "Ein Ausweg war es, vor 6.30 Uhr die kritische Stelle zwischen Graben-Neudorf und Leopoldshafen zu passieren", so der genervte ka-Reporter. Alternativ können Autofahrer auch auf die B36 ausweichen. Das Problem: "Meist läuft der Verkehr in südliche Richtung bereits ab der Abfahrt Linkenheim-Hochstetten sehr stockend und löst sich erst ab Höhe Leopoldshafen auf, da dort die B36 zweispurig und die Kapazität der Straße erhöht wird", beschreibt der Pendler. 

Sanierungsarbeiten auf der L560 zwischen der Karlsruher Waldstadt und Stutensee bringen den Verkehr im Karlsruher Norden seit Oktober nun endgültig zum Erliegen. "Ab der Abfahrt Graben-Neudorf Mitte oder spätestens ab der Abfahrt zur L560 Höhe Friedrichstal ist seit Beginn der Sperrung nur noch 'Stop and Go' angesagt", so der ka-Reporter. Mit dieser Beobachtung ist er nicht allein. "Jeden Morgen ab 8 Uhr ist es das Gleiche", bestätigt eine weitere ka-Reporterin. Seit der Baustelle benötige sie täglich 30 bis 45 Minuten mehr auf ihrem Weg. "Es ist eine einzige Katastrophe!"

Koordinatoren entscheiden über Baustellen

Verantwortlich für die Planung der Baustellen sind Tiefbauamt-Baustellenkoordinator Jürgen Lohmeyer und seine Kollegen. Bevor mit den Arbeiten für eine Baustellen begonnen werden kann, haben die Mitarbeiter des Tiefbauamts ein Auge auf andere Baustellen und die Auswirkungen für Autofahrer. "Alle Baumaßnahmen werden zunächst in einer großen Datensammlung erfasst", beschreibt er das Verfahren.

Ob Karlsruher Verkehrsbetriebe, Stadtwerke, Privatleute oder das Regierungspräsidium - alle angemeldeten Baumaßnahmen würden hier gesammelt. Experten für Baustellenmanagement würden im nächsten Schritt dann die Auswirkungen auf den Verkehr untersuchen. "Wir stellen uns die Frage: Vertragen sich die verkehrlichen Baumaßnahmen?", so der Koordinator. Tun sie dies nicht, müsse ein Bauherr sein Vorhaben zurückziehen.

Bei der Beurteilung werde auch betrachtet, wie wichtig die Straße für den Verkehrsfluss sei. "Es ist ein Unterschied, ob nur Anlieger betroffen sind, oder eine Hauptverkehrsachse", erklärt er. Theoretisch hätten Bauvorhaben des Regierungspräsidiums als übergeordnete Verkehrsbehörde Vorrang. Lohmeyer setzt nach eigener Aussage aber vor allem auf Absprachen mit den Bauherren. "Wir sind hier aber in sehr guten Gesprächen."

"Wir können nicht alles vorhersehen"

Die Beschwerden der Autofahrer über die aktuelle Situation im Karlsruher Norden sind Lohmeyer bekannt. Eines stellt er im Gespräch mit ka-news klar: "Aus Freude am Bauen werden diese Straßenbaustellen nicht abgewickelt." Sowohl die Arbeiten auf der A5 als auch auf der L560 seien notwendig gewesen. Man habe die Auswirkungen der A5-Baustelle im Vorfeld gewissenhaft analysiert, so Lohmeyer, und eine Bedarfsumleitung eingerichtet.

Und die Baustelle auf der L560? "Das Regierungspräsidium war der Auffassung, dass das Verkehrsnetz eine Baustelle auf der Autobahn und einer Landstraße verkraftet." Dieser Einschätzung schließt sich der Baustellenkoordinator an. Gleichzeitig verweist er darauf, dass bei aller Planung nicht jede Eventualität vorgesehen werden kann. "Dass es einmal zeitgleich zu einem Unfall auf der A5 und der B36 kommen könnte, war nicht abzusehen", erklärt Lohmeyer. Auch andere Verkehrsstörungen wie beschädigte Ampeln oder liegen gebliebene Fahrzeuge könnten von den Baustellenkoordinatoren nicht beeinflusst werden.

Die Stadt werde aber weiter ein Auge auf die Verkehrsführung haben - und gegebenenfalls optimierend eingreifen. Für die beiden ka-Reporter bedeutet das aber vorerst weiter: Sie werden bei ihrem täglichen Arbeitsweg mehr Zeit einplanen müssen - und zwar mindestens bis Ende Oktober. Bis dahin sollen zumindest die Bauarbeiten auf der L560 abgeschlossen sein. Die Bauarbeiten auf der A5 allerdings werden sich noch bis Dezember ziehen.