Berlin Reisebranche bereitet Urlaube mit Impfpass vor
Obwohl keine Entspannung der Corona-Zahlen in Sicht ist, lockt die Reisebranche mit der Aussicht auf Sommerurlaub am Mittelmeer. Mehr Tests und ein digitaler Impfpass sollen das möglich machen.
Deutschlands Reiseveranstalter hoffen trotz der weiter hohen Corona-Zahlen auf eine Reisewelle zur Sommersaison.
Massenhafte Schnelltests und ein digitaler Impfausweis sollen nach einem Jahr der Krise eine dringend benötigte Trendwende im Tourismus herbeiführen. Denn die Einbußen durch Corona machen den Unternehmen nach Einschätzung des Deutschen Reiseverbands (DRV) angesichts des monatelangen Lockdowns immer mehr zu schaffen.
Nach Angaben des DRV verzeichneten die deutschen Reiseveranstalter und -büros im vergangenen Jahr einen Umsatzrückgang von 80 Prozent, im Januar sogar von mehr als 90 Prozent. DRV-Präsident Norbert Fiebig appellierte daher: "Die Menschen, die endlich wieder raus möchten, brauchen eine Perspektive, aber auch die Unternehmen, die Reisen anbieten und vermitteln, sowie die fast drei Millionen Beschäftigten im Tourismus." Auch die Urlaubsländer seien auf Touristen angewiesen.

Hoffnung machen der Branche neben der Ankündigung von Schnelltests, die jeder selbst durchführen kann, vor allem die Überlegungen der EU, eine Art Corona-Impfpass für freies Reisen einzuführen. EU-Ratschef Charles Michel sagte dazu nach einem Gipfeltreffen, die 27 Staaten näherten sich in ihren Vorstellungen an. Welche Rechte an das Dokument geknüpft sind, könne dann jedes Land für sich entscheiden.
"Reisen in Europa wird im Sommer 2021 möglich sein - sicher und verantwortungsvoll", legte sich der Chef des Touristikkonzerns Tui, Fritz Joussen, danach bereits fest. Die technische Entwicklung des EU-Impfpasses soll allerdings noch rund drei Monate dauern. Und geimpft sind bisher vor allem ältere und pflegebedürftige Menschen, die im Sommer nicht unbedingt nach Mallorca oder Malta fliegen werden. Dem Optimismus der Branche tut das jedoch keinen Abbruch.
"Ein europäischer Impfpass kann dabei helfen, Reisefreiheit wiederherzustellen. Daran besteht kein Zweifel", sagte Joussen. Mit Spanien, Griechenland und Zypern sei Tui bereits in enger Abstimmung für die Sommersaison. Weitere Mittelmeer-Länder würden bald folgen. Schon jetzt schlägt sich das Interesse am Urlaub Joussen zufolge wieder stärker in "Buchungen und Umsatz" nieder.
Ausgereifte Teststrategie soll ausgebaut werden
Der Geschäftsführer von DER Touristik Deutschland, Mark Tantz, bezeichnete den EU-Gipfel als Meilenstein. "Der digitale Impfpass wird eine erhebliche Erleichterung für den Reiseverkehr und insbesondere auf der Fernstrecke ein wichtiges Instrument werden", sagte er. Darüber hinaus werde eine ausgereifte Teststrategie "uns bis zur Herdenimmunität in den Weg zur Normalität führen".
Auch die Lufthansa geht davon aus, dass Reisen in Gebiete mit überschaubaren Infektionszahlen mit einer umfassenden Teststrategie wieder möglich werden. International anerkannte digitale Impf- und Testnachweise seien für das Wiederanlaufen des Flugverkehrs von hoher Bedeutung, sagte eine Sprecherin.

Zurückhaltender schätzt dagegen der Reisekonzern FTI die Lage ein. "Die Diskussion um den Impfpass ist aus unserer Sicht zu früh angesetzt", sagte Manager Ralph Schiller. "Noch ist der Anteil an Geimpften in der Bevölkerung viel zu gering, als dass ein Impfpass zum jetzigen Zeitpunkt eine echte Veränderung für die Reisebranche und Urlauber bedeuten würde."
Schiller gab zu bedenken, dass in den nächsten Monaten längst nicht mit Gästezahlen wie vor Corona zu rechnen sei, wenn die Möglichkeit zu verreisen an den Impfpass gekoppelt werde. Eine technische Umsetzung des Passes bis Herbst wäre für ihn "vollkommen ausreichend". Wichtiger seien kurzfristig breite Testmöglichkeiten.
© dpa-infocom, dpa:210227-99-615698/2
Der Kommentarbereich wird 7 Tage nach Publikationsdatum geschlossen.
Bitte beachten Sie die Kommentarregeln und unsere Netiquette!
04.03.2021 12:11 Uhr
Don't panic
02.03.2021 16:46 Uhr
01.03.2021 12:51 Uhr
Ich bin von der Reihenfolge erst sehr spät dran. Werde also bei den Reisen, die eine Impfung voraussetzen, nicht teilhaben können.
Aber was hab ich davon wenn die anderen es auch nicht dürfen?
Innere Genugtuung? Wenn ich nicht darf dann darf der andere auch nicht?
Auf dieses Niveau bin ich zum Glück noch nicht gesunken.
Es ist im Gegenteil ganz gut wenn möglichst viele Menschen möglichst früh wieder was unternehmen dürfen, schon um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, die ich sonst mit meinen Steuern stützen muss.
Und irgendwann bin ich auch wieder dran. Oder die Todeszahlen gehen so weit runter dass die Einschränkungen aufgehoben werden und man auch ohne Impfung wieder alles darf.
02.03.2021 10:58 Uhr
Es läuft Weltweit gewaltig was schief, wenn man sich an Staaten wie China und deren asozialem Belohnungssystem orientiert.
01.03.2021 09:10 Uhr
Und wenn es so kommt, dass Geimpfte, die unter Umständen das Virus noch genauso weiterverbreiten wie jeder andere auch, bei denen nur die Krankheit weniger schlimm verläuft, früher wieder alles tun dürfen, braucht mir künftig niemand mehr etwas von Solidarität erzählen.
Und die Unternehmen, die den Solidargedanken aufgeben, um früher wieder Geschäfte zu machen, brauchen mit mir als Kunden nicht mehr zu rechnen. Solidarität ist keine Einbahnstraße - entweder wir stehen das zusammen durch bis zum Ende oder wir enden in einer Gesellschaft von nur noch schlecht kaschiertem Egoismus.
02.03.2021 07:20 Uhr
Der Staat ist also schuld, dass die Hersteller der Impfstoffe nicht schnell genug produzieren können? Oder meinen Sie, dass die Reihenfolge der Impfungen eine Reglementierung darstellt und sind enttäuscht, dass Sie noch nicht dran sind?
Man hätte von staatlicher Seite früher bestellen können, das ist richtig, aber mit Reglementierung hat das nichts zu tun.
02.03.2021 08:43 Uhr
Nicht jeder, der sich impfen lassen will, kann derzeit geimpft werden - und solange das so ist, ist das Zugestehen von Freiheitsrechten an eine dezidierte Personengruppe bei gleichzeitiger Vorenthaltung derselben Freiheitsrechte an andere Personengruppen eine Ungleichbehandlung aufgrund bestimmter sozialer oder körperlicher Merkmale (Alter, Gesundheitszustand, etc.). Im allgemeinen Sprachgebrauch nennt man das im anderen Kontext Diskriminierung.
Ich würde sogar noch weiter gehen - die ganzen Privilegienbefürworter für Geimpfte sollen sich mal überlegen, wie sie reagieren würden, wenn es in derselben Fragestellung nicht um Geimpft/Nicht-Geimpft geht, sondern um Mann/Frau, Alt/Jung, Europäer/Nicht-Europäer, Muslim/Nicht-Muslim, ...
Wollen wir wirklich zulassen, dass wir in Sachen Freiheitsrechte eine Mehrklassen-Gesellschaft bauen?
02.03.2021 11:41 Uhr
Ich kann alle Branchen verstehen, die sagen, "wir wollen so schnell wie möglich öffnen, und wenn es auch nur für geimpfte Personen möglich ist".
Oder wollen Sie z.B. ungeimpft in einem vollen Kino sitzen, wohl wissend, dass auch andere im Saal nicht geimpft sind?
Im Moment handelt es sich um eine Übergangsphase und da müssen wir eben durch. Ich kann mich z.B. erst ab August impfen lassen, da ich im Januar positiv getestet wurde und eine Impfung frühstens 6 Monaten nach einer Infektion möglich ist, und muss bis dahin eben auch mit gewissen Einschränkungen leben. Ich beneide aber die Geimpften deshalb nicht!
01.03.2021 13:17 Uhr
Ich hatte Solidarität immer so verstanden, dass die, die etwas haben, auf etwas verzichten zugunsten von welchen, die das Gewünschte nicht haben. Dass nun aber die, die etwas haben auf etwas verzichten sollen, das aber zu niemandes Gunsten ist (sondern einfach, damit es allen gleich schlecht geht), finde ich schlicht gesagt unerträglich.
Ich bin übrigens laut (Impfterminrechner (keine Ahnung wie glaubwürdig diese Terminaussagen sind) und der tatsächlichen Impfrate auch frühestens Ende des Jahres dran, gehöre also auch zu denen, die schmachtend den Älteren beim In-Urlaub-Fahren hinterwinken würden...
28.02.2021 19:21 Uhr