"Bei körperlichen und auch geistigen Einschränkungen sind die Kinder oft bereits im Kita-Alter in der Diagnostik und Behandlung", erklärt die Heilpädagogin Susanne Swoboda. "Bei AD(H)S und Autismus, geht es um Sensibilisierung". Vom Verdacht bis zur Installation einer Schulbegleitung können Jahre vergehen.
Inklusion durch Schulbegleitung möglich
Schulbegleitung sei aktuell die einzige Form, wie Inklusion umgesetzt wird: "Lehrkräfte haben häufig leider nicht die Zeit genauer hinzuschauen, was betroffene Kinder brauchen – das ist die Arbeit der Schulbegleitung. In der Kennenlernphase wird beobachtet, welche Kinderkombination funktioniert und welche nicht. Ist die Position im Klassenzimmer richtig? Bekommt das Kind mit, welche Arbeitsaufträgen gestellt werden? Sind Anweisungen so formuliert, dass es handeln kann?"

Rahmenbedingungen anpassen, dann haben alle etwas davon
Swoboda hat selbst knapp zehn Jahre als Schulbegleiterin gearbeitet. Einen hörgeschädigten Jungen hat sie in der ersten Klasse begleitet. "Wir haben geschaut, welche Rahmenbedingungen er braucht, um zurechtzukommen. Er musste Lippen lesen – das schließt aus, dass er hinten sitzt. Spricht man ihn an, hilft es, ihm die Hand auf die Schulter zu legen. Es hat ein Jahr gedauert, dann wussten Kinder und Lehrer, was es braucht, damit er Teil der Klasse sein kann. Unterstützung war bald nicht mehr nötig."
Ein anderer Schüler konnte sein Abitur ohne Fremdunterstützung leisten, wie alle anderen auch, weil wir gemeinsam die Rahmenbedingungen schaffen konnten: "Die Schule hat verstanden, dass sie mit ihm anders umgehen muss. Der junge Mann ist heute ein studierter, wesentlicher Bestandteil für unsere Sozialwirtschaft – kein Sozialhilfeempfänger, und keine‚ Belastung‘ für die Gesellschaft."
Die Potenziale liegen unter eventuell störendem Verhalten verborgen – das hat allerdings immer einen Grund. "Kann man die Rahmenbedingungen so beeinflussen, dass das störende Verhalten nicht mehr gezeigt werden muss, haben alle etwas davon – auch die anderen Schülerinnen und Schüler der Klasse." In solchen Fällen sei die Verselbstständigung der Begleitkinder das Ziel. Bei körperlichen Behinderungen ist das naturgemäß oft nicht möglich – allerdings kann man trotzdem schauen, wo sich manche Alltags-Hürden vermeiden lassen.
Stigma oder zusätzlicher Blickwinkel?
"Die Aufgabe ist sehr verantwortungsvoll, weil man sich jederzeit bewusst sein muss, dass man – beispielsweise bei unreflektierter Begleitung – zum Stigma des Begleitschülers werden kann. Es geht darum, nur da zu sein, wenn nötig – und entbehrlich, wenn nicht."
"Ein kooperativer Lehrer weiß die zusätzliche Sichtweise der Schulbegleitung gut zu nutzen", erklärt Swoboda. Dafür müsse zunächst Vertrauen entstehen, auch bei unorthodoxen Herangehensweisen. "Über Beobachtungen, Rückfragen und Kooperationen kann eine Lösung des störenden Verhaltens gefunden werden." Das Leitmotiv für die Lenitas-Schulbegleiter lautet nach Swoboda: "Wenn der Tag mit Begleitung für das Kind besser läuft als ohne, ist schon viel geschafft."

Passende Bedingungen für verlässliche Begleitung – auch für die Schulbegleiter
Stichwort Vertrauen: Lenitas, so Susanne Swoboda, blickt neben den Bedarfen der Kinder auch auf die passenden Bedürfnisse der Schulbegleiter. "Begleitung beruht auf Vertrauen, Bindung und Beziehung. Beziehung braucht Zeit – sie kann nicht entstehen, wenn das Personal oft wechselt. Das kann so weit gehen, dass die Bindungsfähigkeit beim Kind gestört ist. Wir stellen daher mit dem Wunsch ein, mindestens ein Jahr zu begleiten. Dabei schauen wir genau: Was braucht unser Personal, damit es bestmöglich für das Kind agiert? Passion und Herzblut stecken alle Lenitas-Schulbegleitungen rein. Am Ende geht es aber auch um das Finanzielle – wir zahlen angelehnt an den Tarifvertrag im öffentlichen Dienst, mit allen Sonderleistungen. Wir bezahlen auch unsere nicht-pädagogischen Fachkräfte analog zu Kinderpflegern. Außerdem vergeben wir von Anfang an unbefristete Arbeitsverträge (mit Probezeit) und bieten allen Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich regelmäßig fortzubilden und so ihre Arbeit kontinuierlich zu professionalisieren."
Lenitas agiert im Karlsruher Stadt- und Landkreis mit rund 40 Schulbegleiterinnen und Schulbegleitern. Nach der Diagnose werden die Kosten normalerweise übernommen. Aktuell herrscht allerdings ein Annahmestopp für die Begleitung von Kindern mit körperlichen und geistigen Behinderungen – weil die Leistungsvereinbarung unrealistische Rahmenbedingungen für eine sinnvolle und erfolgreiche Schulbegleitung böten, so Swoboda.
Ansprechpartnerin:
Susanne Swoboda
G.-Braun-Straße 14, 76187 Karlsruhe
Telefon: 0721 90 99 88 30
E-Mail: schulbegleitung@lenitas.de
Instagram / Azubis stellen sich vor

Hinweis: Kommentare geben nicht die Meinung von ka-news wieder. Der Kommentarbereich wird 7 Tage nach Publikationsdatum geschlossen. Bitte beachten Sie die Kommentarregeln und unsere Netiquette!