Ein Gastkommentar von Matthias Kehle
Sämtliche Politiker quer durch alle Parteien fordern doppelzüngig, mehr in Bildung zu investieren und kassieren gleichzeitig bei der Grundversorgung. 30 Euro pro Jahr ist doch nicht viel Geld, mag man vielleicht denken, doch das Begrüßungsgeld beim Hausarzt hat gezeigt: Arztbesuche werden verschoben.

Manch einer, der die Landesbibliotheken nicht oft aufsucht, wird sein Wissen künftig mittels halb ausgegorener Internetangebote befriedigen. Als Nebeneffekt werden die Benutzerzahlen der beiden Häuser einbrechen, was als Argument für weitere Einsparungen dienen wird. In ein paar Jahren wird man in Stuttgart zu einer Zentralbibliothek fusionieren - in einem gigantischen Neubau auf dem Schlossplatz, den der Bundespräsident eröffnen wird.

Bis dahin werden auch die badischen Handschriften bei Ebay verhökert sein - Protest wird sich keiner mehr regen, schließlich wird die nächste Generation nicht mehr wissen, welche Schätze in Karlsruhe und Stuttgart heute noch gepflegt werden. Die ehemalige badische Landesbibliothek wird am Ende zur Zweigstelle des ZKM, das dort ein Museum für Computer- und Internetspiele (MCI) eröffnen wird.

Übrigens: Für bildungshungrige Menschen gibt es eine einfache Möglichkeit, die 30 Euro innerhalb von zwei Monaten wieder einzusparen: Einfach den Fernseher in den Keller stellen und bei der GEZ abmelden. Eine Lösung ist das allerdings nicht: Wir müssen uns wehren gegen jeden Versuch, an Bildung zu sparen!

Matthias Kehle, geboren 1967, lebt als Schriftsteller und Journalist in Karlsruhe. Er ist Stellvertretender Landesvorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) in Baden-Württemberg.