Auf Erwin Partolls Arbeitsplatz ist es vor allem eines: laut. Ein Bagger rollt über das Baufeld, Funken erleuchten einzelne Ecken und irgendwo wird immer gehämmert. Seit 5.50 Uhr ist Partoll schon hier. Das kann man ihm auch ansehen. Seine Arbeitskleidung ist mit Flecken übersät, seine Hände, wie für einen Handwerker ganz typisch, leicht geschwärzt. "Um 6.30 Uhr kommen meine Männer. Und die wollen ja wissen, was sie heute zu tun haben", so Partoll.
Es ist Mittwoch und auch heute ist wieder einiges geplant. Am künftigen Gleisdreieck am Marktplatz wird unter Hochdruck gearbeitet. Am kommenden Montag will Partoll an dieser Stelle mit der Betonage anfangen. "Langweilig wird es mir sicher nicht", lacht der 52-Jährige. Dass auch er heute wieder gut zu tun haben wird, zeigt sich nur wenige Augenblicke später. Es dauert nicht lange, da kommt bereits ein Bauarbeiter auf ihn zu. Zwei Trupps kommen sich bei ihrer Arbeit gerade in die Quere. Jetzt muss Partoll herbeieilen und eine Lösung für das Problem finden.
"Manchmal muss ich hart durchgreifen"
Partoll ist ein Polier der "BeMo Tunneling GmbH", die im Auftrag der Karlsruher Schieneninfrastruktur Gesellschaft (Kasig) den Bau des Stadtbahntunnels übernimmt. Seit Beginn der Kombilösung ist der 52-Jährige schon mit dabei - und wird auch in den kommenden Jahren in der Fächerstadt eingesetzt werden. "Ich bleibe bis zum Schluss."
Seine Aufgabe ist es, zwischen seinen Mitarbeitern und der Bauleitung zu vermitteln, Bauarbeiten zu koordinieren, Tagesberichte und Lieferscheine zu erstellen. Er ist nicht nur das "Mädchen für alles", sondern hin und wieder auch der "Prügelknabe", wie er augenzwinkernd im Gespräch mit ka-news erzählt.
Partoll nimmt es gelassen. "In diesem Job darf man kein Weichei sein", stellt er klar. Hin und wieder müsse er auch selbst Arbeiter maßregeln oder gar entlassen. "Ich will die Leute nicht kontrollieren, aber manchmal muss ich auch hart durchgreifen."
Vom Zimmermann zum Sprengmeister
Zuständig ist Partoll dabei für das Baufeld unterhalb des Karlsruher Marktplatzes. Wie viele seiner Arbeiter kommt er aus Österreich, genauer gesagt aus Tirol. Hier schloss er zunächst eine Ausbildung als Zimmermann ab, bevor er in den Hoch- und später in den Tiefbau wechselte.
"Dort musste ich als einfacher Mineur anfangen", erinnert sich Partoll. Er arbeitete sich zum Maschinisten für Baumaschinen hoch, wurde danach Sprengmeister. Seither wurde der gebürtige Österreicher europaweit als Polier eingesetzt, so beispielsweise im Silberbergtunnel, dem Rennsteigtunnel sowie beim Bau des U-Bahn-Netzes in Nürnberg. Aber auch nach Schweden und Norwegen habe es ihn beruflich bereits verschlagen.
Wie lange Partoll an einem Arbeitsplatz bleibt, hängt immer von der Größe des Projekts ab. "Bei großen Bauarbeiten kann es schon mal drei bis vier Jahre dauern, bei kleineren Baustellen auch nur anderthalb bis zwei Jahre, bevor ich auf einer anderen Baustelle eingesetzt werde", erklärt er.
"Der Bau kennt keine Samstage oder Sonntage"
Neben dem ständigen Arbeitsplatzwechsel gehört aber auch ein Arbeiten im Schichtakkord zum Alltag auf der Kombi-Baustelle. Aktuell arbeiten Partoll und sein Team 24 Stunden in einem Zweischichtsystem. Der Grund: Bis zur Fertigstellung der Sohleböden in der künftigen Haltestelle Marktplatz muss rund um die Uhr jemand die Arbeiten überwachen. Auch über die Weihnachtstage wird der 52-Jährige daher Bereitschaft haben.
Ansonsten beginnt er mit seinen Arbeitern um 7 Uhr und bleibt bis 19 Uhr. Ab dann übernimmt eine Nachtschicht mit einem anderen Polier bis morgens um 7 Uhr. So geht das zehn Tage - ohne Pause. "Der Bau kennt keine Samstage oder Sonntage", schildert Partoll. Ständiger Arbeitsplatzwechsel und nur zwei lange Wochenenden mit der Familie - wie sehr belastet das? Partoll zumindest macht das inzwischen wenig aus. "Der Mensch ist ein Gewohnheitstier", scherzt er. "Alles innerhalb Europas ist im Grunde vor meiner Haustür."
Wenn die Mittagspause ins Wasser fällt
Und Zeit mal eine Pause zu machen? Das klappt meistens nicht. Nicht, dass es Partoll nicht schon versucht hätte. "Ich bin zu unterschiedlichen Zeiten los. Aber mein Telefon scheppert ständig." Meist bleibt es daher bei einem kurzen Kaffee oder einem Brötchen auf die Hand. Und trotzdem hat er es nicht bereut, in den Tunnelbau gewechselt zu sein. "Man hat Spaß an der Arbeit und den Maschinen", erklärt Partoll, "man sieht, dass etwas entsteht."
Ein weiterer Pluspunkt: die Kameradschaft, die man im Baugewerbe finde. Nur eine Beschäftigung kann er sich vorstellen, die ihm noch besser gefallen würde: "Als gelernter Zimmerer wäre mir natürlich eine Arbeit mit Holz am liebsten."
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