Karlsruhe Karlsruher Sparpläne: Gemeinderat bringt 2. Maßnahmenpaket auf den Weg
Karlsruhe ist im Fußballfieber? Ganz Karlsruhe? Nein: Im Rathaus kamen die Stadträte zur monatlichen Sitzung zusammen. Auf der Tagesordnung: Drogen, Party und Geld. Neben Gründung einer Drogenkommission, ging es unter anderem um den finanziellen Ausgleich des 300. Stadtgeburtstags im vergangenen Jahr sowie um einen aktuellen Sachstand in Sachen Sparmaßnahmen.
Wie geht es weiter mit den Karlsruher Sparplänen? Seit über einem Jahr beschäftigt das drohende Haushaltsdefizit Stadträte und Stadtverwaltung. Nachdem der Gemeinderat im April das erste Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht hat, stand am Dienstag das weitere Vorgehen auf der Tagesordnung. Die Stadträte diskutierten hitzig - vor allem die Linke musste Kritik einstecken. Am Ende stimmte der Gemeinderat mehrheitlich zu.
Zweites Paket soll knapp 7 Millionen Euro einsparen
188 Maßnahmen waren nach der ersten "Sparrunde" noch offen: Einige sollen im Maßnahmenpaket 2 berücksichtigt werden, andere werden ihren Eingang in Arbeitsaufträgen oder Arbeitsgruppen finden und wieder andere werden gar zurückgestellt. Wirksam werden diese Maßnahmen ab 2019.
Das Maßnahmenpaket 2 beinhaltet derzeit 37 Maßnahmen mit einem Einsparpotential von 6,8 Millionen Euro in 6 Jahren, überwiegend mit Beginn ab 2019. Dabei sind 26 Maßnahmen dem Geschäft der laufenden Verwaltung zugeordnet, 11 Maßnahmen unterliegen der Entscheidung des Gemeinderates - heißt es in der entsprechenden Beschlussvorlage der Verwaltung.
In den Bereich der Arbeitsaufträge und Arbeitsgruppen fallen Vorschläge, die "sehr komplex, schwierig umzusetzen, [...] in Konkurrenz zueinander" stehen oder "Wechselwirkungen haben, die noch nicht ausreichend beleuchtet sind", teilt die Stadtverwaltung in der Vorlage zum aktuellen Sachstand mit. Hier soll zunächst eine Priorisierung erfolgen und konkret umsetzbare Alternativvorschläge erbracht werden.
Einzig Linke stimmen gegen Sparkurs
Das zweite Sparpaket wird kein Spaziergang, das macht Wirtschaftsbürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz zu Beginn der Redebeiträge zum Tagesordnungspunkt klar: "Das ist ein Arbeitsprogramm für die nächsten Jahre." Kritik gibt es von der Bürgermeisterbank in Richtung der Linken-Stadträte sowie der "Spart's euch"-Initiative. Vieles werde schwarz-weiß gesehen - "sie wollen Dinge bewusst nicht erkennen", so Luczak-Schwarz zu Linken-Stadtrat Niko Fostiropoulus. "Sie schüren Emotionen und das ist gefährlich."








Eingang in die Haushaltskonsolidierungs-Debatte finden immer wieder Großprojekte wie die Karlsruher Kombilösung, das Wildparkstadion oder die Messe Karlsruhe. "Man muss vorhandene Mittel auf das konzentrieren, was für die Bürger wirklich wichtig ist und nicht auf Prestigeobjekte wie das Wildparkstadion oder das zuvor beschlossene Indoor-Meeting", äußert sich AfD-Stadrat Marc Bernhard.
Ähnlich sehen das die Karlsruher Linken: Der Fokus müsse mehr auf Bildung, Soziales, Gesundheit und Kultur liegen, so Fostiropoulus. "Andere Projekte sind Nice-to-have, aber diese können wir hinten anstellen. [...] Dieser Gemeinderat hat die Defizite zu verantworten und soll die Kürzungs-Arie auch alleine tragen", begründet der Stadtrat die Ablehnung der Beschlussvorlage vonseiten der Linken.
"Sparkurs ist kein Kahlschlag"
Große Einigkeit gibt es am Dienstagabend von SPD, CDU, FDP, Grüne, GfK und Kult. Mit einer emotionalen Rede appelliert Thomas Hock (FDP) an die entschiedene Geschlossenheit des Gemeinderats: Es sei ein historischer Moment, dass ein derart großes Projekt interfraktionell zustande gekommen sei. "Kahlschlag ist eine glatte Lüge", so Hock, "ich lasse mich nicht für dumm verkaufen und kaputt reden." Man habe ein ausgewogenes Haushaltssanierungsprogramm auf die Beine gestellt, darauf könne man stolz sein.
Als "ausgewogen" und "sozial verantwortbar" bezeichnet Parsa Marvi (SPD) das verabschiedete Sparprogramm. Im Großen und Ganzen sei man zufrieden mit den Beratungen zum Maßnahmenpaket 1, zumal "der Hammer erst im Herbst fällt". Man solle nicht alles schlecht reden, in Panik oder Stammtischparolen verfallen, mahnt der Sozialdemokrat. "Die Kosten der Kombilösung sind nicht Schuld am Haushaltsstabilisierungsprozess", so Marvi.
Die Grünen merken an, dass noch mehr Fokus auf die Bürokratie gelegt werden sollte - das Einsparungspotential an dieser Stelle zu ermitteln, sei Aufgabe der Stadt. Ebenfalls fordern die Grünen im Einklang mit der Kult-Fraktion eine bessere Information der Öffentlichkeit. Der Sparprozess müsse nachvollziehbar sein: "Begründungen, warum gespart werden muss, sollten mit Zahlen unterlegt werden", so Johannes Honné.
Klinikum, Kindergärten, Kombilösung - "aus vielen guten Gründen, wofür die Stadt Geld ausgibt, steigen die Kosten", sagt Erik Wohlfeil am Dienstagabend, "das ist kein Kahlschlag und auch kein Kaputtsparen." Beim "verzwickten Fall Staatstheater" wird laut Wohlfeil aktuell an einer Lösung gearbeitet. Dass viele Bürger den Haushaltsstabilisierungsprozess nicht verstanden haben, liegt an mangelnder Öffentlichkeitsarbeit", so Wohlfeil.
"Wir haben es in den letzten Jahren geschafft, den Standard - ohne Neuverschuldung und mit Schuldenabbau - immer weiter zu heben", stellt Oberbürgermeister Frank Mentrup klar. "Die Stadt hat sich das leisten können. Jetzt kommen wir in eine Situation, in der wir uns das nicht mehr leisten können und müssen nun versuchen, die Aufwendungen vernünftig zu kürzen."
Was bisher entschieden wurde
April 2015 beschlossen, wurden im Laufe des Jahres 2015 mehrere hundert Maßnahmen zur Stabilisierung des Ergebnishaushaltes für 2017 bis 2022 entwickelt. Im Januar 2016 wurde ein erster Projektbericht vorgestellt, im April wurde über Einspar-Maßnahmen abgestimmt: Sogenannte Leitlinienbeschlüsse für die Aufstellung des Doppelhaushaltes versprechen laut der Stadtverwaltung ein Ergebnisverbesserungspotential für 2017 von 20,2 Millionen Euro, für 2018 ergeben sich 24,2, Millionen Euro.
Laut Karlsruhe ergibt sich nach "derzeitigem Planungsstand ein Überschuss im Ergebnishaushalt 2017". Eine gute Nachricht, Auswirkungen auf die Sparpläne ab 2018 wird dies jedoch nicht haben. Positive Ergebnisse werden zur Reduzierung der vorgesehenen Kreditaufnahmen eingesetzt, so lautet ein Grundsatzbeschluss zum ersten Maßnahmenpaket.Offen blieben im April unter anderem die Punkte Bürgerbüros, öffentliche Toilettenanlagen, pauschale Kürzungen bei Kultureinrichtungen und im Sozialbereich. Hierfür will die Stadtverwaltung entsprechende Konzepte ausarbeiten. "Über die Ergebnisse wird in den zuständigen Schüssen berichtet werden", heißt es in der Gemeinderatsvorlage.
Hier gibt's die Unterlagen zur Sitzung (Link führt auf externe Seite)
ka-news Hintergrund:
Um dem jährlich ansteigenden Defizit entgegenzuwirken, startete die Stadtverwaltung 2015 einen Haushaltsstabilisierungsprozess. Die Vorschläge wurden in den einzelnen Dezernaten erarbeitet: Dabei erhielt jedes Dezernat eine individuelle Zielvorgabe für die Haushaltsjahre 2017 bis 2022. Die Stadt will hierzu zwei Maßnahmenpakete auf den Weg bringen.
Ende April stimmte der Gemeinderat über das erste Paket ab: Über 304 Maßnahmen waren enthalten - mehrheitlich wurden sie von den Stadträten zur Kenntnis genommen. Wirksam werden die verabschiedeten Maßnahmen zum neuen Doppelhaushalt 2017/2018. Im Juli sollen die ersten Entwürfe zum kommenden Haushalt stehen - im November/Dezember finden die Haushaltsberatungen statt. Zwischen beiden Terminen soll ein Bürgerforum geben - "da können all diese Dinge noch einmal diskutiert auch ausdiskutiert werden", so Mentrup im April. Das zweite Maßnahmenpaket, mit Einsparungen oder Mehreinnahmen von 30 Millionen Euro, soll ab 2019 schrittweise folgen.
Laut Oberbürgermeister Mentrup reduziert sich die Ursache im Wesentlichen auf einen Ausgabenanstieg von zwei bis drei Prozent pro Jahr bei gleichzeitig sinkenden Einnahmen. "Diese geringe Steigerung hat ein paar Jahre lang durch gewisse Sonderkonditionen keine Rolle gespielt", so Mentrup im Januar und meint damit die positive überdurchschnittliche Einwohnerentwicklung in Karlsruhe sowie Einmal-Effekte gerade in den Gewerbesteuererträgen (2012/2013), die so in den Folgejahren nicht mehr erwartet werden können.
Das sind die Mehrheitsverhältnisse im aktuellen Gemeinderat:
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22.06.2016 18:04 Uhr
22.06.2016 12:11 Uhr
22.06.2016 11:47 Uhr
Hallo ?
Es gibt sicherlich eine Menge Unternehmen, die nicht wegen des Umsatzes bankrott gingen, sondern wegen des fehlenden Gewinns ...
22.06.2016 11:44 Uhr
22.06.2016 13:22 Uhr
Ich habe mir die Übertragung unter www.bundestag.tv angesehen.
Die angegebene Kostenersparnis in Karlsruhe von 614.400 Euro in zehn Jahren wird alle überzeugt haben.
Nachzulesen ab Seite 6 der Materialzusammenstellung des Ausschuss für Arbeit und Soziales.
Die Liste der Sachverständigen steht auf Seite 5. Man kann auch gerne mit einem anderen Einzelsachverständigen ab Seite 118 vergleichen.
Frage: Muss es sein, dass man sich für ein so wichtiges Vorbild für Berlin hält oder war nur die Überschrift drei Nummern zu groß?
22.06.2016 13:25 Uhr
22.06.2016 14:05 Uhr
22.06.2016 08:39 Uhr
Endlich erfahren wir mal, was auf den monatlichen Sitzungen wirklich abgeht
21.06.2016 21:32 Uhr
...wird er gecancelt. Das ist immer das gleiche unsaubere Spiel.
22.06.2016 08:40 Uhr