Karlsruhe Müll, Lärm, Pöbeleien: Kommt das Alkoholverbot für den Werderplatz?
Der Werderplatz in der Karlsruher Südstadt war immer schon ein sozialer Brennpunkt. Gewerbetreibende und Anwohner klagen über eine massive Zunahme der Alkohol- und Drogenszene rund um den Indianerbrunnen. Die Stadt will jetzt handeln.
Klagen von Anwohnern und Händlern im September haben die Stadt dazu bewogen, eine Arbeitsgruppe einzurichten. "In dieser Arbeitsgruppe beschäftigen sich neben verschiedenen städtischen Ämtern auch das Polizeipräsidium Karlsruhe, die Bürgergesellschaft Südstadt und das Diakonische Werk mit der Situation am Werderplatz", so Björn Weiße, der Leiter des städtischen Ordnungs- und Bürgeramtes.
Vermüllung, Lärm und Aggressionen
Er beschreibt das aktuelle Problem als ein sehr vielschichtiges: "Es treffen sich unterschiedliche Szenen zu unterschiedlichen Zeiten am Werderplatz. Morgens sind es überwiegend Drogenkonsumenten, die ihre Substitution aus den Praxen erhalten", so Weiße. Anwohner hätten von Spritzenfunden berichtet. Es gebe Sorgen um die eigene Gesundheit und die der Kinder.
Vereinzelt wird den Behörden auch von offenem Drogenkonsum berichtet. "Überwiegend findet dieser aber in der unterirdischen Toilettenanlage statt. Später ändert sich die Szene in eine Trinkerszene, mit den für diese Szene typischen Begleiterscheinungen. Dann wird über Vermüllung und im weiteren Verlauf des Tages über Lärmbeschwerden, und Pöbeleien, bis hin zu verbalen und körperlichen Aggressionen geklagt", so der Amtsleiter im Gespräch mit ka-news.

"Werderplatzszene gibt es in dieser Form nicht mehr"
In den letzten Jahren habe sich die Szene auch von der Anzahl und der Herkunft der Personen stark verändert. Heute hielten sich zudem deutlich mehr Szeneangehörige auf dem Platz auf - aus unterschiedlichen Ländern, was das Konfliktpotenzial zusätzlich erhöhe. "Die über Jahrzehnte bekannte - und von den Anwohnenden akzeptierte - Werderplatzszene gibt es in dieser Form nicht mehr. Der Platz verträgt die bis zu 80 Szeneangehörigen nicht. Es sind einfach viel zu viele Szeneangehörige auf dem Platz", sagt Weiße.
Auch die Karlsruher Polizei berichtet von zunehmendem Alkohol- und Drogenkonsum. Das Polizeipräsidium Karlsruhe begegne dieser Situation mit unregelmäßigen Schwerpunktkontrollen und insbesondere zur Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität, auch mit nicht öffentlich erkennbaren Ermittlungen. Und auch wenn nach der Auskunft von Andreas Dahm, dem Leiter des Polizeireviers Karlsruhe Südweststadt, nicht von einem Anstieg der Kriminalität auszugehen ist, sei das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger rund um den Werderplatz natürlich dennoch beeinträchtigt.
"In unserem Lagebild (1. Januar 2016 bis 24. Januar 2017) zeigt der Werderplatz Auffälligkeiten in Bezug auf die Anzahl der Körperverletzungsdelikte (28) und der Fälle von Rauschgiftkriminalität (22)", so Dahm. In 20 Fällen seien Streitigkeiten registriert worden und in 21 Fällen mussten Personen von der Polizei in Gewahrsam genommen werden. "Von den Zahlen her liegt der Werderplatz damit noch unterhalb mancher anderen Orte der Erlebnisgastronomie", so Dahm weiter. Der zahlenmäßige Anstieg des Klientel habe nach Bewertung der Polizei aber nicht zu einem signifikanten Anstieg der Kriminalitätszahlen geführt, erklärt der Revierleiter.
Vielschichtiges Problem – schwierige Lösung?
Ein einfaches Lösungsmodell lässt sich für das vielschichtige Werderplatz-Problem nicht finden, da sind sich alle Betroffenen und Beteiligten einig. "Das Problem ist, dass gerade die Aggressionsdelikte, die fast ausnahmslos innerhalb der sich auf dem Werderplatz aufhaltenden Gruppen aber eben in der Öffentlichkeit begangen werden, die subjektive Sicherheit von Anwohnern, Gewerbetreibenden und Passanten erheblich beeinträchtigen", so Dahm.
Er fährt fort: "Der Werderplatz fühlt sich unsicherer an als er tatsächlich ist. Nicht zuletzt um auch das subjektive Sicherheitsempfinden zu stärken, werden wir zu Beginn der warmen Jahreszeit unsere Präsenzmaßnahmen auf dem Werderplatz wieder deutlich verstärken."
Alkoholverbot soll kommen
Martina Hillesheimer, die erste Vorsitzende der Bürger-Gesellschaft Südstadt, findet, dass es im Gegensatz zum "heißen Sommer 2016" derzeit - auch witterungsbedingt - ruhiger geworden ist am Werderplatz. Sie bringt das Grundproblem jedoch auf den Punkt: "Der vor einigen Jahren erarbeitete Verhaltenskodex wird einfach nicht mehr beachtet". Die Präsenz von Polizei und kommunalem Ordnungsdienst kann letztlich immer nur temporär Abhilfe schaffen, das weiß auch Weiße.
"Auch wenn viele Ideen zum Werderplatz entwickelt wurden und viele unterschiedliche Akteure -wie Ordnungsamt, Polizei, Drogenbeauftragte, Straßensozialarbeit, Kirche, Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft, Bauordnungsamt, Amt für Stadtentwicklung- ihren Teil dazu beitragen, die Auswirkungen auf die Anwohnenden zu reduzieren, wird aus Sicht des Ordnungsamtes erst ein zeitlich und örtlich beschränktes Alkoholverbot auf dem Werderplatz eine deutliche Entlastung für die Anwohnenden bringen", sagt der Amtsleiter. Der Landesinnenminister plane die hierfür notwendige Änderung des Polizeigesetzes im kommenden Jahr.
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01.03.2017 17:20 Uhr
Man könnte doch den Werderplatz mit dem Kronenplatz zusammenlegen, da hat man wirklich alle auf einem Fleck. Mauer drumrum und gut. Könnte man bei Heidelberg Zement fragen, die entwickeln da grad was mit einer ganz speziellen Beschichtung.
01.03.2017 12:53 Uhr
Störfaktoren gehören natürlich nach seiner Vorstellung von Demokratie umgehend und radikal beseitigt
01.03.2017 14:37 Uhr
Als Einwohner einer Stadt mit 300-jähriger Tradition in *hier bitte die einschlägigen Parolen eintragen* lege ich den Fokus auf die entscheidenden Passagen des Artikels wie
und stelle fest, dass es lediglich nur um eine gefühlte Unsicherheit gibt, und wir uns offenbar nur im Bereich von Wahrnehmungsstörungen (subjektives vs objektives Sicherheitsempfinden) befinden.
Ich empfehle daher den Download des Programms der Karlsruher Wochen gegen Rassismus und den Besuch derselben.
01.03.2017 13:15 Uhr
Fakt ist doch, dass es dort zu erheblichen Ruhestörungen und Straftaten kommt. Das ist den Anwohnern und Geschäftsleuten ab einem gewissen Punkt schlichtweg nicht mehr zuzumuten. Das hat nichts mit dem optischen Erscheinungsbild der Leute zu tun. Ich glaube, den betroffenen Anwohnern wäre es egal, wenn deren Haare wie bei Rapunzel meterlang sind - so lange die Leute einigermaßen friedlich bleiben und sich nicht asozial verhalten.
01.03.2017 16:41 Uhr
Es ist mir dort noch nie etwas unangenehmes passiert, außer daß mal mein Fahrrad geklaut wurde, aber das hätte genauso gut wo anders passieren können, ich hatte vergessen abzuschließen.
Auch falle ich nicht gerade in Jubel aus ansichtlich der Zustände und der sich dort aufhaltenden Menschen, aber es sind Menschen und kein Ungeziefer, das man beseitigen muss.
Aber da ich in keinem totalitärem Staat leben will, muss ich das aushalten.
Es gibt wirklich mich mittelbar und unmittelbar betreffende andere Dinge, die mich wegen unverschämten Ungerechtigkeit auf die Palme bringen.
01.03.2017 12:26 Uhr
01.03.2017 12:40 Uhr
28.02.2017 23:45 Uhr
01.03.2017 04:59 Uhr
Den meisten Ärger in meinem Leben hatte ich mit Frauen, die saufende Männer deckten und auf mich losgingen. Zum Teil war es Neid, weil ich ohne so einen Mann auskam. Andere hackten, weil sie von den Alkoholikern geschickt manipuliert wurden und diese Männer sehr geschickt im Geld beschaffen sind, wovon die Partnerinnen gut profitierten. Manche gifteten auch nur, weil ich das Thema offen ansprach.
Ich selbst habe zum Glück keine Alkoholabhängigkeit, obwohl man mir das auch schon andichten wollte. Noch nicht einmal eine therapierte Abhängigkeit oder eine wie ehedem bei Schulz.
Es gibt wohl kaum einen Menschen, der nicht schon einmal besoffen war. Nicht davon loszukommen ist aber ein Problem für alle.
Ich halte Grenzen zu setzen für richtig!
28.02.2017 13:45 Uhr
Was bitte schön, hat eigentlich der Beginn der warmen Jahreszeit mit der Erhöhung polizeilicher Präsenzmaßnahmen zu tun? Hält die Polizei in diesem Bereich Winterschlaf?