Es war im Sommer 2017 als die Stimmung beim KSC am Tiefpunkt war. Sang- und klanglos war man im Mai als Tabellenletzter in die 3. Liga abgestiegen. Als Top-Favorit in die neue Saison gestartet, war die Euphorie nach schwachem Saisonstart schnell verflogen. Trainer Marc-Patrick Meister musste gehen, der erfahrene Alois Schwartz übernahm und leitete nach etwas Anlauf die Wende ein.

Ein scheinbar uneinholbarer Vorsprung auf die Spitzengruppe der Liga konnte die Mannschaft dank einer beispiellosen Serie ungeschlagener Spiele nach und nach einholen und belohnte sich am Ende mit dem Relegationsplatz für die starke Saisonleistung ab dem Spätsommer. Größtes Prunkstück der Saison war die KSC-Defensive: In 38 Spielen kassierten die Badener nur 29 Gegentore. Mit Aue trifft der KSC auf die Zweitliga-Mannschaft mit dem schlechtesten Torverhältnis (-14).      

Gesamtbilanz spricht für den Drittligisten

Vor neun Jahren wurde in der damals neu gegründeten 3. Liga der Relegationsmodus eingeführt. In der Bundesliga gab es die Entscheidungsspiele bereits zwischen 1982 und 1991. Seit der Relegation zwischen dem Drittletzten der zweiten Liga und dem Dritten der 3. Liga im Jahr 2009 setzte sich in sieben Spielen am Ende die tieferklassigere Mannschaft aus der 3. Liga durch.

Nur Dynamo Dresden im Jahr 2013 und 1860 München zwei Jahre später, konnten sich gegen den VfL Osnabrück beziehungsweise Holstein Kiel behaupten. Im Jahr 2012 musste der KSC, damals als Zweitligist, den Abstieg in die 3. Liga hinnehmen. In der Relegation zog man gegen Jahn Regensburg den Kürzeren. Im Rückspiel kostete die Auswärtstorregel dem Team von Markus Kauczinski den Klassenerhalt.

KSC-Torwart Dirk Orlishausen (r) rettet vor dem Regensburger Thomas Kurz (l). Foto: Christian Butzhammer
KSC-Torwart Dirk Orlishausen (r) rettet vor dem Regensburger Thomas Kurz (l). Foto: Christian Butzhammer

Auswärtstore könnten wichtig werden

Nach einem 1:1-Unentscheiden in Regensburg gab es auch drei Tage später im Wildparkstadion keinen Sieger. Das Spiel endete 2:2. Dennoch waren es die Niederbayern aus Regensburg, die sich über den Aufstieg freuen durften, während der KSC den Gang in die 3. Liga antreten musste. Aufgrund der zwei geschossenen Auswärtstore ging Regensburg als Sieger aus der Relegation hervor. Nach der Partie kam es rund um das Wildparkstadion durch einige Chaoten zu massiven Ausschreitungen. 

Nach dem Abstieg des KSC 2012 kam es zu Ausschreitungen mit zahlreichen Verletzten.
Nach dem Abstieg des KSC 2012 kam es zu Ausschreitungen mit zahlreichen Verletzten. | Bild: Uli Deck (dpa)

Die Auswärtstorregel wurde in Wettbewerben, in denen Hin- und Rückspiel vorgesehen sind, eingeführt, um eine Entscheidung möglichst ohne Verlängerung und Elfmeterschießen herbei zu führen oder ein Wiederholungsspiel zu umgehen. Die Regel wird auch in den europäischen Wettbewerben Champions- und Europa League eingesetzt. Sie besagt, dass bei unentschiedenem Spielstand in der Addition die Mannschaft gewinnt, die mehr Auswärtstore erzielt hat.

Aue hat im direkten Vergleich die Nase vorne

Zwar spricht die Relegations-Bilanz für den Drittligisten und damit für den KSC, doch die Statistik im direkten Duell mit den lila "Veilchen" aus dem Erzgebirge spricht gegen die Badener. Von bislang 18 Duellen zwischen den beiden Mannschaften gewann Aue acht. Der KSC siegte fünfmal. In weiteren fünf Partien trennte man sich jeweils unentschieden.

Das Team aus dem Wildpark holte vier der insgesamt fünf Siege gegen Aue zu Hause, gewann nur einmal im Erzgebirge. Die "Veilchen" schafften immerhin drei Siege im Wildparkstadion, gewannen fünf Spiele vor der Heimkulisse. Das letzte direkte Aufeinandertreffen gab es in der zweiten Liga am 10. März 2017, Aue gewann zu Hause mit 1:0. In den 18 Duellen fielen insgesamt 46 Tore, davon 27 im Wildpark.

Vergeblich streckt sich Torhüter Dirk Orlishausen (Karlsruhe) nach dem Elfmeter von Dimitrij Nazarov (Aue, hinten links) zum 1:0.
Das letzte Aufeinandertreffen: Vergeblich streckt sich KSC-Torhüter Dirk Orlishausen nach dem Elfmeter von Dimitrij Nazarov (Aue, hinten links) zum 1:0. | Bild: Frank Kruczynski

Aktueller Teamvergleich macht Hoffnung 

Zwar spricht die Gesamtstatistik für Zweitligist Aue, doch die aktuellen Leistungsdaten der abgelaufenen Saison sprechen nahezu ausschließlich für das Team von Alois Schwartz. 49 KSC-Treffern stehen 35 Aue-Tore gegenüber. Zugegebenermaßen hatte der KSC dafür auch vier Spiele mehr Zeit (38 Spieltage).

Und außerdem: Zwar blieben die Karlsruher in zwölf Ligaspielen ohne eigenen Treffer, Aue nur in neun, doch dazu kommt die überragende Bilanz von 21 Saisonspielen ohne Gegentreffer für den KSC. Aue hielt nur sieben mal die Null. Vorne hat der KSC die Nase auch in Sachen Social Media: Ob Twitter, Facebook oder Instagram. Die Badener können auf allen Kanälen deutlich mehr Fans hinter sich vereinen.

Social Media Vergleich
Bild: Screenshot

Spiele kommen im öffentlich-rechtlichen Programm

Großes Verwirrspiel herrscht seit Saisonbeginn bei den TV-Rechten: Wo kann ich welches Spiel meiner Mannschaft verfolgen? Über ein halbes Dutzend Anbieter zeigten in dieser Saison Spiele aus den drei Profiligen und den Regionalligen. Erstmals kommen in dieser Saison nur die Aufstiegsspiele der zweiten Liga live im frei empfangbaren Fernsehen. Eine gute Nachricht für alle KSC-Fans, die keine Karte mehr für den ausverkauften Wildpark bekommen haben oder den rollenden Ball lieber von der Couch beobachten.

Zusammen mit der ARD überträgt das ZDF die deutschen Spiele der UEFA Nations League.
Das ZDF überträgt beide Spiele live im Free-TV. | Bild: Arne Dedert

Das ZDF überträgt beide Spiele zwischen dem KSC und Erzgebirge Aue live ab 18 Uhr aus dem Wildparkstadion und am kommenden Dienstag aus dem Erzgebirgsstadion. Aufgrund der kurzen Zeit vor der Spielübertragung wird kein Fußball-Experte die Partie aus Karlsruhe oder Aue kommentieren. Die Spiele sind zusätzlich im Pay-TV bei Eurosport zu sehen. Eurosport hat sich zudem die Exklusiv-Rechte für beide Relegationsspiele der Bundesliga, zwischen Wolfsburg und Holstein Kiel, gesichert.

Pokalfinale zwischen den Relegationsspielen

Am heutigen Freitag und kommenden Dienstag steht und fällt die Saisonbilanz der Karlsruher. Es sind die beiden wichtigsten Tage für den KSC in der ganzen Saison. Doch dazwischen, keine 30 Stunden vor dem Rückspiel, steht noch das Verbandspokalfinale an, für das sich der KSC mit einem 4:0 über Waldhof Mannheim qualifiziert hat. Allerdings wird das Spiel gegen den Oberligisten CFR Pforzheim zur Randnotiz.

Die Mannschaft von Alois Schwartz bereitet sich zu diesem Zeitpunkt bereits intensiv auf das Rückspiel in Aue vor. Verlegt werden kann das Finale auch nicht, da es in den vom Deutschen-Fußball-Bund (DFB) organisierten "Finaltag der Amateure" eingebettet ist. An diesem Tag zeigt die ARD alle Verbandspokal-Finalspiele in einer Konferenz live im Fernsehen.

KSC gegen SV Waldhof Mannheim
Im Halbfinale des Verbandspokals setzte sich der KSC gegen Waldhof Mannheim durch. Jetzt spielt wohl eine Reserve-Elf aus A-Junioren und Oberligaspielern im Finale gegen CFR Pforzheim. | Bild: Tim Carmele

Denkbar ist, dass der KSC mit einer Reserveauswahl zum Pokalfinale nach Nöttingen reist, bestehend aus A-Jugend-Spielern und Akteuren aus der zweiten Mannschaft. Die spielt wie auch Gegner Pforzheim in der Oberliga Baden-Württemberg. Das letzte Duell im März konnten die Pforzheimer mit 2:1 für sich entscheiden.

Die gute Nachricht: Durch die KSC-Relegation erhöhen sich die Chancen des CFR auf einen Pokalsieg. Die schlechte: Die Zuschauer und auch die Spieler der Pforzheimer werden nicht die Stars aus der ersten Mannschaft des KSC zu Gesicht bekommen.

Entscheidungsspiele gegen Ex-Trio 

Zusammen mit den "Veilchen" aus Aue, kommen heute auch drei Spieler zurück in den Wildpark, die vor nicht allzu langer Zeit noch das blau-weiße Trikot des KSC getragen haben. Dennis Kempe, Pascal Köpke und Dimitrij Nazarov haben eine KSC-Vergangenheit. Der 31-jährige Kempe war sechs Jahre im Dienst der Badener auf der linken Seite aktiv. I m vergangenen Sommer wechselte er nach dem Drittliga-Abstieg ins Erzgebirge, kämpft jetzt mit den Sachsen um den Klassenverbleib. 

Aues Pascal Köpke (M) jubelt nach seinem Tor zum 1:0 mit Dennis Kempe (l) und Dimitrij Nazarov.
Drei Ex-Badener im lila Trikot der Sachsen. Dennis Kempe, Pascal Köpke und Dimitri Nazarov haben eine KSC-Vergangenheit. | Bild: Robert Michael

Pascal Köpke, Sohn von Bundestorwart-Trainer Andreas Köpke, kam 2015 ablösefrei von Unterhaching zum KSC, wechselte aber nur ein Jahr später für 400.000 Euro zu Erzgebirge Aue, zu denen man ihn zuvor bereits ausgeliehen hatte. Bei Aue entwickelte sich der 22-Jährige zum Leistungsträger, machte alle 34 Saisonspiele und war an 18 Toren der Sachsen beteiligt. Der Dritte im Bunde, Dimitrij Nazarov, lief drei Jahre im blau-weißen Trikot auf. 2013 kam der Nationalspieler Aserbaidschans von Preußen Münster, 2016 zog es den 28-Jährigen zu den "Veilchen".

Nazarov und Kempe erlebten damals in Diensten des KSC auch das Relegations-Drama 2015 gegen den Hamburger SV mit. 1:0 führte man im heimischen Wildparkstadion gegen den "Dino". Ein Sieg wäre gleichbedeutend mit dem Bundesliga-Aufstieg gewesen. Doch wenige Minuten vor Spielende entschied Schiedsrichter Gräfe auf einen umstritten Freistoß für die Hamburger, zentral vor dem Tor von Dirk Orlishausen.

01.06.2015, xfux, Fussball Relegation, Karlsruher SC - Hamburger SV, v.l.
Kennt die Relegation, allerdings im blau-weißen Dress: Dimitri Nazarov (inzwischen in Aue) hier im Wortgefecht mit dem Hamburger Matthias Oszolek. | Bild: fu-sportfotografie

Ex-Nationalspieler glaubt an seinen Heimatverein

Oliver Kahn wünscht seinem Heimat- und Ausbildungsverein die Rückkehr in die zweite Liga. Dort sei aber vor allem Stabilität und Kontinuität für die Zukunft gefragt. Das sagte der ehemalige Weltklasse Torhüter in einem Interview mit dem ZDF. Eine wirkliche Entwicklung über einen längeren Zeitraum sei in der Vergangenheit leider nicht zu erkennen gewesen, attestiert Kahn.

Auch Kahns ehemaliger Nationalmannschaftskollege Jens Nowotny hat seine Wurzeln bei den Badenern. Der in Malsch bei Ettlingen geborene Nowotny durchlief sämtliche Jugendteams des KSC und spielte danach zehn Jahre für Bayer Leverkusen. Dort schaffte Nowotny auch den Sprung in die Nationalmannschaft und war Teil des WM-Kaders 2006. Heute arbeitet er als Spielerberater.

Ex-KSC Profi Jens Nowotny
Bild: Privat

Nowotny sieht die beiden Spiele als Chance, sich für eine tolle Saison zu belohnen. Ich kann selbst nicht im Stadion sein - drücke dem KSC aber natürlich ganz fest alle Daumen", so Nowotny gegenüber ka-news. "Die Mannschaft hat die ganze Saison toll gespielt, mehr Tore erzielt als bekommen und mehr gewonnen als verloren. Die andere Mannschaft hat in der Saison das genaue Gegenteil erreicht und die beiden Spiele werden als Risiko betrachtet." Der Ex-Nationalspieler sieht den KSC mental im Vorteil, er erwartet ein Duell Motivation gegen Verunsicherung.

Auch Timo Staffeldt, zwischen 2003 und 2012 beim KSC, wünscht dem Verein eine erfolgreiche Relegation: "Ich wünsche dem Verein natürlich, dass er aufsteigt und wieder dahin kommt, wo er mindestens hingehört, in die 2. Liga", so der 34-Jährige. Aus beruflichen Gründen kann er nicht ins Stadion kommen. Staffeldt arbeitet inzwischen im Sportmarketing.  

Der größte Star den der KSC in der jüngeren Vergangenheit hervor brachte, verfolgte auch die Drittliga-Saison seines Jugendvereins. Gladbach-Kapitän und Nationalspieler Lars Stindl freut sich, dass die Karlsruher nach anfänglichen Schwierigkeiten noch eine so erfolgreiche Runde gespielt haben. "Ich drücke ihnen für die Relegation die Daumen. Viele Freunde und Bekannte von mir sind vor Ort und die Euphorie ist riesig. Das zeigt schon allein der Ticketverkauf", so der 29-Jährige.

Gladbachs Lars Stindl hat die WM noch nicht abgeschrieben.
Gladbachs Lars Stindl gewann 2017 mit der Nationalmannschaft den Confed Cup in Russland. | Bild: Marius Becker

Gegner Aue schätzt Stindl als extrem unangenehm ein, hofft aber darauf, dass sich die Blau-weißen am Ende durchsetzen. Stindl kuriert derzeit eine Fußverletzung aus, verpasst deshalb die Weltmeisterschaft mit der Nationalelf. 2010 wechselte der Offensivspieler von Karlsruhe zu Hannover und von dort fünf Jahre später zu Borussia Mönchengladbach, deren Kapitän er ist. 

Duell gegen HSV als zusätzlicher Motivationsfaktor?

Es kann nur spekuliert werden, ob die in Aussicht stehenden Duelle gegen den Hamburger SV bei einer erfolgreichen Relegation einen zusätzlichen Motivationsschub entfachen. Noch immer steht eine Revanche für das bittere Relegations-Aus gegen die Nordlichter aus.

Beim Aufstieg würde man in der kommenden Saison auf den HSV treffen, der erstmals in die zweite Liga abgestiegen ist. Mit Dirk Orlishausen, Daniel Gordon (mit einer kurzen Unterbrechung in Sandhausen) und Martin Stoll stehen allerdings nur noch drei Spieler im aktuellen Kader der Badener, die schon beim Relegationsspiel gegen den HSV dabei waren. 

01.06.2015, xfux, Fussball Relegation, Karlsruher SC - Hamburger SV, v.l.
Der damalige HSV-Coach Bruno Labbadia tröstet nach dem Relegations-Rückspiel einen bitter enttäuschten Daniel Gordon. | Bild: fu-sportfotografie

Der "Titan", Oliver Kahn, spricht in dem ZDF-Interview im Übrigen auch über die finanziellen Vorzüge, die ein Wiederaufstieg ins Unterhaus mit sich bringen würde. Er traut dem Verein aus wirtschaftlicher Sicht zwar zu, noch ein Jahr in der 3. Liga zu überstehen, dennoch weist der 86-malige Nationalspieler daraufhin, dass der Aufstieg allein aus finanzieller Sicht extrem wertvoll wäre und verweist auf das zehnfache der Einnahmen, die den KSC erwarten würden.

Der KSC in der Relegation

Jeweils knapp 700.000 Euro TV-Geld wurden in dieser Drittliga-Saison vom DFB an die Klubs ausgeschüttet, in der zweiten Liga wurde nach Angaben von Fußball-Geld.de insgesamt 180 Millionen Euro an die Klubs ausgegeben und damit durchschnittlich 10 Millionen Euro pro Verein. Dazu kommen hohe Reisekosten, da es eine Profiliga ist. Für viele Vereine ist eine Drittliga-Saison oftmals nur ein Jahr zu stemmen, um nicht in finanzielle Schieflage zu geraten. 

Fußball, Ferien und Feierabendverkehr

Die Polizei stuft die Partie heute Abend als Hochrisikospiel ein. Das Fanverhalten beider Mannschaften sei neutral bis rivalisierend, teilte die Polizei am Donnerstag mit. Ordner und Polizisten wollen daher ein direktes Aufeinandertreffen der Fangruppen verhindern. Neben dem ausverkauften Fußballspiel, das in den Feierabend fällt, wird morgen auch der letzte Schultag vor den Pfingstferien sein und das Hoepfner Burgfest startet. Es wird deshalb mit erheblichen Verkehrsbehinderungen in der Fächerstadt gerechnet. Für alle, die keine Karten bekommen haben, können beim traditionellen Burgfest hoffentlich auf einen Sieg des KSC anstoßen.

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