Karlsruhe Ein Jahr Grundeinkommen: Karlsruherin bekommt "einfach so" Geld
Das Grundeinkommen - ein Thema, das die Gemüter spaltet. Seit Juli 2014 gibt es die Initiative "Mein Grundeinkommen", dort werden immer dann für ein Jahr 1.000 Euro Grundeinkommen verlost, sobald genug Spenden zusammen gekommen sind. Eine der Gewinnerinnen kommt aus Karlsruhe.
Die Idee vom bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) gibt es schon lange, und genauso lange wird über Sinn oder Unsinn diskutiert. Einen Betrag X, jeden Monat, einfach so - einige Parteien wie die Union lehnen das ab, andere, wie die Piraten oder die Grünen, sind Befürworter. Daher hat der Grünen-Landesverband Baden-Württemberg 2007 das BGE in ihr Programm aufgenommen.
Auch die Bundestagsabgeordnete der Grünen aus Karlsruhe, Sylvia Kotting-Uhl, steht dem Grundeinkommen positiv gegenüber. Die Angst, dass die Menschen sich sozusagen "auf die faule Haut" legen, sieht sie als unbegründet an. "Ich denke, dass das Grundeinkommen aktiviert", sagt Kotting-Uhl im Gespräch mit ka-news.
Könnte Grundeinkommen Hartz IV ersetzen?
"Das ist eine Grundsicherung, bei der nicht auf meine Bedürftigkeit geprüft wird, wo man sich nicht kontrollieren lassen muss, das würde Sicherheit schaffen", so die Bundestagsabgeordnete weiter. Durch das BGE könnte, in den Augen von Sylvia Kotting-Uhl das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) wegfallen, die gesetzliche Rentenpflicht könnte entfallen, Krankenversicherung und Arbeitslosengeld I sollen jedoch erhalten bleiben.
Bleibt die Sache mit der Finanzierung, das "Grünen Netzwerk Grundeinkommen" weiß, dass das BGE Geld kostet: "Wir plädieren dafür, dass über das Finanzamt laufen zu lassen, nicht über die Arbeitsagentur. Dann wird das mit den Steuern verrechnet, sobald die fällig werden. Denn wir wollen nicht, dass Menschen, die schon gut situiert sind, davon noch profitieren. Denn dafür ist das Grundeinkommen nicht gedacht", sagt Sylvia Kotting-Uhl. "Das BGE müsste mit einer Steuerreform einhergehen, negative Einkommensteuer wäre da ein Ansatz."

Einige Sozialleistungen könnten entfallen
Das sieht Ingo Wellenreuther von der CDU anders. "Ich lehne ein Bedingungsloses Grundeinkommen ab", sagt der Bundestagsabgeordnete aus Karlsruhe gegenüber ka-news. "Unser Ziel ist es, dass es bei uns allen möglich sein soll, ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen. Mit dem Mindestlohn wurde hierzu bereits ein Beitrag geleistet." Grundsicherung soll daher weiterhin geleistet werden, wenn Menschen aus etwa gesundheitlichen Gründen nicht arbeiten können, so Wellenreuther weiter.

Einen ersten Versuch für das BGE ist der Verein "Mein Grundeinkommen" aus Berlin. Im Juni 2014 startete der Verein, seitdem wurden mehr als 150 Grundeinkommen in Höhe von 1.000 Euro für jeweils ein Jahr verlost. Per Crowdfunding sammelt "Mein Grundeinkommen" Geld und immer wenn 12.000 Euro zusammen kommen, entscheidet das Los über den glücklichen Gewinner. Eine der Gewinnerinnen kommt aus der Fächerstadt: Sissi. Sie hatte sich und ihre vier Kinder bei der Verlosung angemeldet, gezogen wurde das Los der Tochter Emma.
Das zusätzliche Einkommen kam ganz gelegen
"Wir haben das gar nicht so verfolgt und im November 2016 stand da plötzlich unsere Losnummer", erzählt Sissi im Gespräch mit ka-news. 1.000 Euro im Monat für ein Jahr - einfach so. Für die gelernte Hotelmanagerin, die gerade ihren Master in Geoökologie macht, eine große Erleichterung. "Ich konnte weiterstudieren, wir konnten uns für unser jüngstes Kind eine Tagesmutter leisten. Und Emma hat sich erst einmal ihr Kinderzimmer komplett neu eingerichtet. Sie durfte sich alles selbst aussuchen!"
Für die Familie war es damit ein "Familieneinkommen". Zusammen war die Familie im Urlaub oder haben Ausflüge am Wochenende gemacht. "Das war mit nur einem Einkommen und meinem Bafög sonst einfach nicht drin", so Sissi weiter. Dann ging noch das Auto und die Waschmaschine kaputt - beides musste neu angeschafft werden. Auch dafür haben sie das gewonnene Grundeinkommen verwenden müssen.

"Die finanziellen Ängste verschwinden"
Doch rückblickend hat sich für sie nicht viel verändert. "Was aber gut war, dass ich meine Kinder betreuen lassen konnte, dass ich weiterstudieren konnte dadurch und wir nicht in finanzielle Nöte gekommen sind. Und dass wir den Kids viele Ausflüge in die Natur ermöglichen konnte und ich meine Weiterbildung zur DoulaGeburtsbegleiterin machen konnte!" Das war ein großer Wunsch der vierfachen Mutter, andere Frauen bei der Geburt zu begleiten. "Das hätte ich mir ohne Grundeinkommen nie erfüllt!"
Mit dem Grundeinkommen, so sagt sie, kann sie nun etwas an die Gemeinschaft zurückgeben. "Ich kann etwas bewegen. Ich denke, alle bisherigen Gewinner haben etwas gemacht und es ist damit etwas Positives passiert", sagt Sissi gegenüber ka-news. Für die sechsköpfige Familie war es vor allem eins: "Der Verlust der finanziellen Ängste!"
Das sieht auch Sylvia Kotting-Uhl so. "Das BGE sichert die Existenz, ohne Angst, das ist das entscheidende. Für das darüber hinaus muss man in den Erwerbsverdienst." So hat das auch die Gewinner-Familie gemacht. Von dem Geld ist kaum noch etwas übrig, doch was sie durch das Grundeinkommen alles erleben konnten, das möchten sie nicht missen. "Ich finde diese Initiative sehr gut und sehr unterstützenswert. Deswegen spenden wir jeden Monat 10 Euro und geben so wieder etwas zurück!"

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16.03.2018 13:06 Uhr
16.03.2018 12:22 Uhr
Wir schaffen uns ab. Und die ganzen linken Phantasten glauben auch noch, dass das System so funktioniert. Wenn dann der totale Zusammenbruch kommt - und der ist unausweichlich - kommt das große Heulen. Dann will es keiner gewesen sein. Und den Herrn Götz Werner, der bei diesem Thema ja immer so gern als Referenz angeführt wird, den wird es nicht interessieren. Denn der hat dann ganz bestimmt rechtzeitig vor dem Zusammenbruch sein Vermögen anderswo in Sicherheit gebracht.
16.03.2018 17:30 Uhr
wenn das Grundeinkommen bon 1000€ in Monat knapp 800 Milliarden Euro kosten würde - das heutige Sozialsystem kostet zufälligerweise genauso viel. Hier sind noch ein paar andere Positionen drinne, Rente/H4 sind trotzdem ein Riesenbatzen davon.
Nachteilig ist auch wenn der aktueller Hartzer wohl Leistungen in dem dreh 800-1000€ bekommt gibt es bedürftige die Deutlich mehr bräuchten (Behinderung/Krankheiten). Die fallen oft beim theoretischen BGE hinten runter.
16.03.2018 13:23 Uhr
Korrigiert mich, wenn es diesen Fall heute nicht gibt.
Also ich glaube, es gibt durchaus Menschen, denen man das Grundeinkommen gönnen kann.
16.03.2018 14:04 Uhr
Es gibt aber auf der anderen Seite durchaus viele Fälle der unverschuldeten Bedürftigkeit, und da sollte natürlich dann auch der Begriff "Sozialstaat" gelebt werden. In der von Ihnen geschilderten Konstellation gerne auch spürbar über Hartz IV hinaus.
16.03.2018 12:07 Uhr
Streng gesehen hätte sie dann das Geld nicht einfach für sich verwenden dürfen, sondern hätte dafür sorgen müssen, dass das Geld in erster Linie ihrer Tochter zu Gute kommt.
16.03.2018 12:10 Uhr
16.03.2018 10:54 Uhr
16.03.2018 10:48 Uhr
Was ist, wenn die Wirtschaft nicht mehr boomt, denn ein nicht unwesentlicher Teil der Arbeitnehmer muss das bedingungslose Grundeinkommen erwirtschaften. Für alle ein bedingungsloses Grundeinkommen ist wohl eine Illusion. Steuern auf Maschinen, die Produkte werden teurer, die unteren Einkommensbezieher können sich das nicht mehr leisten.
Wer erarbeitet unsere soziale Absicherung, sicher nicht die Maschinensteuer.
Müssen die Arbeitnehmer dann die doppelten Sozialbeiträge bezahlen, für die, die das Grundeinkommen beziehen. Denn auch diese wollen gesetzlich versichert ein und die Kranken,-Pflege,-Rentenkasse für sich in Anspruch nehmen.
16.03.2018 11:20 Uhr
Ein Vorschlag geht dahin, Harz 4 zu streichen und 1000 Euro bedingungslos zu bezahlen. Langt aber auch nicht, Wohngeld und Sozialkosten müssen für die "Harz 4ler und Familien ja dann auch von uns allen getragen werden. Und für die Gutverdiener ist es ein Zubrot, dass sie mit höheren Steuern mit finanzieren.
Diese Idee des bedingungslosen Grundeinkommens wird vor allen Dingen von den grünen Politikern unterstützt, von denen die allermeisten noch nie in den Niederungen der gesetzlich versicherten Arbeitswelt ihren Lebensunterhalt verdienen mussten.
Und was ist, wenn wir in eine Rezession rutschen, wie 2008/2009.