"Geschlossenheit" war das Wort des Abends. Kein Begriff dürfte in der gut drei Stunden dauernden Nominierungsveranstaltung öfter gefallen sein als dieser. Geschlossenheit beschwor der stellvertretende Kreisvorsitzende der CDU, Sven Maier, in seiner die Veranstaltung einleitenden Rede. Geschlossenheit forderte der Tagungspräsident und Pforzheimer CDU-Bundestagsabgeordnete, Gunther Krichbaum, und nach Geschlossenheit rief auch derjenige, um den es an diesem Abend ging: der Karlsruher CDU-Kreisvorsitzende Ingo Wellenreuther.
Antrag zur Verschiebung der Nominierung gescheitert
Der betonte in seiner Vorstellungsrede zunächst die "erfolgreiche Leistungsbilanz" der CDU im Bund: mehr Netto vom Brutto für die Bürger, niedrige Arbeitslosigkeit, der erfolgreiche Kampf gegen die europäische Schuldenkrise, mehr Investitionen in Bildung und Forschung, Erfolge beim Thema Infrastruktur und Verkehr sowie bei der inneren Sicherheit. Nun gelte es, politische Experimente - namentlich: Rot-Grün - zu verhindern. Und eben dafür brauche "Deutschland und Karlsruhe eine starke und eine geschlossene CDU".
Auf eine erste Probe, wie geschlossen die Karlsruher CDU wirklich ist, war es bereits zu Beginn der Veranstaltung gekommen. Wie schon im Vorfeld angekündigt, wurde von Kritikern Wellenreuthers via Geschäftsordnungsantrag eine Vertagung derselben gefordert. Die Diskussion über die Niederlage Wellenreuthers bei der Oberbürgermeisterwahl sei äußerst kontrovers geführt, die Öffentlichkeit aber nur mit Halbwahrheiten informiert worden, so der Vorsitzende der CDU-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung MIT, Gregor Wick, in seiner kurzen Rede zum Antrag.
"Zu wenig für die OB-Wahl, viel genug für eine Bundestagswahl"
"Eine Verschiebung würde der Partei und Ingo Wellenreuther beschädigen", hielt die CDU-Fraktionsvorsitzende im Karlsruher Gemeinderat, Gabriele Luczak-Schwarz, dagegen. Es sei richtig, dass die Niederlage einer gründlichen Analyse bedürfe, hier sei diese Diskussion allerdings fehl am Platz. Der Antrag zur Geschäftsordnung wurde von den 370 stimmberechtigten CDU-Mitgliedern abgelehnt.
Wellenreuther selbst ging in seiner Rede auf die der Nominierungsveranstaltung vorausgegangene Debatte nur am Rande ein: "Ich strecke meine Hand jedem hin", betonte er, "ich hoffe, dass alle mitmachen." Sein OB-Wahlergebnis von 36 Prozent sei zu wenig gewesen, um zu gewinnen, "aber viel genug, für eine Bundestagswahl", so der 53-Jährige.
Parteiausschluss der Wellenreuther-Kritiker gefordert
Deutlicher wurde Wellenreuther in der anschließenden Kandidatenbefragung: "Glaubwürdigkeit ist entscheidend", sagte er gegenüber Karlsruhes Erster Bürgermeisterin und ehemaligen parteiinternen Konkurrentin um die Oberbürgermeisterkandidatur, Margret Mergen, auf deren Frage, was er tun wolle, um das Vertrauen der Karlsruher zu gewinnen. "Und es ist hilfreich, wenn alle Mitglieder mitarbeiten, das Vertrauen in ihren amtierenden Abgeordneten zu steigern." Er sei aber zuversichtlich, dass diejenigen, die Kritik an ihm zu äußern hätten, ihm diese künftig ins Gesicht sagen würden, statt den Weg über die Öffentlichkeit zu wählen.
Noch eine Spur härter ging Wellenreuther mit dem ehemaligen EnBW-Chef und CDU-Mitglied Gerhard Goll ins Gericht, der sich im OB-Wahlkampf offen auf die Seite von Frank Mentrup gestellt und diesen aktiv unterstützt hatte. "Das war für mich außerhalb jeder Vorstellung und hat mich brutal getroffen", so Wellenreuther auf die Frage Golls, was er denn von einem Parteiausschluss der Kritiker halte, den zuvor ein anderes CDU-Mitglied gefordert hatte. "Ich bin nicht dafür", antwortete Wellenreuther, "weil ich dafür bin, mit den Leuten in einen Dialog zu gehen." Wichtig sei der Austausch und dass man die Meinung nicht aus den Medien erfahre.
82,3 Prozent stimmen für Wellenreuther
Über das Ergebnis der Abstimmung, gab sich Wellenreuther begeistert - "Ich danke für Ihr Vertrauen", rief er in den Applaus, nachdem das Ergebnis verkündet worden. 265 der 373 anwesenden, stimmberechtigten Mitgliedern hatten stimmten mit "Ja" für den einzigen angetretenden Kandidaten, Ingo Wellenreuther, gestimmt. 57 stimmten mit "Nein", 5 enthielen sich und eine Stimme wurde für ungültig erklärt. Insgesamt waren 373 stimmberechtigte Mitglieder anwesend. Ingo Wellenreuther kommt damit auf ein Ergebnis von 82,3 Prozent (265 von 322 gültigen Stimmen).
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