Karlsruhe Karlsruher Klinik-Chef fordert vier weitere Wochen Lockdown: "Das restliche Leben muss sich weiter gedulden"
Die Corona-Zahlen stagnieren aktuell. Das würde man auch im Städtischen Klinikum in Karlsruhe spüren, wie Klinik-Chef Michael Geißler erklärt und deswegen auch vor zu frühen Lockerungen warnt. Im Gegenteil: Mit Blick auf die kommenden Beratungen der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten fordert Geißler Mut - Mut für eine weitere Lockdown-Verlängerung.
"Es ist natürlich nicht erfreulich, dass wir bei den Inzidenzen gerade ein Plateau, zum Teil sogar leicht steigende Zahlen haben", eröffnet Michael Geißler, Geschäftsführer des Städtischen Klinikums Karlsruhe, die Pressekonferenz am Freitagvormittag. Für Geißler seien vor allem die aktuellen Entwicklungen rund um den R-Wert und der steigende Anteil der Virusmutationen kritisch zu sehen.
R-Wert und Mutation sind Grund für Sorge
"Der R-Wert liegt um eins und der Anteil der Mutationen nimmt auch in der Region weiter zu", so der Klinik-Chef. Vor zwei Wochen hätten die Mutationen einen Anteil von zirka zehn Prozent der positiven Corona-Befunde ausgemacht, mittlerweile sei dieser auf 25 Prozent gestiegen und wird in den nächsten Wochen auf 40 bis 50 Prozent ansteigen. "Die Mutationen werden ohne Zweifel das Kommando übernehmen", so Geißler.

Diese führe auch dazu, dass man aktuell weit entfernt sei von dem Ziel, eine Inzidenz von 35 zu erreichen und das Klinikum nicht - wie eigentlich geplant - am Montag in die Pandemiestufe eins für den Normalbetrieb wechseln könne.
Geißler: "Wir sehen auch bei uns, dass es nicht wirklich vorangeht. Die Zahlen bei uns spiegeln das wider, was der R-Wert und die Inzidenzen aussagen." In Karlsruhe lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Donnerstag bei 47,7 für den Stadtkreis, im Landkreis bei 62,5.

Konkret bedeutet dies, dass sich im Städtischen Klinikum aktuell 18 Personen auf der Covid-Allgemeinstation befinden, hinzu kommen vier Quarantäne- oder Verdachtsfälle. Auf der Covid-Intensivstation sind aktuell neun Menschen in Behandlung, von denen vier beatmet werden müssen.
Geißler für deutlich verlängerten Lockdown
Auch Mutationsfälle würden aktuell im Klinikum behandelt: vier Personen mit der britischen und drei mit der südafrikanischen Variante. Aufgrund der aktuellen Stagnation warnt Geißler vor zu verfrühten Lockerungen. Zwar sei auch beim Klinik-Chef die Sehnsucht nach Lockerung und Normalität groß, doch diese "wären in der aktuellen Phase unverantwortlich".

"Auch ich will wieder Freunde treffen oder einfach essen gehen und ich kann verstehen, dass die Menschen das nun fordern, doch die andere Seite, der Schutz vor der Pandemie, ist aktuell wichtiger", meint Geißler. Deswegen fordert er mit Blick auf die nächsten Bund-Länder-Beratungen in der kommenden Woche den Mut, den Lockdown weitere vier Wochen aufrechtzuerhalten.
"Das Klinik-Personal arbeitet am Limit"
Einzig für Kinder, Schulen und Kitas könnten Ausnahmen gemacht werden. "Aber das restliche Leben muss sich weiter gedulden, sonst sind wir ganz schnell wieder in der Situation der ersten Januar-Woche. Das wäre katastrophal."

Allen voran den Klinik-Mitarbeitern könne man einen Rückschlag bei zu frühen Lockerungen nicht zumuten. "Unser Personal arbeitet seit einem Jahr am physischen und psychischen Limit und ist weichgekocht", sagt Geißler. "Wir befinden uns gerade in einer entscheidenden Phase."
Gründe für eine weitere Lockdown-Verlängerung seien laut Geißler unter anderem der "fehlende Mut" für einen kompletten Lockdown im November. "Das hätte und die jetzige Situation sicher deutlich vereinfacht." Und auch die aktuell geringe Impfquote spiele eine Rolle.

"Wenn die Quote ähnlich wäre wie in Großbritannien oder Israel, könnte man langsam über Lockerungen nachdenken, aktuell ist das aber leider nicht der Fall", erklärt Geißler. "Die Zahl der Impfungen ist noch zu gering, damit sie eine Auswirkung auf den Verlauf der Pandemie haben könnten. Das einzig richtige Mittel sind die aktuellen Maßnahmen."
Trotz der geringen Impfzahl sei doch eine Veränderung bei den Infektionen zu erkennen, wie Klinikdirektor Martin Benz ergänzt. "Die Infektionen bei den über 80-Jährigen nimmt deutlich ab, dafür haben wir nun mehr 50 bis 70 Jahre alte Menschen, die sich infizieren." Im Klinikum selbst sei inzwischen ein Viertel aller Mitarbeiter geimpft.
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01.03.2021 13:28 Uhr
Der Lockdown schadet der Wirtschaft: Stimmt! Ich möchte jedoch nicht wissen, wie es der tschechischen Wirtschaft ergeht / ergehen wird! Besser? Doch wohl eher nicht.
Wir sind hier so gut durch diese Pandemie gekommen, dass einige es nicht lassen können, die Maßnahmen, die dazu geführt haben, dass es so gut ging, immer nur herunter zu machen und die verantwortlichen Politiker zu verunglimpfen.
Es wurden Fehler gemacht, richtig, diese sind jedoch im Vergleich zu denen in anderen Ländern, relativ harmlos und kein Grund für ungerechtfertigte / polemische Rücktrittsforderungen u.ä..
01.03.2021 13:36 Uhr
Die Zahlen in D zeigen meiner Ansicht nach jedoch, dass diese Gratwanderung ziemlich erfolgreich war. Die Gefahr, das alles jetzt mit weitgehenden Lockerungen kaputt zu machen, ist hoch. Natürlich ist diese Gefahr abstrakt, solange es nicht versucht wurde - aber wer möchte das Risiko eingehen und die Verantwortung übernehmen, wenn es schief geht?
28.02.2021 11:51 Uhr
Was machen die eigentlich, wenn es mal zu einer Pandemie kommt?
Ich glaube, am Limit sind eher die Menschen, deren Existenz und Lebenswerk zusammengebrochen ist.
Seit November sind wir nun im Lockdown und die Zahlen machen was sie wollen. Höchste Zeit, das Konzept mal zu überdenken. Frei nach Einstein: "Wahnsinn ist, immer wieder das gleiche zu tun und jedes Mal wieder auf dein anderes Ergebnis zu hoffen"
27.02.2021 15:06 Uhr
In FR, wo der Einzelhandel (und nicht mal Gastromonie) seit Mitte Dezember offen ist, bekommt man die Lage seither nicht in den Griff. (Bei offenen Schulen war das kein Problem) Es wird eigentlich nur diskutiert, wie man den naechsten Reconfinement weiter hinauszoegern kann. Regional ist der ohnehin schon Realitaet.
Es mag manchen den Spass verderben, aber die Einschraenkungen werden so lange dauern, wie wir nicht geimpft oder angesteckt waren.
27.02.2021 13:32 Uhr
28.02.2021 07:43 Uhr
Einerseits ärgert es mich, dass da gerade jeder seinem (falschen) Ärger Luft macht und noch mehr schlechte Stimmung befeuert. Andererseits bringt es nichts, jetzt noch selbst zu motzen. -_-
28.02.2021 08:59 Uhr
02.03.2021 09:16 Uhr
27.02.2021 08:25 Uhr
Wenn also "Öffnungen" beschlossen werden, dann wird das eben nicht heißen, dass ab 8. oder 15. März tatsächlich irgend etwas öffnet. Sondern man hat das Volk durch diese schöne "Matrix" einfach nur vertröstet. Bis die strengen (von der Kanzlerin definierten) Voraussetzungen zur Öffnung dann vorliegen, wird es ohnehin April. Und wenn man in BW weiterhin so "schnell" ist bei der Umsetzung von Verordnungen, dann dauert es ab da noch mal zwei Wochen, bis eine Lockerung tatsächlich greift.
Eigentlich also eine Phantomdiskussion... vor Mitte April wird ohnehin nichts öffnen.
26.02.2021 23:05 Uhr
Die Politik hat es komplett vergeigt und die Bevölkerung soll das jetzt ausbaden mit immer weiteren Lockdowns.Der Wert von 50 war ein politischer Wert und kein wissenschaftlicher.Da kommt der nächste um die Ecke und ordnet ein Wert von 35 an.
Der Zampano Lauterbach faselt gar von einem Wert von 25 oder noch niedriger.
Wohlwissend,daß es keine Hotspots im Einzelhandel,in Gaststätten und im Hotelgewerbe oder beim Frisör
gab und auch nicht gibt wird alles dicht gemacht und die Wirtschaft gegen die Wand gefahren.
Es wird nur noch Angst und Panik verbreitet.