Karlsruhe Gesetz gegen Motorradkrach? "Ein generelles Fahrverbot ist völliger Schwachsinn!"
Sie knattern durch Wohngegenden und zu fast jeder Tages- und Nachtzeit - Motorräder empfinden viele Menschen als zu laut. Das hat Mitte Mai auch der Bundesrat beschlossen und will Biker nun in ihre Schranken weisen: Ein Lärmlimit für Neuzulassungen und ein Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen sollen her. Holger Siegel vom Arbeitskreis Motorradlärm des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erachtet das aber nur zum Teil als sinnvoll.
Nicht lauter als ein Profifön - "Ich bin überzeugt, dass das geht"
Zum einen sollen neu zugelassene Motorräder nicht lauter als 80 Dezibel sein dürfen. Diese Lautstärke ist ungefähr vergleichbar mit einem hochwertigen Haarfön und dient dazu, in Zukunft die Ohren der Anwohner viel befahrener Motorrad-Strecken zu verschonen.

Fahrzeuge, die diesen Grenzwert überschreiten, sollen laut Bundesratsbeschluss in Zukunft von der Polizeibehörde beschlagnahmt werden. Darüber hinaus sollen Modifikationen, die die Lautstärke erhöhen, höher bestraft werden. Dass eine solche Forderung nach leiseren Maschinen durchaus legitim ist, findet auch Holger Siegel.
"Wir sind überzeugt, dass das geht", so der Experte vom Arbeitskreis Motorradlärm des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) im Gespräch mit ka-news.de. "Ich selbst fahre ein Motorrad aus den Neunzigern, dass dieses Limit einhält."
Motorradhersteller müssen umdenken
Dennoch würde ein solches Lärmverbot eine große Umstellung für die Motorradhersteller bedeuten. Der Grund: Laut Siegel hält sich fast kein neues Motorrad mit Verbrennungsmotor aktuell an das 80-Dezibel-Limit. Motorsteuerung und Auspuffanlagen seien so entworfen, dass sie einen besonders lauten Klang erzeugen. Dieser sei zwar für die Fahrer und Beifahrer angenehm, jedoch nicht für Außenstehende. "Diese Firmen sind Marktführer im Lärm", meint Siegel.

Als vorbildliches Beispiel nennt der BUND-Experte hingegen die grünen Polizeimotorräder aus den frühen 2000ern: sie waren für innerstädtische Einsätze entworfen worden und waren trotz Verbrennungsmotor in der leiseren Fraktion der motorisierten Zweiräder angesiedelt.
Sind E-Motorbikes eine Lösung?
Auch wenn die Polizeimotorräder vergleichsweise leise waren, gibt es trotzdem noch Verbesserungsansätze: Die Initiative "Silent Rider" setzt sich schon seit Jahren für weniger Motorradlärm ein. Neben der Einführung einer Schallobergrenze fordert sie auch beispielsweise die staatliche Förderung und Subvention von Batterie-elektrischen Motorrädern, die um einiges leiser sind.

Beispielsweise liefern elektrische Bikes wie das SR/S der amerikanischen Firma Zero Motorcycles eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 200 Stundenkilometern - zu einem Preis, der vergleichbar mit den Angeboten von BMW und Yamaha ist. Das sei ein Schritt in die richtige Richtung, meint Siegel.
Und die Initiative geht sogar noch weiter: So fordert "Silent Rider" auch ein Verbot, Motorräder mit Augenmerk auf besonders lauten Klang zu entwerfen und verlangt eine Nachrüstung aller Auspuffanlagen, die das Limit von 80 Dezibel überschreiten.
Motorradfans starten Online-Petition
Begeisterte Motorradfahrer, die das satte Aufheulen ihrer Maschinen lieben, sind weniger von diesen Vorschlägen überzeugt. Besonders aber widerstrebt ihnen der zweite Beschluss des Bundesrates: Dieser hat nämlich auch ein Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen vorgeschlagen.

Auf sozialen Netzwerken und Petitions-Webseiten formieren sich daher bereits Gegner dieses Vorschlags. Heiko Schmidt ist einer dieser Motorrad-Enthusiasten. In einer Online-Unterschriftenaktion auf der Plattform "Open Petition" an die Bundesregierung macht er seinem Ärger Luft: "Es gibt genug arbeitende Menschen in unserem Land, die nur an Sonn- und Feiertagen dazu kommen, mal auf dem Motorrad zu entspannen und dem Alltag, der gerade in Corona Zeiten sehr schwer ist, zu entfliehen.
Auch verurteile ich die Motorradfahrer, die in Ortschaften und Wohnvierteln extra Krach machen. Aber durch dieses Verbot werden wir in unserer freien Entfaltung eingeschränkt", erklärt der Essener Motorradfan dort. Knapp 171.000 Menschen sehen das bisher genauso und haben die Petition unterzeichnet.
Generelles Fahrverbot ist "völliger Schwachsinn"
Die Aufregung um ein mögliches Fahrverbot kann Holger Siegel vom BUND allerdings nicht verstehen. Der Grund: Es ginge dabei nur um bestimmte Strecken, bei denen die Lärmbelastung unzumutbar werde. "Ein generelles Fahrverbot, egal ob an Sonntagen oder an anderen Tagen, ist völliger Schwachsinn", sagt Siegel im Gespräch mit ka-news.de.

Der Kommentarbereich wird 7 Tage nach Publikationsdatum geschlossen.
Bitte beachten Sie die Kommentarregeln und unsere Netiquette!
13.06.2020 19:23 Uhr
Da wird es Zeit für einen tragfähigen Kompromiss.
Zulassungsbeschränkung gemessen am Krach, leider auch zeitliche Fahrverbote auf beliebten Rennstrecken. (Schwarzwaldhochstraße).
Das die Biker das nicht selbst kapieren, unverständlich.
13.06.2020 10:42 Uhr
Allerdings könnte man das Motorrad auch als Ferrari des kleinen Mannes betrachten.
Wenn also eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Mitbürgern dieses Gerät, wie einige besser besuchte ihr auch mit seinem Klang auch entsprechende Emotionen verbinden, ist das eigentlich fast legitim.
Ansonsten bitte ich auch sämtliche Rasenmäher, Häcksler, Schleifmaschine und ähnliche Gerätschaften entsprechend zu reglementiert.
Diese ertrage ich nämlich auch ohne zu murren - Rücksichtnahme kann nämlich auch mal passiv sein...
11.06.2020 16:10 Uhr
11.06.2020 15:41 Uhr
Ich hatte auch nicht für die Freiheit der Minderheiten unter den Motorradfahrer plädiert, die zu doof sind, anständig und leise Motorrad zu fahren und sich dementsprechende Maschinen zu kaufen. Im Gegenteil. Eher dafür, daß die anderen nicht mit in einen Topf geworfen werden.
Und AUCH nicht bezeichne ich Betroffene oder Leute, die eine andere Meinung haben als Pöbel - bei Lärm gibts garkeine andere Meinung und betroffen bin ich selbst - an der Straße zum Rheinkiosk versteht man oft sein eigenes Wort nicht mehr.
Aber die, die ohne nachzudenken immer fordern "kann weg" und damit helfen, immer weiter die unstörenden Tätigkeiten der Mitmenschen zu verunmöglichen und dazu Beifall klatschen, bezeichne ich durchaus so. Zu Recht.
Ob das nun : alle Autos aus der Stadt, Fußball muß weg, die Jugend ist doof oder eben Motorräder sind bäh heißt.
11.06.2020 12:44 Uhr
11.06.2020 16:33 Uhr
Wenn zu laute Röhrer von der Community geächtet würden, gäbs das gar nicht (Verkäufer, Werkstätten, Mitfahrer, in Motorradkneipen und an -Treffs, von Partnern und Verwandten). Ist aber wohl nicht der Fall, im Gegenteil. Da solltet Ihr dran arbeiten.
11.06.2020 18:56 Uhr
Nur weil ich AUCH motorradfahre, kann ich da genausowenig gegen die Merkwürdigen ausrichten wie jemand, der beim KSC steht und den Chaoten zugucken muß oder ein Autofahrer gegen die Stadtraser oder ein Wanderer gegen die, die Müll hinterlassen.
Das ist Wunschdenken - die "Community" gibts nicht in dem Maße, wie man sich das vorstellt - wie auch? Und deshalb ist ein "Argumentieren" mit internen Kontrollen eher ne verfehlte Schuldzuweisung an die, die nicht zuletzt auch drunter leiden.
Wegen MIR und meinem Fahrweise - und unzähliger anderer- hätte man nicht das Elmsteiner Tal oder die Schauinslandstrecke sperren müssen.
Pauschalsperren SIND immer Blödsinn, wenn man auch kontrollieren kann. Andernfalls könnten wir auch Autoverkehr, Hundehaltung und alles andere verbieten, wenns drum geht, daß sich einige nicht an die Regeln halten.
11.06.2020 21:08 Uhr
Es ist schlicht eine Belastungsgrenze erreicht bzw. längst überschritten, das ist wie ehedem beim Rauchverbot. Da mag es auch den einen oder anderen rücksichtsvollen Raucher gegeben haben, aber es war einfach insgesamt zu viel.
Das Schöne: auch die Motorradfahrer werden sich schnell an die künftigen Regeln gewöhnen und (fast) alle sind zufrieden.
12.06.2020 09:14 Uhr
Aber die allermeisten Motorradfahrer sind doch allein oder zu zweit/zu dritt unterwegs - und die allermeisten erzeugen keinen unnötigen Lärm und fallen schlicht nicht auf. Und auf den allermeisten Straßen und Verkehrswegen ist das alles ja auch NULL Problem. Es ist einfach nicht wahr, daß für nennenswerte Gruppen der Auspuffsound was Erstrebenbswertes darstellt. Und gegen diese Behauptung zu wehren, hat nix mit wundem Punkt zu tun.
Aber wenn ich durchs Dorf oder den Schwarzwald fahre oder die Pfalz/Elsass fahre, habe ich doch keinen Einfluß darauf, wer da vorher oder nachher vorbeigefahren ist - und wie. Sowenig wie mit dem Auto.
Nöh, da gehts um blindes "Mach ich nicht, kann weg". Aber am Ende dieser Bestrebungen steht ne ganz arme Welt. Ohne vieles Schöne, was auch SIE gut finden. Und wo viele Freude dran haben.
12.06.2020 10:53 Uhr
Um mich gehts hier gar nicht. Ich kenne Ecken, die verschont bleiben (Straße zu schmal; Sackgassen...).
Der faire Ausgleich wird kommen müssen, da sich Anwohner, Bürgermeister, Tourismusbetriebe -hier geht es um Umsätze und Existenzen- und Erholungssuchende es sich nicht auf Dauer bieten lassen, von einer rücksichtslosen Mini-Minderheit tyrannisiert zu werden.
Merke: Lärm macht krank und arm.