Anfangs unterstützte der schon arrivierte Organist den um Anerkennung kämpfenden Komponisten. Er gab ihm Selbstvertrauen und spornte ihn zu monumentalen Orgelwerken an, die die Grenzen des Instruments ausloteten und den Orgelbau vor neue Aufgaben stellten, in ihrer herausfordernden Kühnheit zugleich auch den Interpreten die Möglichkeit gaben, ihr Können zu demonstrieren. Der Name Regers als enfant terrible der deutschen Musik war bald in aller Munde.
Ein Doppelporträt von Max Reger und Karl Straube existiert nicht - doch schon zu Lebzeiten erschien in einer Musikzeitung dieser retuschierte Ausschnitt aus einem Gruppenfoto, das 1905 im Rahmen der Uraufführung von Regers Sinfonietta in Essen entstand.

Aus dem künstlerischen Austausch entwickelte sich eine vertrauensvolle Freundschaft. Reger schätzte Straubes Rat und gewährte ihm, auch als er längst ein berühmter Komponist war, Einblick in Werke, die noch im Entstehen begriffen waren; auch fungierte Straube als Textberater. Straubes Einsatz für Reger als Thomasorganist und Professor am Leipziger Konservatorium prägte nicht zuletzt die Sicht mehrerer Organistengenerationen auf Reger.
Immer wieder finden wir Fotografien von Max Reger bei der Arbeit, eine Zigarette oder Zigarre rauchend. Selbst beim Schwimmen in Gebirgsseen durfte die Zigarre nicht fehlen. Das Rauchen war schlussendlich ursächlich für Regers Herztod am Morgen des 11. Mai 1916 in einem Leipziger Hotel.

Die Ausstellung des Max-Reger-Instituts thematisiert diese über das Orgelwerk hinausreichende, das gesamte Schaffen Regers betreffende Beziehung und zeigt eine Fülle kalligraphisch schöner, deutlich lesbarer Autographen, deren Mehrfarbigkeit den Impetus des Schreibens und Komponierens widerspiegelt.
Damit Karl Straube schon vor ihrer Drucklegung Regers Orgelwerke einstudieren konnte, erstellte Reger für seinen Interpreten jeweils eine separate Notenhandschrift. Das Manuskript der Phantasie über den Choral „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ ist die letzte vollständig im typischen Schwarz und Rot ausgearbeitete Handschrift, die Reger für Straube erstellte – danach erfolgte die Drucklegung so zeitnah mit der Fertigstellung des Manuskripts, dass ein separates Manuskript für Straube nicht mehr nötig war.

Launige Einträge zeugen von schwungvoller Zusammenarbeit, die jedoch auch ernste Konsequenzen von Kürzungen in weit fortgeschrittenen Werken bis hin zum Abbruch einer Komposition haben konnten.
Die Notenhandschriften für Karl Straube blieben zunächst in dessen Besitz und konnten erst aus dessen Nachlass sukzessive vom Max-Reger-Institut erworben werden. Das Manuskript einer der bekanntesten Orgelkomposition Regers überhaupt, der Phantasie und Fuge über B-A-C-H, gelangte 2017 in die Sammlung des Max-Reger-Instituts.

Die Autographensammlung des Max-Reger-Instituts umfasst rund ein Drittel aller Musikhandschriften des Komponisten und wird in der Badischen Landesbibliothek aufbewahrt.Die gegenseitige Wertschätzung zwischen Straube und Reger zeigt sich in zahlreichen Widmungen, sei es von Noteneditionen oder Notenhandschriften. Gerade der Austausch von Fotografien galt als besonderes Zeichen der Wertschätzung.

Als pädagogisches und gleichzeitig künstlerisch ambitioniertes Werk war Regers Bearbeitung von Bachs zweistimmigen Inventionen, zu denen er eine dritte Stimme hinzufügte und das Ganze für Orgel einrichtete. Die Auszeichnung mit Pedalanweisungen sollte durch Karl Straube erfolgen, der diesen Arbeitsschritt erst im Korrekturprozess vornahm; daher fehlt er in Regers Manuskript.

1903 wurde Karl Straube Organist der Thomaskirche in Leipzig, 1918 Thomaskantor. Die renommierte Stelle war seinerzeit die höchste Auszeichnung für jeden protestantischen Organisten.
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